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Special | Australien | Wasserstoff

Grüner Wasserstoff soll Exportschlager werden

Getreu dem Motto "Shipping the Sunshine" gibt es viele Projekte für den Export von grünem Wasserstoff. Auch die Beimischung in Gasnetze und industrielle Anwendungen bieten Chancen.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Mit einem schier unerschöpflichen Potenzial für Solarenergie und ergiebigen Windressourcen bietet Australien beste natürliche Bedingungen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff mittels Elektrolyse. Zahlreiche Unternehmen zeigen großes Interesse am Export von grünem Wasserstoff.

Die geplanten Großprojekte erreichen dabei teilweise Elektrolysekapazitäten von mehreren Gigawatt. Ein besonders ehrgeiziges Projekt entwickelt das Unternehmen CWP Renewables. Der im Bundesstaat Western Australia (WA) geplante Asian Renewables Hub soll über eine Elektrolyseleistung von 14 Gigawatt verfügen. Wie bei vielen anderen Projekten wird auf den Export von grünem Ammoniak gesetzt.

Die Planung des rund 36 Milliarden US-Dollar (US$) teuren Vorhabens erlitt zuletzt jedoch einen Rückschlag. Die Regierung lehnte die umweltrechtliche Genehmigung ab, insbesondere im Hinblick auf die Ammoniakkomponente. Die Betreiber des Projektes wollen ihre Pläne anpassen und an dem Vorhaben festhalten.

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Große Pläne gibt es auch in New South Wales im Rahmen des Hunter Hydrogen Network, an dem zahlreiche große Unternehmen wie AGL Energy, APA Group oder die japanische Idemitsu beteiligt sind. Grüner Strom aus dem Walcha Energy Project (4 Gigawatt) soll Elektrolyseanlagen in Muswellbrook und Lidell versorgen. Für den Export ist eine Pipeline zum Industriehafen Newcastle geplant.

Auch deutsche Unternehmen wirken bei den Großprojekten bereits mit. So war thyssenkrupp an mehreren Machbarkeitsstudien für Projekte beteiligt, darunter das Asia Renewable Energy Hub oder das Vorhaben von ABEL Energy. Siemens ist Partner des Murchison Renewable Hydrogen Project in Westaustralien. Der Energiekonzern RWE will grünen Wasserstoff aus dem Eyre Peninsula Gateway Project des Betreibers Hydrogen Utility (H2U) beziehen. Das Gas könnte über Brunsbüttel in Schleswig-Holstein importiert werden.

Unternehmen interessieren sich für grünen Ammoniak

Auch für die lokale Anwendung von grünem Wasserstoff gibt es gute Chancen. Die örtliche Industrie in Australien produziert derzeit zwischen 550.000 und 600.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Hauptanwender ist mit über 90 Prozent die Chemieindustrie, die rund 375.000 Tonnen davon zur Herstellung von Ammoniak benötigt.

Jährlich werden in Australien etwa 2 Millionen Tonnen Ammoniak produziert, der wiederum für die Herstellung von Düngemitteln oder Sprengstoffen für die Bergbauindustrie verwendet wird. Der verbleibende Wasserstoff kommt zum Beispiel in den beiden petrochemischen Raffinerien des Landes zum Einsatz.

Aktuell wird Wasserstoff in Australien fast vollständig aus Erdgas durch Dampfreformierung gewonnen. Es gibt aber erste Pläne von Ammoniakproduzenten, auf grünen Wasserstoff umzustellen. Dazu zählt das Unternehmen Yara Fertilizers, das in Western Australia die Burrup Ammoniakanlage mit einer Kapazität von 840.000 Tonnen pro Jahr betreibt. Zusammen mit dem französischen Energieversorgungskonzern Engie wird im Rahmen des Yuri Renewable Ammonia Project eine Elektrolyseanlage von 10 Megawatt errichtet. Daraus sollen pro Jahr 625 Tonnen Wasserstoff und 3.500 Tonnen grüner Ammoniak zur Speisung von laufenden Produktionsprozessen gewonnen werden. Der Baustart ist für 2021 vorgesehen, die Fertigstellung bis 2023. Die Australian Renewable Energy Agency (Arena) fördert das Projekt mit rund 29 Millionen US$. In mehreren Phasen wird die Elektrolyseleistung auf bis zu 2 Gigawatt ausgebaut.

Erste Anlagen für grünen Stahl geplant

Auch die Produktion von grünem Stahl wird ins Auge gefasst. Die GFG Alliance will bis 2024 rund 700 Millionen US$ in die Modernisierung des Stahlwerks in Whyalla in South Australia stecken. Geplant ist dabei die Installation eines neuen elektrischen Lichtbogenofens und einer Direktreduktionsanlage. Diese soll zunächst mit Erdgas, langfristig dann mit  grünem Wasserstoff betrieben werden.

Allerdings ist die Firma des britischen Milliardärs Sanjeev Gupta in finanzielle Turbulenzen geraten. Über Lieferkettenfinanzierungen war die GFG Alliance stark mit dem insolventen Finanzdienstleister Greensill verbunden. Das Finanzierungsmodell muss neu strukturiert werden, die Realisierung des Vorhabens ist fraglich.

Zu einem Pionier bei der Herstellung von grünem Stahl will sich der Eisenerzmagnat Andrew Forrest aufschwingen. Mit Fortescue Metals gehört ihm Australiens drittgrößter Eisenerzproduzent. Bereits 2021 soll mit dem Bau einer Pilotanlage begonnen werden. Innerhalb der nächsten fünf Jahre ist in der Eisenerzregion Pilbara eine kommerzielle Anlage geplant.

Beimischung von grünem Wasserstoff in Gasnetze gestartet

Eine vielversprechende Anwendung für Wasserstoff ist die Beimischung in die lokalen Gasnetze. Über 5 Millionen australische Haushalte verfügen über einen Gasanschluss. 

Ein Vorreiter ist der Betreiber Australian Gas Infrastructure Group (AGIG). Im Jahr 2021 ging das Demonstrationsprojekt Hydrogen Park South Australia in Betrieb. Ein von Siemens gelieferter Elektrolyseur (1,25 Megawatt) produziert grünen Wasserstoff, der zu einem Anteil von 5 Prozent in das lokale Gasnetz mit rund 700 Haushalten eingespeist wird.

Bereits Anfang 2022 soll der Spatenstich für den Hydrogen Park Murray Valley (Victoria) mit einer Elektrolysekapazität von 10 Megawatt erfolgen. Der Anteil der Beimischung in ein örtliches Gasnetz mit rund 40.000 Anschlüssen ist auf 10 Prozent festgesetzt. Gemeinsam mit dem Joint Venture Partner ATCO wird zudem der Clean Energy Innovation Park in Perth mit einer Elektrolysekapazität von 10 Megawatt und einem Beimischungsgrad von 10 Prozent entwickelt. Beide Vorhaben werden durch Arena gefördert.

Bis 2028 soll das gesamte Gasnetz von AGIG im Bundesstaat South Australia über einen grünen Wasserstoffanteil von 10 Prozent verfügen. In Victoria soll dieser Meilenstein im Jahr 2030 erreicht werden. Insgesamt muss AGIG dafür eine Elektrolysekapazität von 500 Megawatt installieren.

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Netz von Wasserstoff-Tankstellen entsteht

Im März 2021 öffnete die erste Wasserstoff-Tankstelle (Noen/ActewAGL) des Landes in Canberra und versorgt eine Regierungsflotte von 20 Fahrzeugen. Nun planen Unternehmen den Aufbau größerer Tankstellennetze. Dazu zählt ein Joint Venture des Herstellers von Brennstoffzellenfahrzeugen Hyzon Motors mit Pure Hydrogen. Zur Versorgung des geplanten Netzes will Pure Hydrogen eine Reihe von Wasserstoff-Hubs an der australischen Ostküste errichten.

Vergleichbare Pläne gibt es an der Westküste. Dort arbeitet das Unternehmen Infinite Blue Hydrogen an der Umsetzung des Arrowsmith Hydrogen Project. Die erste Phase umfasst eine Elektrolyseanlage mit einer Kapazität von 50 Megawatt. Der Wasserstoff soll an Hydrogen West und New Volt geliefert werden, die ein Netz von Tankstationen errichten wollen.

Auf Wasserstoff für Transportlösungen setzen auch die zwei verbleibenden Betreiber von Erdölraffinerien. Viva Energy will seine Anlage in Victoria in den Geelong Energy Hub transformieren und Wasserstoff erzeugen. Ampol startet mit einem Pilotprojekt für grünen Wasserstoff in der Lytton-Raffinerie (Queensland).

Chancen für Wasserstoff bietet insbesondere der Schwerlast- und Langstreckenverkehr. Etwa 90 Prozent des landesweiten Eisenbahnnetzes sind nicht elektrifiziert und werden mit Dieselloks betrieben. Diese könnten mit Brennstoffzellen angetrieben werden, ebenso wie die durch das Outback rollenden Road Trains.

Bergbauindustrie will klimaneutral werden

Große Hoffnungen auf grünen Wasserstoff setzt der Bergbausektor. Fortescue Metals will beispielsweise bereits bis 2030 klimaneutral werden. BHP und Rio Tinto streben dieses Ziel bis 2050 an. In einem Forschungszentrum in Hazelmere bei Perth testet Fortescue Metals Lösungen zur Dekarbonisierung seiner Minenfahrzeugflotte. In der Christmas Creek Eisenerzmine wird die Belegschaft ab 2021 in Bussen mit Brennstoffzellenantrieb befördert. 

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