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Special Indien Wege aus der Coronakrise

Konjunktur und wichtigste Branchen

Die Wirtschaft könnte kurzfristig stark steigende Wachstumszahlen vorweisen. Investitionen und Konsum entwickeln sich aber weniger dynamisch als erhofft. (Stand: 29.10.2021)

Von Boris Alex | New Delhi

Die Neuinfektionen mit dem Covid-19-Virus sind seit September 2021 weiter gesunken und das Impfprogramm hat wieder Fahrt aufgenommen. Zwar gibt es immer noch lokale Brennpunkte wie im südindischen Bundesstaat Kerala, doch vor allem in den wirtschaftlich bedeutenden Ballungszentren Mumbai, Bengaluru, Pune und der Hauptstadtregion New Delhi hat sich die Lage wieder entspannt. Angesichts der weiterhin geringen Impfquote - Ende Oktober 2021 waren etwa die Hälfte der Bevölkerung einmal und nur 23 Prozent vollständig geimpft - wollen indische Gesundheitsexperten eine weitere Infektionswelle aber nicht ausschließen.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte im Finanzjahr 2021/22 (1. April bis 31. März) real um 8 bis 10 Prozent zulegen. Doch während die Bedrohung durch Covid-19 für die Wirtschaft zumindest aktuell etwas geringer ist als noch zu Mitte des Jahres 2021, hat der Industriesektor mit den Verwerfungen in den globalen Lieferketten zu kämpfen. Vor allem die Kfz- und Zulieferindustrie, aber auch die Elektro- und Elektronikhersteller leiden unter dem Halbleitermangel.

Autobauer wie Maruti Suzuki und Tata Motors mussten im Herbst 2021 ihre Pkw-Produktion um bis zu 50 Prozent gegenüber der ursprünglich geplanten Fertigung nach unten fahren. Dies könnte sich sogar zu einem Dauerzustand entwickeln, so die Einschätzung des Marktforschers CRISIL, der erst für 2023 mit einer Normalisierung der Halbleiterlieferungen nach Indien rechnet. Für das Finanzjahr 2022/23 liegen die BIP-Prognosen zwischen 6 und 8 Prozent. 

Industrie hat mit steigenden Kosten zu kämpfen

Energieintensive Branchen wie die Stahlindustrie und der Chemiesektor leiden wiederum unter der Stromknappheit aufgrund der zu geringen Kohleförderung in Indien. Darüber hinaus steigen für viele Unternehmen aus der verarbeitenden Industrie die Preise für Vorprodukte aus dem Ausland, was den höheren Transportkosten in Folge des Mangels an Schiffscontainern geschuldet ist. Diese Faktoren drücken auch auf die Investitionen der Privatwirtschaft: Erwartete die Zentralbank Reserve Bank of India (RBI) Anfang 2021 bei den Bruttoanlageinvestitionen noch ein reales Plus von mehr als 15 Prozent, sollen diese 2021/22 höchstens noch um 10 Prozent zulegen. 

Den größten Anteil daran dürften die öffentlichen Investitionen haben. Indiens Regierung hat im Februar 2021 den Haushalt für das Finanzjahr 2021/22 vorgestellt, der unter anderem auch höhere Ausgaben für den Infrastruktursektor vorsieht. Die National Infrastructure Pipeline mit ihren rund 9.000 Vorhaben und einem Investitionsvolumen von fast 2 Billionen US-Dollar (US$) soll der Baubranche neuen Schwung geben und neue Arbeitsplätze schaffen. Das Infrastrukturprogramm dürfte auch positive Impulse für angrenzende Branchen wie den Maschinen- und Anlagenbau und den Transportsektor geben und die Nachfrage nach Baustoffen wie Zement und Stahl beflügeln.

Lieferkettenprobleme belasten das Feiertagsgeschäft

Der private Konsum hatte Mitte 2021 wieder Fahrt aufgenommen, entwickelt sich aber wegen der Teuerungsrate von 5 Prozent weniger dynamisch als erhofft. Vor allem bei den langlebigen Konsumgütern ist aufgrund der höheren Input- und Transportkosten für die Unternehmen mit weiteren Preissteigerungen zu rechnen. Probleme in der Lieferkette unter anderem bei Automobilen, Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik belasten das für den Einzelhandel wichtige Geschäft zum indischen Lichterfest Diwali im November. Der Absatz von Pkw brach wegen Lieferschwierigkeiten im September 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 40 Prozent ein.

Der bilaterale Handel zwischen Indien und Deutschland ist im 1. Halbjahr 2021 wieder kräftig gewachsen. Die deutschen Exporte legten in den ersten sechs Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 23,4 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro zu. Die Importe aus dem südasiatischen Land verzeichneten ein Plus von 25,6 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Im Zuge der Coronakrise war der Warenaustausch zwischen den beiden Ländern im Jahr 2020 um 8,4 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro zurückgegangen.

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