Hongkong treibt den Städtebau voran. Außerdem stellt die Regierung mehr Geld für den Gesundheitssektor sowie für Forschung und Entwicklung zur Verfügung. (Stand: 7. Dezember 2020)
Die Regierung der Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong hat sich schon frühzeitig auf finanzielle Krisenmaßnahmen geeinigt. Dabei kam ihr zu Hilfe, dass sie auf hohen fiskalischen Reserven sitzt, auf die sie nun zurückgreifen kann. Im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften setzt der Fiskus jedoch relativ wenig Geld zur Bekämpfung der Coronakrise ein.
Insgesamt wurden 2020 zusätzliche Mittel in Höhe von 40 Milliarden US-Dollar (US$) vom Parlament zur Krisenbekämpfung bereitgestellt. Das entspricht einer Quote von 11 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die meisten Gelder wurden im Rahmen der ersten und zweiten Runde bis Mitte April 2020 freigegeben. Die Auszahlungen der dritten Runde von Mitte September 2020 fielen hingegen wesentlich bescheidener aus.
Maßnahmen zur unmittelbaren Bewältigung der Krise
Die Regierung erteilt unter anderem Kreditgarantien für Firmen, die in Not geraten sind. Zudem erhielt im Sommer 2020 jeder Einwohner einen Barscheck in Höhe von umgerechnet rund 1.300 US$. Ein beträchtlicher Teil der zusätzlichen staatlichen Mittel war für ein Kurzarbeiterprogramm eingeplant, das jedoch Ende November 2020 auslief. Die Regierung hielt eine Verlängerung für nicht mehr finanzierbar. Immerhin erhalten seitdem Menschen mit geringem Einkommen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, eine einmalige Zahlung von rund 650 US$.
Tatsächlich haben die Unterstützungsmaßnahmen die größte Not zunächst gelindert. Doch da es zum Jahresende 2020 nur wenig Aussichten auf weitere Hilfen gibt, dürfte es zu einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Konkurse kommen. Letztendlich verpuffen damit mehr oder weniger die Maßnahmen der ersten und zweiten Entlastungsrunden.
Maßnahmen zur wirtschaftlichen Wiederbelebung
Die Regierung hat Dutzende Fördermaßnahmen für verschiedene Branchen und Wirtschaftsbereiche erlassen. Die dafür veranschlagten Finanzmittel fallen im Vergleich zu den Barauszahlungen und dem Kurzarbeitergeld insgesamt aber gering aus. Daher müssen sie ebenfalls als weitgehend ineffektiv bewertet werden.
Davon auszunehmen sind zwei Maßnahmen, darunter die Erhöhung des staatlichen Gesundheitsbudgets. Öffentliche Kliniken können sich dauerhaft auf höhere Einnahmen einstellen. Des Weiteren gibt es Subventionen für den Ausbau eines integrierten Zentrums für Hightech-Firmen, dem sogenannten Science Park. Für Gesundheit sowie Forschung und Entwicklung (F&E) sollte in Hongkong nach Ansicht vieler Ökonomen generell mehr ausgegeben werden. Die Programme dürften den Wiederaufschwung ankurbeln und zugleich strukturelle Probleme lösen.
Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen
Die SVR verfügt bereits über eine bestens ausgebaute Infrastruktur, allerdings besteht noch ein starker Nachholbedarf im Bereich Wohnungs- und Städtebau. Die Mieten und Grundstückspreise in Hongkong gehören zu den höchsten der Welt, aber nur knapp die Hälfte der Bevölkerung kann in staatlichen Apartments unterkommen.
In ihrer Regierungserklärung vom Ende November 2020 kündigte die Verwaltungschefin Carrie Lam eine deutliche Ausweitung des öffentlichen Wohnungsbaus an. So habe die Regierung Bauland identifiziert, auf dem mittelfristig 313.000 staatliche Apartments entstehen werden. Zusätzlich wollen die Verantwortlichen den Bau einer künstlichen Insel voranbringen, auf der Wohnraum für eine halbe Million Menschen entstehen soll. Die sogenannte Lantau Tomorrow Vision ist auf absehbare Sicht das ehrgeizigste Mega-Vorhaben der SVR.
Zugang zu Fördermitteln für deutsche Firmen
Deutschen Unternehmen bringen die angekündigten Maßnahmen wenig. Sie konnten bis Ende November 2020 allerdings zumindest vom Kurzarbeitergeld profitieren, das wohlgemerkt an die Arbeitgeber ausgezahlt wurde.
Öffentliche Verschuldung erreicht Rekordwert
Das Hongkonger Finanzministerium geht davon aus, dass sich das Defizit im (am 31. März endenden) Fiskaljahr 2020/21 auf mindestens 39 Milliarden US$ belaufen wird. Dabei handelt es sich um einen Rekordwert. Der Staat muss allerdings keine Kredite aufnehmen, sondern kann auf seine finanziellen Rücklagen zurückgreifen. So besaß die SVR laut Angaben der Regierung Ende Juli 2020 Fiskalreserven in Höhe von 125 Milliarden US$, was in etwa einem Anteil von 37 Prozent vom BIP gleichkommt.
Die ehemalige britische Kolonie verfolgt traditionell eine konservative Fiskalpolitik. Die Ausgaben- und Einnahmenquoten sind denkbar gering. Außerdem will die Verwaltung nur einen kleinen Teil der staatlichen Finanzrücklagen für die Krisenpolitik einsetzen. Somit ist keine Verschuldungsproblematik gegeben. Größere Steuersenkungen sind nicht im Gespräch, weil die Steuersätze bereits auf einem sehr niedrigen Niveau verharren.
Immerhin hat die Regierung Ende November 2020 die doppelte Immobilientransaktionssteuer (Double Stamp Duty) für die gewerbliche Sparte abgeschafft. Sie war 2013 eingeführt worden, um eine Blasenbildung zu verhindern. Durch die Abschaffung sollen Mittelständler, die zur Begleichung von Verlusten Immobilien verkaufen, entlastet werden.
Von Roland Rohde
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