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Special Brasilien Wege aus der Coronakrise

Konjunktur- und Hilfsprogramme

Nach dem umfangreichen Hilfspaket 2020 bietet die hohe Staatsverschuldung wenig Spielraum. Maßnahmen wurden 2021 reduziert neu aufgelegt. (Stand: 20. Oktober 2021)

Von Gloria Rose | São Paulo

Zur Bewältigung der Coronapandemie und den wirtschaftlichen Folgen wendete die brasilianische Regierung 2020 etwa 100 Milliarden US-Dollar (US$) auf. Damit war das Hilfspaket in Brasilien wesentlich umfangreicher als in den meisten anderen Schwellenländern. Ende 2020 liefen die Hilfsmaßnahmen aus und wurden nach der Verschärfung der Gesundheitskrise wieder neu aufgelegt, allerdings in stark reduziertem Umfang.

Die Förderung wird auch von den Niederlassungen deutscher Unternehmen in Anspruch genommen. Die AHK São Paulo und die AHK Rio de Janeiro bieten weiterführende Informationen durch Webinare und Beratungen an. 

Maßnahmen zur unmittelbaren Bewältigung der Krise

Flexible Arbeitszeitkonten, die kurzfristige Anordnung von Betriebsferien, das Vorziehen von Feiertagen und individuellen Ferien sowie die erweiterte Homeoffice-Regelung schafften 2020 eine Erleichterung. Die Anpassungen im Arbeitsrecht über das Programa Emergencial de Manutenção do Emprego e da Renda (BEm) liefen Ende 2020 aus. Um Unternehmen und Arbeitsplätze durch die Krise zu retten, legte die Regierung das Programm BEm Ende April 2021 neu auf. Für einen Zeitraum von bis zu 120 Tagen konnte der Arbeitsvertrag ganz ausgesetzt oder Kurzarbeit mit einer proportionalen Minderung von Arbeitszeit und Gehalt um jeweils 25 Prozent, 50 Prozent oder 70 Prozent vereinbart werden. 

Die Zentralbank senkte den Leitzins Selic auf den historischen Tiefstand von 2 Prozent und verstärkte die Bankenliquidität. Infolge des Inflationsdrucks zieht Brasiliens Zentralbank die geldpolitischen Anreize wieder zurück und hob den Leitzins Selic im September 2021 auf 6,25 Prozent an. Für kleine und mittelständische Unternehmen ohne Kreditsicherheit wurden Programme wie Pronampe geschaffen. Bei den zinsgünstigen Kreditlinien übernimmt der Staat zwischen 80 und 100 Prozent des Risikos. Allerdings bietet die Neuauflage von Pronampe nicht mehr so hohe Zinsvorteile wie im Vorjahr. Wenigstens 15 Bundesstaaten bieten zudem eigene Kreditförderprogramme an, um Abhilfe zu schaffen.

Angesichts der erneuten Verschärfung der Gesundheitskrise wurden die Rückzahlung von Pronampe-Notkrediten aus 2020 aufgeschoben. Zudem werden Lohnnebenkosten und Steuern auf verschiedenen Verwaltungsebenen gestundet beziehungsweise reduziert.

Schritte zur wirtschaftlichen Wiederbelebung

Im Vergleich zu 2020 stand in diesem Jahr ein wesentlich geringeres Budget zur finanziellen Unterstützung der bedürftigen Bevölkerung bereit. Das Hilfspaket 2021 belief sich nur auf rund 12 Milliarden US$. 2020 hatten die Transferzahlungen von insgesamt 70 Milliarden US$ die Konsumgüternachfrage stimuliert, die in Brasilien immerhin 70 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage ausmacht. Statt 66 Millionen erhalten in diesem Jahr nur etwa 40 Millionen Haushalte für den Zeitraum von sieben Monaten einen sogenannten Coronavoucher. Die monatliche Auszahlung beträgt im Durchschnitt nur noch ein Viertel des gesetzlichen Mindestlohns von 1.100 brasilianische Reais (R$, etwa 200 US$; durchschnittlicher Wechselkurs 2020: 1 US$= 5,15 R$).

Ab November 2021 soll nun das Sozialhilfeprogramm Auxílio Brasil 17 Millionen Familien unterstützen. Das Vorgängerprogramm Bolsa Família kam bislang 14,7 Millionen Familien zu. Außerdem soll die monatliche Auszahlung mehr als verdoppelt werden und etwa einem Drittel des Mindestlohns entsprechen. Bislang legte die Regierung jedoch nicht dar, wie die nicht vorhergesehenen Ausgaben gedeckt werden.

Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen

Für umfangreiche Investitionsprogramme hat der brasilianische Staat keinen Spielraum. Die Projekte des Programms für öffentlich-private Investitionspartnerschaften werden über Infrastrukturkonzessionen und öffentlich-private Partnerschaften umgesetzt. In den ersten sieben Monaten 2021 wurden 42 Verträge, darunter Konzessionen für Flughäfen, Hafenterminals, Schienen- und Autobahnstrecken, erfolgreich vergeben. Allein diese Verträge stoßen Investitionen von insgesamt 10,8 Milliarden US$ an.

Im Juli 2020 wurde der neue Rechtsrahmen für die Wasserwirtschaft verabschiedet, der Investitionen von 100 Milliarden US$ stimulieren soll. Anfang April verabschiedete die Regierung den Rechtsrahmen für den Gasmarkt. Durch die Liberalisierung sollen Investitionen von über 11 Milliarden US$ angestoßen werden. Wichtige Reformen wie eine umfassende Steuerreform stagnieren jedoch. Branchenspezifische Fördermaßnahmen wurden angesichts der knappen Staatskasse nicht erlassen.

Öffentliche Verschuldung

Aufgrund der hohen Verschuldung Brasiliens sind die Auflagen für Staatsausgaben restriktiv. Durch den nationalen Notstand war die Regierung bis Ende 2020 nicht an das verabschiedete Haushaltsbudget gebunden. Laut Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) geht die Bruttostaatsverschuldung 2021 auf 90,6 Prozent des BIP zurück. Positiv wirkt die geringe Auslandsverschuldung. Unkonventionelle Lösung wie Sonderausgaben, die nicht in der Zielvorgabe zur Deckelung der Staatsausgaben berücksichtigt werden, sowie die hohe Inflation sorgen für Intransparenz. Seit September stieg die Sorge um die fiskalpolitische Lage und somit auch das Länderrisiko gemessen über die Prämie für Versicherungen von Kreditausfällen (Credit-Default-Swaps - CDS) wieder deutlich an. Internationale Ratingagenturen nahmen seit Mai 2020 keine Änderungen in der Einschätzung der Bonität Brasiliens vor.

Informationen zu Impfkampagne der Regierung

Seit dem Impfstart am 17. Januar erhielten über 148 Millionen Brasilianer die erste Impfdosis. Mehr als 104 Millionen verfügen über den vollständigen Impfschutz (Stand: 19.10.2021). Bei rund 42 Prozent der Impfungen wurde der Impfstoff von Fiocruz/AstraZeneca eingesetzt, bei 31 Prozent das Vakzin von Butantan/Sinovac, bei 25 Prozent Pfizer/BioNTech und bei rund 2 Prozent Janssen.


In Partnerschaft mit AstraZeneca füllt das Institut Fiocruz die Dosen ab und nahm im Mai 2021 auch die Wirkstoffproduktion auf. Sinovac führt eine ähnliche Kooperation mit dem Institut Butantan, das aber erst ab 2022 den Wirkstoff selbst produzieren wird. Hoffnung auf eine nationale Produktion von Wirkstoffen weckt auch ein eigenes, kostengünstiges Vakzin des Instituts namens Butanvac.


Darüber hinaus schloss das brasilianische Gesundheitsministerium Verträge mit Janssen und Pfizer/BioNTech und erhält Lieferungen der Covax-Initiative. Im August schloss Pfizer einen Vertrag mit dem brasilianischen Pharmakonzern Eurofarma, der ab 2022 den Impfstoff vor Ort produzieren soll. Bis Ende 2021 sollen alle Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren vollständig geimpft sein. Kinder werden die Impfung erst im kommenden Jahr erhalten.

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

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