Ein besonderes Augenmerk gilt der Kreditvergabe an kleine und mittelständische Unternehmen sowie den Finanzhilfen für die vielen Selbstständigen. (Stand: 2. April 2020)
Durch den nationalen Notstand ist die Regierung nicht mehr an das bereits verabschiedete Budget gebunden. Das Wirtschaftsministerium will mit einem Hilfspaket etwa 100 Milliarden US-Dollar (US$) in die Wirtschaft pumpen. Einige Maßnahmen traten bereits in Kraft. Die nächste große Herausforderung wird es sein, die Finanzmittel schnellstmöglich zuzuweisen und Ineffizienzen in der Verteilung zu vermeiden.
Zum einen werden die Budgets des Gesundheitsministeriums und des öffentlichen Gesundheitssystems aufgestockt. Der Großteil der Ausgaben wird für besonders bedürftige Bevölkerungsgruppen sowie für den Erhalt von Arbeitsplätzen aufgewendet. Geplant sind Auszahlungen über das Renten- und Sozialversicherungssystem INSS, den Arbeitnehmerfonds FGTS und das Sozialhilfeprogramm Bolsa Família. Außerdem erhalten die vielen Kleinstunternehmer und informell Beschäftigten in den kommenden drei Monaten Soforthilfen.
Zur Unterstützung der Unternehmen wird die Entrichtung von Steuern und Lohnnebenkosten aufgeschoben. Neben der Union schieben auch die Bundesstaaten und Gemeinden Steuerzahlungen auf. Die Regierung bereitet darüber hinaus eine vorläufige Maßnahme vor, die es den Unternehmen erlaubt, Arbeitsverträge zeitweise auszusetzen beziehungsweise zu reduzieren und somit Lohnkosten zu sparen. Der Lohnausgleich soll von der Arbeitslosenversicherung getragen werden.
Um die Liquidität der Unternehmen zu sichern, sollen die Banken günstige Kredite zur Verfügung stellen. Die brasilianische Zentralbank senkte den Leitzins und verstärkte die Bankenliquidität um umgerechnet fast eine Viertel Billion US$. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt ist das Maßnahmenpaket damit fast fünfmal so umfangreich wie in der Finanzkrise 2008. Gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen weisen jedoch kaum Kreditsicherheit auf. Zur Finanzierung von Lohnkosten und Girokapital kündigte die Zentralbank zinsgünstige Kredite an, bei denen der Staat 85 Prozent des Kreditrisikos übernimmt. Da es sich um ein neues Förderinstrument handelt, arbeitet die Zentralbank unter Hochdruck an der Ausarbeitung der Rechtsgrundlagen.
Branchenmeldungen
Kfz | Hersteller setzen die Produktion aus und prüfen Kooperationsmöglichkeiten im Kampf gegen Covid-19. Mehrere große Kfz-Hersteller, darunter Fiat, Ford, General Motors, Honda, Jaguar, Land Rover, Renault, Scania und Toyota, beteiligen sich an der Wartung/Reparatur von 3.600 Beatmungsgeräten. |
Maschinenbau | Lieferengpässe bei Komponenten aus China; Branchenverband Abimaq verhandelt mit der Regierung die Umstellung der Produktion auf Medizintechnik. |
Chemie | Branchenverband Abiquim fordert Koordinierung der Quarantäne-Maßnahmen und Sicherung der Produktionsketten für essentielle Produkte wie Desinfektionsmittel, Medikamente, Schnelltests, etc. Getränke- und Kosmetikhersteller sowie die Zucker-Ethanol-Industrie stellen Produktion auf Desinfektionsmittel und Seife um. |
Bau | Infrastrukturausbau in São Paulo soll fortgesetzt werden. Die Metropole Porto Alegre untersagte Bauaktivitäten während der Quarantäne. |
Pharma | Absatz steigt, vorerst drohen keine Versorgungsengpässe; Gesundheitsaufsicht Anvisa ließ Schnelltests zu, auch Apotheken sollen diese durchführen; Pharmakonzern EMS bereitet klinische Tests mit Hydroxichloroquin in Brasilien vor. |
IKT | Nachfrage nach digitalen Diensten stieg drastisch an, ebenso wie die Anzahl an Ransomware-Angriffen (Erpressungssoftware); Brasiliens Telekommunikationskonzerne kooperieren, um rasant steigenden Datenverkehr zu managen. |
Elektronik | Lieferengpässe behindern die Produktion; Samsung, Motorola und LG stellten den Betrieb bereits im Februar ein. |
Energie | Stromverbrauch wird deutlich zurückgehen, Versorgungssperren werden ausgesetzt, Regulierungsbehörde Aneel erließ Notmaßnahmen für den Sektor. |
Öl und Gas | Preisverfall für Rohöl senkt die Liquidität der Konzerne, Investitionen werden aufgeschoben; Benzinpreissenkungen sowie der Rückgang im Kraftstoffverbrauch gefährden den Zucker-Ethanol-Sektor, Verbot neuer Versorgungssperren betrifft auch die Gaskonzerne. |
Mobilität/Logistik | Infrastrukturministerium wird Quarantäne-Maßnahmen koordinieren, um den Frachttransport zu sichern. Onlinehandel stimuliert Nachfrage nach Logistikhallen. Oberster Gerichtshof genehmigte eine vorzeitige Verlängerung der Schienenkonzessionen; doch Pandemie verschlechtert die Aussichten für neue Konzessionsverträge; besonders hohes Risiko besteht für die Flughafenkonzessionäre. |
Bergbau/Stahl | Geringe Weltnachfrage drückt Eisenerzpreis; Stahlkonzerne Gerdau und CSN setzen Betrieb bislang fort, doch Ausfälle aus der Kfz-Branche und im Maschinenbau sowie Baustopps dürften die Stahlproduktion zukünftig mindern. |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
Von Gloria Rose
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São Paulo