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Der zweite coronabedingte Lockdown setzt die griechische Wirtschaft enorm unter Druck. Im Jahr 2021 soll es trotzdem wieder bergauf gehen. (Stand: 19. Januar 2021)
Von Michaela Balis | Athen
Griechenland durchlebt die zweite Welle der Corona-Pandemie. Die Anzahl der Corona-Infizierten und der Patienten auf Intensivstationen ist nach zweimonatigem Lockdown inzwischen leicht rückläufig. Um Schlimmeres abzuwenden, hatte die griechische Regierung am 7. November 2020 den zweiten Lockdown ausgerufen, der am 18. Januar 2021 gelockert wurde. Der Einzelhandel fährt langsam wieder hoch. Die Wirtschaft kämpft mit starken Einbußen.
Nach einem allgemeinen Shutdown inklusive Ausgangssperre kehrte ab dem 1. Juli 2020 in Griechenland wieder Normalität ein. Das änderte sich schlagartig im Oktober 2020. Ein steiler Anstieg der Infiziertenzahlen und der Patienten auf Intensivstationen setzten das griechische Gesundheitssystem unter Druck. Landesweit galt seit dem 7. November 2020 eine Ausgangssperre. Am 18. Januar 2021 wurde der Lockdown wieder gelockert.
Wer das Haus verlässt, muss eine Maske tragen. Die Sonderregelung zum Homeoffice im privaten und öffentlichen Sektor wurde bis Ende Januar 2021 verlängert.
Die Pandemie inklusive Lockdown trifft die griechische Wirtschaft hart. Gerade erholte sich das Land von der zehnjährigen Wirtschaftskrise, die ihm ein Viertel seiner Wirtschaftskraft raubte. Nun sind die Aussichten düster: Der griechische Haushaltsplan muss nach dem zweiten Lockdown neu geschrieben werden. Die Europäische Kommission ging in ihrer Herbstprognose von einem Einbruch der griechischen Wirtschaft im Jahr 2020 um real rund 9 Prozent aus. Das griechische Finanzministerium rechnete mit einem Rückgang von mehr als 10 Prozent.
Dafür soll es im Jahr 2021 wieder bergauf gehen: Das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird um etwa 5 Prozent wachsen, so die Prognose der Europäischen Kommission. Diese wurde allerdings vor dem zweiten Lockdown veröffentlicht. Treibende Kräfte sollen der Konsum und höhere Exporte sein.
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Aufgrund der geringeren Nachfrage aus dem Ausland gingen die griechischen Exporte zurück. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2020 sanken die Warenexporte im Vergleich zum Vorjahr nominal um 11,3 Prozent. Der Rückgang ist aber auch auf die relativ niedrigen Erdölpreise im ersten Halbjahr zurückzuführen. Wertmäßig gingen die Exporte von Erdölprodukten, Eisen, Stahl, Nichteisenmetallen und Bekleidung zurück. Im Gegensatz dazu stiegen die Exporte von pharmazeutischen Produkten um fast die Hälfte: Eindrucksvolle Zuwachsraten verzeichneten vor allem die Pharmaexporte nach Frankreich, Deutschland, Japan, Österreich und Spanien. Auch die Lebensmittelexporte legten zu.
Positiv entwickelten sich darüber hinaus die griechischen Warenlieferungen nach Deutschland: sie legten in den ersten zehn Monaten des Jahres 2020 um 4,3 Prozent zu. Die Importe aus Deutschland verzeichneten ein Minus um 4,6 Prozent.
Für das gesamte Jahr 2020 ging der griechische Haushaltsplan von einem Rückgang der Waren- und Dienstleistungsexporte um fast ein Viertel aus. Die Einnahmeausfälle sind auf den Einbruch im Tourismus zurückzuführen. Die Einnahmen aus dem Tourismus sind um rund 85 Prozent gesunken.
Mehr als zwei Drittel der griechischen Unternehmen rechneten mit einem Umsatzrückgang von durchschnittlich 20 Prozent im Corona-Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr. Das ergab eine Umfrage der griechischen Marktforschungsgesellschaft ICAP vom November 2020. Unternehmen aus dem Tourismussektor erwarteten Einbußen von bis zu 66 Prozent. Die Gastronomie befürchtete einen Umsatzrückgang von durchschnittlich um 38 Prozent. Selbst der IKT-Sektor ging von einem Umsatzrückgang von rund einem Prozent für das Jahr 2020 aus.
Auch für 2021 herrscht kein Optimismus. Der Umfrage zufolge wird zwar der Umsatz durchschnittlich um 10 Prozent im Vergleich zum Corona-Jahr steigen, aber trotzdem nicht das Niveau von 2019 erreichen. Das soll erst im Jahr 2022 der Fall sein, erwarten zwei Drittel der Unternehmen. Ähnlich viele befürchten, dass die Folgen der Pandemie die griechische Wirtschaft mindestens genauso hart treffen werden wie zuvor die zehnjährige Wirtschaftskrise.
Die unzureichende Liquidität bedrängt etwa 70 Prozent der Unternehmen, so die Umfrage. Mehr als die Hälfte ist bemüht, die Ausgaben einzuschränken. Der IKT-Sektor sah neue Chancen in der Krise und führte neue Produkte ein, meldeten Betriebe aus diesem Bereich.
Etwa zwei Drittel der Unternehmen nutzen die Maßnahmen der Regierung zur Unterstützung der Unternehmen und Arbeitnehmer. Besonders beliebt sind Kredite mit staatlichen Garantien sowie die Aussetzung von Arbeitsverträgen. Etwa ein Drittel profitiert von reduzierten Mieten und rund ein Viertel plant entweder Entlassungen vorzunehmen oder Kurzarbeit einzuführen.
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