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Special | Philippinen | Wege aus der Coronakrise

Konjunktur und wichtigste Branchen

Die philippinische Wirtschaft ist in eine tiefe Rezession geraten. Es wird noch dauern, bis der alte Wachstumspfad wieder erreicht werden kann. (Stand: 23. Juli 2021)

Von Alexander Hirschle | Taipei

Die philippinische Wirtschaft wird sich 2021 voraussichtlich etwas von dem schweren Einbruch des Vorjahres erholen. Die Prognosen für das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) schwanken zwischen 4,5 Prozent und 7,0 Prozent. Es wird erwartet, dass die Ex- und Importe - nach ebenfalls starken Rückgängen im Jahr 2020 - im laufenden Jahr 2021 wieder zweistellig zulegen. Die Exporte sind im 1. Quartal 2021 bereits um 7,6 Prozent und die Importe um 3,2 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode gestiegen.

Allerdings gibt es noch Unbekannte in der Gleichung, wie die im Frühjahr erneut angestiegenen Fallzahlen, neu auftretende Virusvarianten und verschärfte Maßnahmen der Regierung. Einige Finanzinstitute senkten infolgedessen ihre BIP-Prognosen wieder. Die Erholung dürfte im 3. Quartal 2021 einsetzen. Nahezu sämtliche Experten sind sich einig, dass es bis zu einer Rückkehr zum alten Wachstumsniveau noch einige Zeit dauern wird. Frühestens 2022 könnte wieder das absolute BIP von 2019 erreicht werden, so die Einschätzungen. Die philippinische Regierung geht für das nächste Jahr von einem realen Wachstum zwischen 7 Prozent und 9 Prozent aus.

In den Jahren vor der Coronakrise hatte das durchschnittliche reale BIP-Wachstum in den Philippinen bei 6,2 Prozent gelegen. Doch mit der im März 2020 einsetzenden ersten Welle und stark ansteigenden Infektionsraten war zunächst die Hauptstadt Manila und dann die komplette Insel Luzon und andere Teile des Landes abgeschottet worden. Der Lockdown in den Philippinen gilt als einer der längsten und umfassendsten weltweit. Im Vorfeld hatte auf dem Archipel die Hoffnung bestanden, dass aufgrund der relativ geringen außenwirtschaftlichen Verflechtung die Auswirkungen der Coronakrise auf die Konjunktur begrenzt bleiben könnten.

BIP ist 2020 massiv eingebrochen

Doch die Konjunktur brach ab März 2020 auf allen Fronten ein und das BIP musste ein massives reales Minus von fast 10 Prozent im Gesamtjahr hinnehmen – gleichbedeutend mit einer der tiefsten Rezessionen weltweit und dem historisch schwächsten Ergebnis der Philippinen. Dies war dadurch bedingt, dass zahlreiche Beschäftigte aufgrund logistischer Schwierigkeiten ihren Arbeitsplatz nicht mehr erreichen konnten und somit die Produktion in vielen Bereichen drastisch heruntergefahren werden musste. Einige Firmen waren deshalb dazu übergegangen, für die Arbeitnehmer Schlaf- und Verpflegungsmöglichkeiten auf dem Firmengelände bereitzustellen.

Als Reaktion senkte die Zentralbank den Leitzinssatz innerhalb weniger Monate drastisch auf das neue Rekordtief von 2 Prozent. Daraufhin zog die Inflation an und wird 2021 mit rund 4 Prozent voraussichtlich über dem Vorjahresniveau von 2,6 Prozent liegen. Im Januar und Februar 2021 waren die Preise um 4,2 und 4,7 Prozent stark gestiegen, vor allem aufgrund von Angebotsschwächen bei Nahrungsmitteln und höheren Rohölnotierungen.

Direktinvestitionen geben nach

Im Jahr 2020 hatte der Output in vielen Industriezweigen stark nachgelassen, unter anderem in der für den Export wichtigen Elektronikindustrie. Diese litt ebenfalls unter der gesunkenen internationalen Nachfrage und Unterbrechungen in den Lieferketten. Die Investitionen in den Exportförderzonen gingen laut Philippine Export Zone Authority stark zurück, die Ausfuhren der dort angesiedelten Unternehmen schrumpften massiv. 

Die ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment, FDI) konnten sich dem allgemeinen Abwärtstrend ebenfalls nicht entziehen und sanken 2020 nach Angaben der Zentralbank wertmäßig um 24,6 Prozent auf 6,5 Milliarden US-Dollar (US$). Die Zahl der Anträge auf neue Projekte implodierte nach Informationen des Statistikbüros PSA (Philippine Statistics Authority) sogar um mehr als 70 Prozent.

Konsum stark beeinträchtigt

Besonders stark leidet noch immer der Tourismus, der für rund 12 Prozent der Wirtschaftsleistung auf dem Archipel verantwortlich zeichnet. Die lokalen Airlines fuhren 2020 rund 1,2 Milliarden US$ an Verlusten ein. Der Sektor BPO (Business Process Outsourcing) kam einigermaßen unbeschadet durch die Krise und gilt weiterhin als einer der zentralen Wirtschaftsfaktoren des Landes mit 1,3 Millionen Arbeitsplätzen und einem Anteil von rund 10 Prozent am BIP.

Aufgrund der temporären Arbeitsplatzverluste auf breiter Front, vor allem bei einfacheren Tätigkeiten, sowie der Ausgangssperre hat sich die Konsumneigung deutlich verringert. Darüber hinaus litten angesichts der globalen Konjunkturabkühlung die Rücküberweisungen von im Ausland tätigen Beschäftigten, die rund 10 Prozent des BIP ausmachen. 

Infrastrukturprojekte kurbeln Erholung des Bausektors an

Der Pkw-Absatz wird 2021 erwartungsgemäß um mehr als 20 Prozent zulegen. Die Branchenverkäufe waren 2020 um fast 50 Prozent eingebrochen, auch die Importe gingen in den ersten drei Quartalen massiv zurück - um 44 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. Die Sparte Nutzfahrzeuge (Nfz) dürfte in den kommenden Jahren aufgrund der geplanten Ausgaben für den Ausbau der Infrastruktur überproportional wachsen.

Die philippinische Bauwirtschaft wird sich 2021 voraussichtlich deutlich erholen und die Folgewirkungen der Pandemie hinter sich lassen. Diese Branche dürfte Schätzungen von Marktanalysten zufolge im laufenden Jahr ein Wachstum von 13 Prozent erzielen. Auch hier wird das Comeback in erster Linie von Infrastrukturprojekten angetrieben, da diese auf der Prioritätenliste der Regierung für 2021 ganz oben stehen.

Geplante Budgetausweitungen sollen dafür sorgen, dass die Regierungsinitiative "Build, Build, Build" wieder ins Rollen kommt. Das Programm wurde von Präsident Rodrigo Duterte für den Zeitraum 2016 bis 2022 aufgelegt, um die marode Infrastruktur des Landes zu verbessern. Allerdings hatten die Coronakrise und die damit einhergehenden Einschränkungen zu einem starken Rückgang der Aktivitäten geführt.

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