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Special Irland Wege aus der Coronakrise

Konjunktur und wichtigste Branchen

Die irische Wirtschaft zeigte sich in der Coronakrise resilient. Im Jahr 2021 könnte das Land zu den am schnellsten wachsenden Wirtschaften der EU gehören. (Stand: 23. August 2021)

Von Marc Lehnfeld | Dublin

Die irische Wirtschaft wird 2021 zu den Zugpferden der Europäischen Union (EU) beim ökonomischen Aufholprozess nach der Coronakrise gehören. Laut Prognosen der EU-Kommission soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Irlands 2021 real um 7,2 Prozent zulegen und damit den zweiten Platz hinter Spitzenreiter Rumänien mit 7,4 Prozent einnehmen. Noch positiver sind die Erwartungen irischer Analysehäuser mit BIP-Wachstumsraten von über acht Prozentpunkten.

Gutes Auslandsgeschäft verhindert Wirtschaftseinbruch 2020

Schon in der Coronakrise zeigte sich die irische Wirtschaft äußerst resilient und beendete das Jahr 2020 ohne Wachstumseinbruch. Während das BIP insgesamt um 5,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen konnte, zeigten sich aber deutliche Unterschiede innerhalb der Volkswirtschaft. So hat das Wachstum vor allem auf den Aktivitäten multinationaler Konzerne und ihrem auch durch die Krise starken Exportgeschäft beruht, während die bereinigte irische Binnennachfrage nach Angaben des irischen Statistikamts um 3,5 Prozent gefallen ist.

Das starke Prognosewachstum 2021 spiegelt dabei auch die Erholung der Binnennachfrage wider, die laut irischer Zentralbank und der Allied Irish Bank (AIB) 2021 um 1,4 Prozent beziehungsweise 4,0 Prozent zulegen könnte und auf einer breiten Erholung der realwirtschaftlichen Bruttoanlageinvestitionen und des Privatkonsums fußt. Insgesamt kommen viele irischen Branchen gut durch die Krise. Irlands Industrie profitiert von seinem Branchenmix mit vielen Hightech-Sparten

Die Binnennachfrage bleibt im 1. Quartal 2021 noch schwach, gewinnt aber laut "Economist’s Weekly Market View" der AIB bereits deutlich an Fahrt. Das unterstreichen die Rekordwerte beim Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Industrie und den Dienstleistungssektor. Deutlich steigende Immobilienfinanzierungen und Baustarts zeigen die positive Entwicklung im Wohnungsbau, während die Einzelhandelsumsätze im 2. Quartal 2021 bereits 10 Prozent über dem Vorkrisenniveau liegen. Die für den 2. September 2021 geplante Veröffentlichung des irischen Statistikamts über das BIP-Quartalswachstum könnte dann auch zu einer Prognosekorrektur zum Wirtschaftswachstum bei den Analysten der Europäischen Kommission führen.

Brexit birgt für Irland nicht nur Risiken

Der Anfang 2021 vollzogene Austritt des Vereinigten Königreichs aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion bleibt für die irische Wirtschaft weiter eine Herausforderung. Ralf Lissek, Geschäftsführer der Deutsch-Irischen Industrie- und Handelskammer, erwartet nicht nur eine erschwerte Belieferung des britischen Marktes. "Auch der irische Handel mit dem europäischen Kontinent verändert sich. Eigentlich ist ein Lkw mit Fähren über die Irische See und die Nordsee und einer zwischenzeitlichen Fahrt durch Großbritannien doppelt so schnell unterwegs wie mit einer direkten Schiffsverbindung durch den Ärmelkanal. Doch Grenzabfertigungen machen den britischen Transit länger, teurer und unberechenbarer. Deutlich mehr Direktverbindungen sind die Folge."

Profitieren sollte der deutsch-irische Handel. Lissek: "Wir erwarten einen brexitbedingten Anstieg. Eine Studie in unserem Auftrag hat ergeben, dass der administrative und logistische Aufwand Produkte aus dem Vereinigten Königreich in der EU verteuert. Daher sollten irische Einkäufer britische durch deutsche Importe ersetzen. Auch deutsche Kunden können britische gegen irische Waren austauschen."

Erste Auswirkungen des Brexits auf den Handel zeichnen sich bereits ab. Nach Angaben des irischen Statistikamts CSO gingen die irischen Importe aus dem Vereinigten Königreich in den ersten fünf Monaten 2021 um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück. Durch die stufenweise Einführung des britischen Zollregimes im laufenden Jahr ist auch auf irischer Seite mit einem Rückgang der Exporte auf die britische Insel und wachsenden Handelsströmen auf das europäische Festland zu rechnen.

Pharmaindustrie profitiert von weltweiter Nachfrage

Für 2021 rechnen die Pharma- und Chemieunternehmen mit Wachstum, der vom Export getrieben wird. Die Arzneimittelhersteller haben 2019 etwa 40 Prozent aller industriellen Nettoverkaufserlöse erwirtschaftet und sind damit der mit Abstand wichtigste Zweig im verarbeitenden Gewerbe. In der Branche dominieren ausländische, meist angelsächsische Konzerne, die in Irland für den Weltmarkt produzieren. Auch 2020 gab es ein kräftiges Plus, dank einer Exportsteigerung von 25,4 Prozent.

Sehr bedeutend ist auch die Chemieindustrie, die 2019 weitere 15,9 Prozent aller industriellen Nettoverkaufserlöse erbracht hat. Die Branche leidet jedoch unter der weltweiten Coronakrise und musste 2020 einen Ausfuhrrückgang um 7,5 Prozent verzeichnen.

Nahrungsmittelhersteller legen moderat zu

Der Umsatz der Nahrungsmittelverarbeiter ist in der Coronapandemie stabil geblieben und war zwischen November 2020 und Januar 2021 um 0,2 Prozent geringer als vor Jahresfrist. Allerdings ist der Nahrungsmittel- und Getränkeexport 2020 um 4 Prozent gesunken, was der Unterbrechung von Lieferketten geschuldet ist. Die Ausfuhr in das Vereinigte Königreich, dem traditionell wichtigsten Auslandsmarkt der irischen Nahrungsmittel- und Getränkeanbieter, hat sogar um 4,8 Prozent abgenommen.

Für 2021 ist mit einer erneut stabilen Umsatzentwicklung in der Nahrungsmittelindustrie zu rechnen. Der Brexit erfordert jedoch die weitere Erschließung neuer Märkte.

IT-Sektor kommt Digitalisierungsschub zugute

Irland ist ein wichtiger Standort für die Informations- und Kommunikationstechnikbranche (IKT). Deren Beitrag zur landesweiten Bruttowertschöpfung war 2019 in Irland mit 14,9 Prozent fast dreimal so hoch wie im EU-Durchschnitt (5,1 Prozent). Dies liegt auch an der Präsenz von Weltmarktführern.

Die IKT-Anbieter profitieren vom Digitalisierungsschub, den die Coronapandemie ausgelöst hat. Ihre erbrachten Dienstleistungen haben sich 2020 um 6,9 Prozent erhöht. Auch für 2021 ist mit einem guten Wachstum zu rechnen.

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