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Special Litauen Wege aus der Coronakrise

Konjunktur und wichtigste Branchen

Im Vergleich zu den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hat die Coronakrise der litauischen Wirtschaft deutlich weniger zugesetzt. (Stand: 13. Oktober 2021)

Von Niklas Becker | Helsinki

Litauens Wirtschaft hat 2020 den zweitniedrigsten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in der Europäischen Union (EU) verzeichnet. Das Vorkrisenniveau ist bereits wieder erreicht. Das nationale Statistikamt meldet für 2020 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nur Irland erzielte ein besseres Ergebnis. Im Durchschnitt lag der wirtschaftliche Einbruch in der EU 2020 bei 5,9 Prozent.  

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Vorkrisenniveau bereits Ende März 2021 erreicht

Litauens Wirtschaft legte im 2. Quartal 2021 laut Eurostat im Jahresvergleich um 8,9 Prozent zu. Der Anstieg lässt sich zum Teil allerdings auf den Basiseffekt zurückführen, denn im Vergleichszeitraum (2. Quartal 2020) gab es in Litauen umfangreiche coronabedingte Einschränkungen. Im 1. Quartal 2021 war der Zuwachs im Jahresvergleich mit 0,8 Prozent noch deutlich verhaltener ausgefallen. Das kleine Plus reichte allerdings, sodass die Wirtschaftsleistung Ende März 2021 wieder auf dem Vorkrisenniveau (saison- und kalenderbereinigte Werte) lag. Vor allem der wirtschaftliche Aufschwung im 3. Quartal 2020 hat dazu beigetragen. 

Bei den Konsumausgaben der Privathaushalte meldet Eurostat im 2. Quartal 2021 einen Zuwachs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 13,3 Prozent. Im 1. Quartal 2021 lag das Plus im Jahresvergleich bei 1,4 Prozent. Im weiteren Jahresverlauf sowie 2022 dürften die Ausgaben der Privathaushalte weiterhin zulegen. Die Ersparnisse der Haushalte lagen 2020 auf Rekordhoch, sodass es zu Nachholeffekten kommen dürfte. Zudem sollen die Löhne und Gehälter im Land in den kommenden Jahren kräftig zulegen. 

Stimmung in der Industrie bessert sich

Litauens Industrie erlebt seit Jahresbeginn 2021 einen deutlichen Zuwachs der Produktion. Wie die SEB Bank in ihrem Nordic Outlook von September 2021 berichtet, liegt die litauische Industrieproduktion 15 Prozent über dem Vorkrisenniveau. Während des Sommers 2021 verbesserte sich die Stimmung in der Industrie deutlich, sie war sogar besser als in den Vorjahren. Das zeigt eine vom litauischen Statistikamt monatlich durchgeführte Unternehmensumfrage.

Aus der Umfrage geht außerdem hervor, dass die Kapazitätsauslastung der Firmen steigt. Vor allem die Chemie- und Holzbranche sowie die Hersteller von Computern und elektronischen sowie optischen Produkten melden hohe Auslastungen. Im 4. Quartal 2021 dürfte die Produktion der litauischen Industrie weiter steigen. Rund ein Viertel der befragten Unternehmen erwartet einen Anstieg, 18 Prozent gehen von einem Rückgang aus.

Nach Einschätzung der SEB Bank dürften die Zuwächse der Industrieproduktion in Litauen in naher Zukunft allerdings an Dynamik verlieren. Grund hierfür sind neben der bereits hohen Auslastung der Betriebe anhaltende Probleme bei den Lieferketten. Das Finanzinstitut erwartet, dass die Schwierigkeiten mindestens bis zum Jahresende 2021 anhalten werden. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der einen historischen Höchststand erreicht hat. Im September 2021 berichten 29 Prozent der vom litauischen Statistikamt befragten Firmen von einem Engpass an Mitarbeitern.

Mit 21,3 Milliarden Euro produzierte Litauens Industrie 2020 rund 1,9 Prozent weniger als 2019. Die größten Einbrüche hatten die Hersteller von Waren aus Leder (-32,9 Prozent) sowie die Mineralölbranche (-18 Prozent) zu verzeichnen. Auch die Textilproduzenten (-17,5 Prozent) und der Maschinen- und Anlagenbau (-13,9 Prozent) meldeten starke Umsatzrückgänge.

Andere Sparten der Industrie konnten 2020 aber zulegen. Vor allem für die Produzenten von Computern, elektronischen und optischen Waren war es mit einem Umsatzplus von 29 Prozent ein erfolgreiches Jahr. Auch die heimische Papier- und Pharmaindustrie registrierte Zuwächse von 10 Prozent beziehungsweise 7 Prozent.

Importe aus Deutschland zeigen sich krisensicher

Ein Grund für die vergleichsweise geringen Auswirkungen der Pandemie auf die litauische Volkswirtschaft waren die relativ widerstandsfähigen Exporte. Das verarbeitende Gewerbe profitierte von einer starken Auslandsnachfrage. Zudem war der Sektor nur geringfügig von den Einschränkungen im Land betroffen. Real betrachtet lagen die Warenausfuhren 2020 nach bereinigten Zahlen von Eurostat mit 25,5 Milliarden Euro 3,4 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Bei den Warenimporten verzeichnete das europäische Statistikamt einen realen Rückgang um 2,8 Prozent auf rund 25,8 Milliarden Euro. Deutschland bleibt mit 3,7 Milliarden Euro nach Polen der zweitwichtigste Lieferant. Die litauische Nachfrage nach Waren mit dem Label "Made in Germany" erweist sich als krisenresistent. Im Vergleich zum Vorjahr wurde nominal betrachtet lediglich 0,8 Prozent weniger importiert (reale Veränderungszahlen sind für den bilateralen Handel nicht verfügbar). 

E-Commerce legt deutlich zu

Litauens Einzelhandel verzeichnete 2020 laut Zahlen des heimischen Statistikamtes einen Umsatzanstieg von 2,5 Prozent auf 12,4 Milliarden Euro. Kfz-Verkäufe sind in diese Zahlen nicht mit eingerechnet. Die Lebensmittelverkäufer des Landes registrierten ein Plus von 2,4 Prozent. Im Non-Food-Bereich waren es 6,1 Prozent. Einzelhändler von Kraftstoffen meldeten coronabedingt hingegen einen Rückgang von 3,6 Prozent.

Profitieren von der Coronakrise konnte der E-Commerce in Litauen. Hier wurde ein Anstieg des Umsatzes von 50 Prozent registriert. Ein großer Nachfragezuwachs wurde auch bei Computern und im Softwarebereich gemeldet. Starke Einbußen verzeichneten hingegen die Verkäufer von Schuhen und Lederwaren sowie die Textilbranche.

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