Die Regierung passt die Soforthilfen weiter an und treibt die Umsetzung des Konjunkturpakets voran. Auch ein zweites Paket ist in der Diskussion. (Stand: 1. April 2021)
Gemäß dem Selbstverständnis des französischen Staates als Lenker der Wirtschaft hatte die Regierung Mitte März 2020 ein umfassendes Hilfspaket aufgelegt. Um Unternehmen am Leben zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern, griff sie zu einem Maßnahmenmix wie in Deutschland.
Krisenmaßnahmen der französischen Regierung 2020 und 2021
Umfang: insgesamt etwa 300 Milliarden Euro, etwa 12 Prozent des BIP, gegenüber 1,1 Prozent nach Finanzkrise 2008/2009
1. Phase ab März 2020: Hilfspaket - Kurzarbeit, Kreditgarantien, Soforthilfen, Stundung von Abgaben (bis Ende Januar 2021 etwa 197 Milliarden Euro, davon etwa 130 Milliarden Euro Kredite mit Staatsgarantie) 2. Phase ab Mai 2020: Sektorprogramme 3. Phase ab September 2020: Maßnahmenpaket France Relance (mit Sektorprogrammen etwa 100 Milliarden Euro) - Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Nachhaltigkeit |
Seither können Unternehmen, denen pandemiebedingt ein bestimmter Anteil ihres Geschäfts weggebrochen ist, Kurzarbeit beantragen. Zunächst erhielten Arbeitnehmer ihren gesamten Nettolohn und Arbeitgeber wurden voll entschädigt. In der Folgezeit sind die Regeln wiederholt verschärft worden. Nach deutschem Muster hat die Regierung ein Langzeitkurzarbeitergeld eingeführt, das nur bei Abschluss einer Vereinbarung mit den Sozialpartnern gewährt wird. Ab Ende April 2021 soll der Arbeitgeberbeitrag am Kurzarbeitergeld von 15 auf 40 Prozent steigen, mit Ausnahme der Sektoren, die weiter direkt von Einschränkungen betroffen sind.
Um Liquiditätsengpässen vorzubeugen, können Unternehmen über ihre Banken Kredite aufnehmen, die von der Staatsbank Bpifrance bis zu 90 Prozent garantiert werden. Im September 2020 hatte die Regierung mit den Banken niedrige Zinssätze für eine Streckung der Kredite ausgehandelt. Zudem kündigte sie im Januar 2021 an, dass alle Unternehmen den Beginn der Kreditrückzahlung um ein Jahr aufschieben können.
Unternehmen, deren Geschäft pandemiebedingt eingebrochen ist, haben auch die Möglichkeit, die Zahlung von Sozialabgaben und Steuern zu verschieben. In Extremfällen können Steuern erlassen werden. Die Möglichkeit zur Stundung gilt nur noch für Firmen, die direkt von administrativen Einschränkungen betroffen sind.
Soforthilfen in Frankreich (Stand 30.3.2021)
Hilfe | Beschäftigte/Unternehmen | Betrag |
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Kurzarbeit (Februar 2021) *) | 2,1 Mio. Beschäftigte | k.A. |
Staatliche garantierte Kredite | 663.000 Unternehmen | 134,8 Mrd. Euro |
Solidaritätsfonds (Fonds de solidarité) | 2,0 Mio. Unternehmen | 20,8 Mrd. Euro |
Aufschiebung von Steuern und Abgaben | k.A. | 3,4 Mrd. Euro |
*) Schätzung der Beschäftigten in Kurzarbeit, nicht AnträgeQuelle: Ministère de l'Economie, des Finances et de la Relance 2021
Darüber hinaus gibt es Soforthilfen aus dem Solidaritätsfonds (Fonds de solidarité). Zunächst für kleinere Unternehmen aufgelegt, wurden diese seit dem zweiten Lockdown auf mittlere Unternehmen ausgeweitet. Seit Januar 2021 können größere Firmen, die direkt von Einschränkungen betroffen sind, zusätzlich zur anteiligen Übernahme von Umsatzausfällen auch Zuschüsse zu Fixkosten beantragen.
Mitte März führt die Regierung Gespräche mit Verbänden und Gewerkschaften, um eine Strategie für die Rückführung der Soforthilfen zu entwickeln. Dabei geht es vor allem um das Kurzarbeitergeld und eine Verschärfung der Kriterien sowie höhere Unternehmensbeiträge. Diese sollten Ende April greifen. Sie dürften aber angesichts schärferer Lockdownmaßnahmen aufgeschoben werden.
Förderprogramme für bestimmte Sektoren
Neben den breit angelegten Hilfsmaßnahmen hat die Regierung auch Konjunkturhilfen für bestimmte Sektoren und zur Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit aufgelegt. Parallel zur Lockerung der Einschränkungen des Wirtschafts- und Privatlebens ab Mitte Mai 2020 hatte sie zunächst branchenspezifische Hilfspakete zur Konjunkturbelebung von rund 40 Milliarden Euro lanciert. Diese betreffen vor allem die Kfz-Industrie, den Flugzeugbau, den Tourismus, den Bausektor und Start-ups.
Für die Kfz-Industrie wurden vorübergehend Kauf- und Abwrackprämien angehoben, um hohe Lagerbestände an Fahrzeugen, die in der Krise aufgelaufen waren, abzubauen. Im Gegenzug verpflichtet sich die Industrie, bis 2025 die Produktion von Elektroautos und Plug-in-Hybriden auf 1 Million anzuheben.
Staat fördert Entwicklung eines Hybrid- oder Wasserstoffflugzeugs
In der Kfz-Industrie und im Luftfahrtsektor sind Fonds geschaffen worden, um notleidende Zulieferer mit Liquidität zu versorgen und die Modernisierung und Automatisierung voranzutreiben. Airbus als Herzstück der Luftfahrtindustrie soll von der Erneuerung der Flotte von Air France profitieren. Dies war eine Bedingung für eine staatliche Garantie für einen Kredit über 7 Milliarden Euro an die Fluglinie. Zusätzliche Fördermittel sollen der Industrie helfen, bis 2030 ein regionales Hybrid- oder Wasserstoffflugzeug zu entwickeln. Der Tourismus erhält mehr Kredite und kann länger Kurzarbeitsregeln nutzen. Weitere Sektorprogramme der zweiten Phase unterstützen Start-ups, exportierende Unternehmen und den Gesundheitssektor.
Zweites Konjunkturpaket möglich
Im September 2020 hatte die Regierung in einer dritten Phase das Maßnahmenpaket "France Relance" lanciert, in das die Sektorprogramme integriert wurden. Von etwa 100 Milliarden Euro sollen 40 Milliarden aus dem 750-Milliarden-Euro-Krisenpaket der Europäischen Union finanziert werden.
France Relance umfasst drei Bereiche. Zur Stärkung des "Zusammenhalts" (Cohésion) werden 36 Milliarden Euro für den Gesundheitssektor, für Ausbildung und Lohnzuschüsse für junge und behinderte Menschen und für das längerfristige Kurzarbeitergeld aufgewendet.
Mehr Geld für Projektaufrufe
Andere Bereiche sollen die Wirtschaft langfristig stärken, mit einem Zeithorizont bis 2030. Für mehr Nachhaltigkeit, mehr Gebäudeeffizienz, die Modernisierung der Bahnnetze und der Mülltrennung sowie für eine Wasserstoffstrategie gibt es 30 Milliarden Euro. Mit weiteren 36 Milliarden Euro will die Regierung die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Geplant ist auch die Senkung bestimmter Unternehmenssteuern im Umfang von 20 Milliarden Euro bis 2022. Zudem werden Vorhaben zum Aufbau von Produktionskapazitäten etwa für Arzneimittel, Medizintechnik, wichtige Vorstoffe für die Industrie, Elektronik und Nahrungsmittel in Frankreich subventioniert. Aufgrund der hohen Nachfrage wurden die Mittel Anfang 2021 aufgestockt.
Der Kalender der Projektaufrufe enthält Links zu den Teilnahmebedingungen. Auch Niederlassungen deutscher Firmen in Frankreich können die Hilfsprogramme in Anspruch nehmen. Das Konjunkturpaket eröffnet auch deutschen Anbietern gute Chancen.
Die Deutsch-Französische Industrie- und Handelskammer berichtet auf ihrer Internetseite zur Coronakrise. Das Bundesinnenministerium informiert zum Grenz- und Pendelverkehr zwischen Deutschland und Frankreich.
Von Peter Buerstedde
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Paris