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Special Indien Wege aus der Coronakrise

Konjunktur- und Hilfsprogramme

Auch deutsche Unternehmen könnten von Indiens höheren öffentlichen Investitionen und einem milliardenschweren Industrieförderprogramm profitieren. (Stand: 29.10.2021)

Von Boris Alex | New Delhi

Indiens Regierung hat seit Beginn der Coronakrise eine Reihe von Konjunkturmaßnahmen beschlossen, mit denen die negativen Folgen der Pandemie für die Bevölkerung abgemildert und die Weichen für eine Belebung der Wirtschaft gestellt werden sollen. Mitte Mai 2020 wurde das bislang größte indische Konjunkturpaket Atmanirbhar Bharat (Selbstständiges Indien) mit einem Volumen von 280 Milliarden US-Dollar (US$) vorgestellt. Das entspricht 10 Prozent des indischen Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Im November 2020 hat die Regierung 35 Milliarden US$ für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bereitgestellt. Mit dem dritten Konjunkturpaket wurde das im Mai 2020 gestartete Production Linked Incentives-Industrieprogramm auf weitere Branchen ausgedehnt sowie Unterstützungsmaßnahmen für den Bausektor und die Immobilienbranche beschlossen. Das vorläufig letzte Konjunkturpaket hat Indiens Finanzministerin Nirmala Sitharaman am 28. Juni 2021 vorgestellt. Es hat einen Umfang von 85 Milliarden US$ und setzt in erster Linie auf das Instrument der Kreditgarantien für Sektoren, die besonders stark unter der Pandemie und ihren Folgen zu leiden haben, wie die Gesundheitsversorgung und der Tourismus. 

Mehr Geld für Infrastruktur und Gesundheit

Mit dem Staatshaushalt für das Finanzjahr 2021/22 will die Regierung Wachstumsimpulse für die Wirtschaft setzen. So werden die Investitionsausgaben gegenüber der Vorperiode um 34 Prozent auf 74,8 Milliarden US$ erhöht. Fast die Hälfte davon sind für den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes eingeplant. Die Ausgaben im seit Jahren unterfinanzierten staatlichen Gesundheitssektor werden im Vergleich zum vorherigen Haushalt sogar um 137 Prozent auf 30,2 Milliarden US$ erhöht. Davon sind knapp 9 Milliarden US$ für Investitionen in Kliniken sowie in Forschungs- und Verwaltungseinrichtungen vorgesehen.

Aus Sicht deutscher Unternehmen ist vor allem das Industrieförderprogramm interessant. Denn die Betriebe müssen in zusätzliche Produktionskapazitäten investieren, um in den Genuss der Boni zu kommen. Das könnte sich positiv auf die Nachfrage nach Maschinen und Anlagen beispielsweise in der Kfz- und Zulieferindustrie, der Stahlbranche oder der Elektronik- und Elektrofertigung auswirken. Die deutliche Steigerung der öffentlichen Ausgaben im Gesundheitswesen erhöht die Absatzchancen für Medizintechnik. Indien ist in vielen Segmenten von Importen abhängig, und deutsche Hersteller zählen zu den Hauptlieferanten.

Regierung will Haushaltsdefizit bis 2026 halbieren

Die fiskalischen Auswirkungen der Coronakrise sind gewaltig. Weil die Steuereinnahmen durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie deutlich geringer als erwartet ausfielen, hat sich das Haushaltsdefizit im Finanzjahr 2020/21 gegenüber der Vorperiode auf 9,2 Prozent des BIP mehr als verdoppelt. Für 2021/22 plant die Regierung Gesamtausgaben in Höhe von rund 470 Milliarden US$, eine leichte Steigerung gegenüber der Vorperiode. Sie hofft, mit der Konjunkturerholung und höheren Privatisierungserlösen das Defizit auf 6,8 Prozent des BIP drücken zu können. Bis 2025/26 soll es dann auf sein Vorkrisenniveau von 4,5 Prozent zurückgeführt werden.

Impfkampagne nimmt wieder Fahrt auf

Indien hat Mitte Januar 2021 seine landesweite Impfkampagne gestartet. Inzwischen können sich alle Inder:innen ab 18 Jahren impfen lassen. Am 21. Oktober wurde der Meilenstein von 1 Milliarde verabreichter Impfdosen erreicht. Ihrem ursprünglichen Plan, bis Ende 2021 alle Erwachsenen vollständig zu immunisieren, hinkt die Regierung allerdings hinterher. Ende Oktober 2021 hatten 52 Prozent der 1,4 Milliarden Einwohner eine Dosis erhalten, vollständig geimpft waren 23 Prozent. Bei der aktuellen Impfgeschwindigkeit von etwa 10 Millionen Dosen pro Tag dürfte eine vollständige Immunisierung der erwachsenen Bevölkerung frühestens Mitte 2022 erreicht werden.


Indien ist der größte Hersteller von Impfstoffen weltweit. Das von der University of Oxford und AstraZeneca entwickelte Vakzin wird in Lizenz vom Serum Institute of India produziert und in Indien unter dem Namen Covishield vermarktet. Der indische Biotechnologiekonzern Bharat Biotech produziert den eigenentwickelten Impfstoff Covaxin. Das russische Vakzin Sputnik V ist ebenfalls in Indien zugelassen und wird von verschiedenen Herstellern in Lizenz produziert. Der mRNA-Impfstoff von Moderna hat auch eine Zulassung, ist aber bislang nicht erhältlich. Anfang August 2021 wurde das Vakzin von Johnson & Johnson zugelassen. Da hier nur eine Dosis verabreicht wird hofft Indien, bei der Impfung seiner Bevölkerung schneller voranzukommen. 

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