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Special Bulgarien Seidenstraße
Beim Ausbau der Mobilfunknetze und beim Cloud Computing engagieren sich chinesische Ausrüster und nehmen Einfluss auf die digitale Transformation in Bulgarien.
08.12.2020
Von Dominik Vorhölter | Bonn
Bulgariens größter Mobilfunkanbieter Vivacom startete am 22. September 2020 ein neues 5G-Netz. Dabei greift das Telekommunikationsunternehmen auf chinesische Technologie zurück. Ein richtiges Breitbandangebot ist die neue Option 5G, die Vivacom in 27 Regionalstädten des Landes anbietet, aber noch nicht wirklich. Denn die Kunden müssen im Besitz eines bestimmten Endgerätes des chinesischen Herstellers Huawei sein, um das Internet der 5. Generation auch nutzen zu können.
Bulgariens größter Mobilfunkanbieter setzt beim Ausbau des 5G-Netzes auf chinesische Technologie, ohne zu befürchten, damit ein Sicherheitsrisiko einzugehen. Einige andere EU-Mitgliedstaaten hegen jedoch die Sorge, dass Technik von Huawei zu einem Einfallstor für chinesische Spionage oder Sabotage werden könnte.
Großbritannien und die USA haben den chinesischen Technologieanbieter vom Ausbau ihrer 5G-Netze ausgeschlossen. Die EU-Kommission empfiehlt hohe Sicherheitsstandards für den Mobilfunkausbau und erarbeitet ein Sicherheitskonzept, das ab 2023 die Einführung eines EU-Zertifizierungssystems für 5G-Netze vorsieht.
Bulgariens Mobilfunkbetreiber sind mal mehr und mal weniger von Zulieferungen chinesischer Netzwerktechnologie abhängig. Dies geht aus einem Bericht der Europäischen Agentur für Cybersicherheit, ENISA, hervor. Vivacom nutzt Huawei-Technologie für die zentralisierte Architektur des Netzwerkes. Dabei handelt es sich um Basisstationen oder MANO-Funktionen (Management und Orchestrierung virtualisierter Netzwerkfunktionen). Der ENISA-Bericht stuft das Sicherheitsrisiko derartiger Elemente als mittel ein.
Ein größeres Sicherheitsrisiko geht der Konkurrent Telenor Bulgaria ein, weil die gesamte Infrastruktur des Betreibers aus Huawei-Lösungen besteht. Telenor Bulgaria, mittlerweile im Besitz eines tschechischen Unternehmens, ist im bulgarschen Markt der drittgrößte Wettbewerber nach A1 Bulgaria. Die Telekom-Austria-Tochter A1 nutzt hauptsächlich Technologie von Nokia und Ericsson. Nur wenige Elemente stammen eigenen Angaben zufolge vom Ausrüster ZTE.
"Wenn der freie Technologieverkehr, an den die Welt gewöhnt ist, im Zuge von Handelskriegen eingeschränkt wird, wird das Folgen für Bulgarien haben. Wir werden eine langsamere technische Entwicklung erleben“, befürchtet Vivacom-Chef Atanas Dobrev gegenüber dem Onlineportal Investor.bg. Strenge EU-Standards für Netzwerkausrüstung hindern die bulgarischen Telekommunikationsunternehmen bisher noch nicht daran, chinesische Ausrüster zum Wettbewerb zuzulassen.
Die bulgarische Regierung hatte jedoch am 23. Oktober 2020 eine Übereinkunft getroffen, dass chinesische Technologie beim Netzausbau nicht zum Einsatz kommen soll. Inwieweit die bulgarischen Telekommunikationsanbieter dies umsetzten können, ist fraglich. Huawei wartet das Netzwerk von Vivacom und stellt Cloud-Computing-Lösungen bereit.
China verstehe es, Werbung für Investitionen zu machen, sagt der Vorsitzende der bulgarisch-chinesischen Handelskammer, Lachezar Dinev. Er wisse von vielen Projekten, die bisher alle nicht umgesetzt wurden.
"Die chinesischen Investitionen in Bulgarien sind wie der Weihnachtsmann. Jeder hat davon gehört, aber niemand hat etwas gesehen.“
Auch Chinas Aktivitäten in der bulgarischen IT-Industrie sind übersichtlich. Im Jahr 2019 flossen insgesamt rund 11 Millionen Euro an ausländischen Direktinvestitionen aus dem Reich der Mitte nach Bulgarien. Für das Jahr 2020 hatte Peking angekündigt, etwa 105 Millionen Euro in Bulgarien zu investieren. Das meiste Geld soll in Wohnungen und Infrastrukturprojekte und in die Lebensmittelproduktion fließen, berichtet das bulgarische Wirtschaftsministerium. Huawei hat nach eigenen Angaben seit 2009 etwa 35 Millionen Euro in Bulgarien aufgewendet.
Chinesische IKT-Unternehmen fallen in Bulgarien gar nicht auf. Dies sagt die Geschäftsführerin des Branchenverbandes für Informationstechnologie BAIT, Vessela Kalacheva. Unter den Mitgliedern gebe es keine chinesischen Unternehmen oder bulgarische Repräsentanzen solcher Unternehmen, sagte sie im Gespräch mit Germany Trade & Invest.
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