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Special | Zentralasien | Konnektivität

Mittlere Route über kaspisches Meer ist noch wenig befahren

Die transkaspische Route eignet sich für Transitgüterverkehr nach Südosteuropa, ist aber umständlich. Durch mehr zwischenstaatliche Kooperation könnte das Frachtvolumen wachsen.

Von Lukas Latz | Berlin

Das Frachtvolumen auf der transkaspischen Route steigt an. Es beträgt jedoch nur einen Bruchteil dessen, was über die kasachisch-russische Route weiter im Norden verfrachtet wird. Im Jahr 2020 führte die kasachische Eisenbahn 8.100 Tonnen Containergüter von der kasachisch-chinesischen Grenzstadt Altynkol an den kaspischen Hafen von Aktau. Zum Vergleich: Aus China nach Russland fuhr die kasachische Eisenbahn im gleichen Zeitraum über 550.000 Tonnen Containergut. Das ist rund die siebzigfache Menge.

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Häfen im kaspischen Meer sind nicht ausgelastet

Von Kasachstans Hafen in Aktau gingen Containergüter in einer Gesamtmenge von 21.200 Tonnen nach Baku. Wichtiger als Container ist für den Hafen jedoch der Export von Öl und Getreide.

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Die Häfen der Region sind nicht ausgelastet. Der turkmenische Hafen in Turkmenbaschi wurde bis 2018 erheblich erweitert. Laut Informationen der Nachrichtenseite "Sputnik Usbekistan" liegt die Umschlagskapazität nun bei 25 bis 30 Millionen Tonnen pro Jahr. Auslastungszahlen werden nicht veröffentlicht. Jedoch spricht vieles dafür, dass es große Überkapazitäten gibt. Der deutlich gefragtere Hafen von Aktau in Kasachstan hat einen Jahresumschlag von 3 Millionen Tonnen.

Auch der Hafen von Baku hat Überkapazitäten. Beim Caspian Europe Forum im Februar 2021 erklärte Zaur Hasanov, Leiter der Abteilung für internationale Kooperation des Baku International Port, dass die Auslastung des Hafens von Baku in den letzten Jahren nicht den eigenen Erwartungen entsprochen habe.

Deutsches Unternehmen plant Hafenneubau an kaspischer Küste

Auch Russland will Anschluss an die transkaspische Route gewinnen. Ein nationales Projekt sieht den Neubau eines Seehafens in Olja bei Astrachan vor. Bis Ende 2023 soll ein erster kleiner Hafen gebaut werden, der zunächst noch nicht über Kapazitäten für den Containerumschlag verfügt. Bis 2025 sollen dann 9 Hektar Lagerflächen für Container entstehen. In unmittelbarer Nachbarschaft ist eine Sonderwirtschaftszone geplant. Beratend begleitet die deutsche Hamburg Port Consulting, eine Tochtergesellschaft der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), das Projekt.

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OSZE will Track-and-Trace-Funktionalität auf der Route verbessern

Durch Vereinfachung von Zollprozessen und digitalen Datenaustausch könnte die transkaspische Route wirtschaftlich attraktiver werden. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), ein Zusammenschluss nordamerikanischer, westeuropäischer und post-sowjetischer Staaten, betreibt in der Region ein Projekt zur Förderung nachhaltiger Konnektivität zwischen Zentralasien und Europa. Für Daniel Kroos, der das OSZE-Projekt leitet, ist die Verbesserung des Informationsflusses in der Region ein zentrales Anliegen:

„Derzeit gibt es keinen standardisierten digitalen Datenaustausch zwischen den Logistikzentren in der Region. Um als Transportkorridor im Wettbewerb zu bestehen, müssen Prozesse vereinfacht, Transparenz durch Track-and-Trace von Waren verbessert und der CO2-Fußabdruck reduziert werden."

Als Lösung hierfür schlägt Kroos eine gemeinsame Logistikplattform für alle an der mittleren Route beteiligten Akteure vor. "Dies würde zu einer wesentlichen Verbesserung der Verkaufs-, Produktions-, Planungs- und Logistikprozesse führen und die Transportzeiten von China nach Europe durch das kaspische Meer wesentlich reduzieren", erklärt Kroos. "So wäre zum Beispiel auch eine Pre-Arrival Clearance von Frachtern im Kaspischen Meer möglich. Daran arbeiten wir gemeinsam mit den wesentlichen Logistik-Playern aus der Region."

Experten weisen auf viele Probleme der lokalen Logistikmärkte hin

Daniel Kroos sieht zudem die Notwendigkeit, die Märkte weiter zu öffnen: „Um die Frachtpreise zu senken und das Service Level zu verbessern ist mehr Wettbewerb und Öffnung der Region notwendig. Hierzu beitragen würde auch ein verstärktes Engagement europäischer Logistikunternehmen. Das sollte sich für die Zukunft auszahlen.“

Auch Sholpan Aitenova, Expertin für Staatsfinanzen beim Zertteu Research Institute in Almaty, weist auf die Notwendigkeit hin, bessere Bedingungen für Investoren zu schaffen:

„Der Logistik-Sektor ist für Kasachstan eine gute Perspektive, um die Wirtschaft weniger abhängig von Öl-Exporten zu machen. Um mehr ausländische Direktinvestitionen zu ermöglichen, muss die Regulierung vereinfacht werden und es muss mehr gegen Korruption getan werden.“

Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) finanziert in Zentralasien, dem Kaukasus und Pakistan zahlreiche Neubauten und die Modernisierung von Transportinfrastruktur. Oleg Samukhin, Senior Transport Specialist bei der ADB verweist auf einige Probleme des mittleren Korridors: "Trotz des guten Fortschritts beim Infrastrukturbau haben sich Schlüsselindikatoren wie Durchschnittsgeschwindigkeit und Reisekosten nicht signifikant gebessert. Die größte Herausforderung besteht darin, Barrieren des grenzüberschreitenden Handels zu verringern. Grenzübertritte können nur langsam vollzogen werden. Prozeduren staatlicher Inspektionen sind sehr sperrig; es fehlt an verkehrsrechtlichen Abkommen zwischen ausgewählten Ländern."

Beim Verkehr über das kaspische Meer weist Samukhin darauf hin, dass das Umladen von Gütern vom Seeweg auf den Landweg bislang schlecht funktioniert: "Trotz bedeutender Investitionen in Seehäfen bleibt multimodale Logistik in der Region langsam und teuer. Weil ein Großteil der kaspischen Handelsflotte in Staatsbesitz ist, ist unklar, in welchem Ausmaß die Transportkosten in Form von Frachtpreisen an Kunden weitergegeben werden oder durch staatliche Subventionen an die nationalen Schifffahrtsindustrien gestemmt werden."

Ein weiteres Wachstumshindernis, so Samukhin, bestehe in der mangelnden Tiefe der kaspischen Hafenbecken. Die kommerziellen Häfen der Region haben eine Tiefe von sechs bis sieben Metern. Für große Containerschiffe müssten die Hafenbecken aber mindestens 15 Meter tief sein.

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