Seit August können sich Firmen in Finnland um weitere Hilfen bewerben. Die Staatsverschuldung steigt, bleibt aber unter dem Durchschnitt der Eurozone. (Stand: 02. September 2021)
Finnlands Regierung hat eine vierte Bewerbungsrunde zur Unterstützung der heimischen Firmen gestartet. Diese soll Unternehmen helfen, deren Umsätze aufgrund der Pandemie vom 1. März bis 31. Mai 2021 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum 2019 um mehr als 30 Prozent gefallen sind. Bewerbungen können seit Mitte August eingereicht werden. Es gelten die gleichen Regeln wie bei den vorherigen Runden.
Bereits Ende April 2021 wurde die dritte Runde gestartet. Diese war für Firmen gedacht, deren Einnahmen zwischen November 2020 und Februar 2021 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um mehr als 30 Prozent gesunken sind. Die Hilfen stehen grundsätzlich für alle Sektoren offen. Unternehmen aus Branchen, die die Regierung als besonders betroffen eingestuft hat, können die Unterstützung ohne weitere Begründung beantragen. Betriebe aus anderen Bereichen müssen erklären, inwiefern die Pandemie für die Einbußen verantwortlich ist.
Die Höhe der Unterstützung richtet sich nach dem Umsatzrückgang des Unternehmens und den tatsächlichen Kosten. Sie beläuft sich auf mindestens 2.000 Euro und höchstens 1 Million Euro. In den ersten beiden Runden war der Maximalbetrag auf 500.000 Euro limitiert. Die Höhe der bereits erhaltenen und nun beantragten Fördergelder darf nach den Vorschriften der Europäischen Kommission zusammen nicht über 1,8 Millionen Euro liegen. Voraussetzung für den Erhalt der Hilfen ist neben dem 30-prozentigen Umsatzrückgang der Besitz einer finnischen Business-ID. Zudem müssen die Firmen nachweisen, dass ihre Kosten vom November 2020 bis Februar 2021 über 2.000 Euro lagen.
Regierung unterstützt die Gastronomie im Land
Gastronomische Betriebe mussten in Regionen mit deutlich steigenden Infektionszahlen vom 9. März bis 18. April 2021 schließen, sie können deshalb von der Regierung eine finanzielle Unterstützung erhalten. Voraussetzung für den Erhalt der Mittel ist, dass das Unternehmen aufgrund eines Gesetzes oder einer behördlichen Anordnung für mehr als 15 Tage schließen musste. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach den Kosten im Februar 2021 und dem Anteil der Geschäftstätigkeiten, die von der Schließung betroffen sind. Personalkosten werden zu 100 Prozent und sonstige Kosten, wie beispielsweise die Miete, zu 70 Prozent übernommen.
Mittlerweile steht die Unterstützung auch Firmen mit mehr als 49 Beschäftigten zur Verfügung. Sie konnten die Bewerbungen hierfür vom 15. Juli bis 13. August 2021 einreichen. Weitere Informationen über Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen stellt das finnische Wirtschafts- und Arbeitsministerium zur Verfügung.
EU-Mittel sollen Wirtschaft ankurbeln
Die wirtschaftliche Belebung Finnlands will die Regierung mit dem sogenannten Programm für nachhaltiges Wachstum unterstützen. Damit sollen unter anderem Investitionen in den grünen Übergang, Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationstätigkeiten sowie die Beschäftigung im Land gefördert werden. Im Mitte August 2021 vorgestellten Haushaltsentwurf sind für 2022 mehr als 1 Milliarde Euro für das Programm vorgesehen. Finanziert wird es mit Mitteln aus dem Aufbauplan NextGenerationEU der Europäischen Union (EU). Der größte Teil dieser Gelder ist für die finnische Aufbau- und Resilienzfazilität eingeplant: Das Land erhält Zuschüsse in Höhe von 2,1 Milliarden Euro.
Wie bereits 2020 hat die finnische Regierung als Reaktion auf die Coronakrise auch 2021 eine Reihe von Nachtragshaushalten verabschiedet. Der dritte Zusatzhaushalt soll das Wirtschaftswachstum im Land ankurbeln. Er wird laut Regierung zudem Reformen und Investitionen im Rahmen des Konjunkturprogramms der EU einleiten. Der dritte Nachtragshaushalt sieht für 2021 eine Aufstockung der Mittel um rund 2,2 Milliarden Euro vor. Ein wesentlicher Teil davon sei auf den Garantie- und Rekapitalisierungsbedarf zurückzuführen. Zudem werden einige bereits beschlossene staatliche Investitionen auf das Jahr 2021 vorgezogen.
Der im Juni 2020 vorgestellte vierte Zusatzhaushalt sieht ein Maßnahmenpaket in Höhe von 5,5 Milliarden Euro für die Konjunkturerholung und Wiederbelebung der Wirtschaft vor. Ziel ist unter anderem, die Nachfrage im Land anzukurbeln, die langfristigen Wachstumsaussichten zu verbessern und den Klimawandel zu bekämpfen.
Unter anderem unterstützt das Konjunkturpaket eine Reihe von Infrastrukturprojekten mit einem Gesamtbetrag von 404 Millionen Euro. Davon sind 156 Millionen Euro für Infrastrukturprojekte im Zusammenhang mit der Investition der Metsä Group in eine neue Bioproduktfabrik vorgesehen. Rund 30 Millionen Euro wurden für das Management der Verkehrsinfrastruktur eingeplant. Unter anderem sollen mit den Geldern Straßenoberflächen ausgebessert werden. Darüber hinaus werden Eisenbahnprojekte zwischen den finnischen Großstädten unterstützt.
Öffentliche Verschuldung steigt
Um die Folgen der Coronakrise abzudämpfen, hat Finnlands Regierung zusätzliche Schulden aufgenommen. Der öffentliche Schuldenstand wuchs 2020 nach Angaben der Danske Bank um 21,4 Milliarden Euro. Die Staatsschuldenquote stieg 2020 damit von 59,3 Prozent im Jahr 2019 auf 69,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für 2021 erwarten die Experten einen weiteren Zuwachs auf 70 Prozent. Zwar bleibt Finnland damit deutlich unter der durchschnittlichen Schuldenquote der Eurozone, nichtsdestotrotz wird es den fiskalpolitischen Spielraum des Landes nach Einschätzung des Finanzinstituts in den kommenden Jahren einschränken.
Finnlands Impfplan
Wie die meisten anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) hat Finnland am 27. Dezember 2020 mit den Impfungen gegen das Covid-19-Virus begonnen. Dem Land stehen 1,23 Prozent der Impfbestellungen der EU zu. Gemäß finnischer Covid-19-Impfstrategie erfolgte ein Angebot zunächst für folgende drei Prioritätsgruppen: - Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen, die Corona-Patienten betreuen oder andere Formen der Notfallversorgung leisten, sowie Beschäftigte und Bewohner in Pflegeheimen für ältere Erwachsene
- Personen im Alter von 70 Jahren oder älter
- Personen mit hohem Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung
Mittlerweile bieten die Gemeinden allen Bürgern, die mindestens zwölf Jahre alt sind, eine Impfung an. Am 1. September haben 84,5 Prozent der über 18-Jährigen in Finnland mindestens eine Erstimpfung erhalten. Fast 62 Prozent waren vollständig geimpft. |
Von Niklas Becker
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