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Special | Israel | Wege aus der Coronakrise

Konjunktur und wichtigste Branchen

Die Wirtschaft erholt sich schnell. Die Regierung glaubt an eine Rückkehr zum Wachstumspfad. Die anziehende Konjunktur lässt auch die Importe wieder steigen. (Stand 1.10.21)

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Die israelische Regierung geht davon aus, dass der 2020 erlittene Rückgang der Wirtschaftstätigkeit bereits 2021 mehr als ausgeglichen wird und dass die Wirtschaft mittelfristig zu dem Wachstumspfad zurückkehrt, der ihre Entwicklung in den Jahren vor der Krise gekennzeichnet hat.  Für die Jahre 2023 bis 2025 prognostiziert das Finanzministerium eine Expansion des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 3,2 bis 3,4 Prozent pro Jahr. Das würde genau der Entwicklung der letzten fünf Jahre vor Ausbruch der Epidemie entsprechen: Zwischen 2016 bis 2019 hatte das BIP durchschnittlich um 3,3 Prozent pro Jahr zugenommen.

Das Jahr 2021 verläuft ermutigend

Die bisher vorliegenden statistischen Angaben zur Wirtschaftsentwicklung 2021 zeigen nach oben. Im ersten Quartal 2021 erreichte die Wirtschaftsleistung in realen Preisen nahezu das Niveau des Parallelzeitraums 2020, also des letzten Vierteljahres vor der Krise. Das im zweiten Quartal 2021 erwirtschaftete Produkt wiederum übertraf das Niveau des Vorjahreszeitraums, in dem die Wirtschaftskrise ihren Höhepunkt erreichte, um 16,6 Prozent.

Die Bruttoanlageinvestitionen lagen in der ersten Jahreshälfte 2021, in realen Preisen und saisonbereinigt, um 3,5 Prozent über dem Niveau des Gesamtjahres 2019. Die Industrieproduktion, die selbst im Krisenjahr 2020 real um 2,2 Prozent expandieren konnte, lag im ersten Halbjahr 2021, auf das Gesamtjahr hochgerechnet und saisonbereinigt, um 1,8 Prozent über Vorjahresstand.

Der Hightech-Sektor und damit der Hauptwachstumsmotor der israelischen Wirtschaft rüstet sich für einen neuen Boom. Im ersten Halbjahr 2021 lag die Kapitalaufnahme der israelischen Hightech-Firmen laut einem Bericht der auf den Wagniskapitalmarkt spezialisierten Wirtschaftsforschungsfirma IVC bei 11,9 Milliarden US-Dollar (US$). Das war mehr als im Gesamtjahr 2020 mit 10,3 Milliarden US$ verbucht werden konnte – und zwar nachdem die Kapitalaufnahme des Hightech-Sektors auch 2020 trotz der Coronakrise deutlich gestiegen war. Damit hat die israelische Hochtechnologie gute Chancen, in den kommenden Jahren kräftig zu Wirtschaftsentwicklung des Landes beizutragen.

Einfuhren steigen wieder

Die robuste Wirtschaftserholung ist auch für Israels Geschäftspartner im Ausland von Interesse, da die Importe ebenfalls wieder anziehen. War die Wareneinfuhr 2020 in laufenden Sonderpreisen um 14,2 Prozent zurückgegangen, so zog sie in den ersten sieben Monaten 2021 gegenüber dem Parallelzeitraum des Vorjahres um 16,2 Prozent an. Damit wurde das Vorkrisenniveau wieder erreicht.

Bei der Einfuhr aus Deutschland dürfte der im letzten Vorkrisenjahr verzeichnete Wert im Gesamtjahr 2021 sogar überschritten werden. Ging die israelische Einfuhr aus der Bundesrepublik 2020 um 7,1 Prozent auf etwas mehr als 3,7 Milliarden US$ zurück, so nahmen die Warenbezüge aus Deutschland in den ersten sieben Monaten 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 32,8 Prozent zu. Besonders ausgeprägt ist diese Erholung bei Fahrzeugen (HS-Abschnitt XVII), bei denen im Vorjahr ein schwerer Einbruch verzeichnet werden musste. Deutlich nimmt auch die Einfuhr deutscher Maschinen und Ausrüstungen (HS-Abschnitt XVI) zu, bei der 2020 ebenfalls ein dramatischer Rückgang hingenommen werden musste.

Arbeitslosigkeit bleibt erhöht

Die Erholung der Wirtschaftstätigkeit bedeutet indessen nicht, dass die Krise keine längerfristigen Schäden angerichtet hätte. Das kommt nicht zuletzt in der Beschäftigungsstatistik zum Ausdruck.

Die sogenannte breite Arbeitslosigkeit ist gegenüber der 2020 im Jahresdurchschnitt zu verbuchender Quote von 15,9 Prozent zwar zurückgegangen, bleibt aber 2021 laut einer Schätzung der Zentralbank mit 10,8 Prozent noch immer hoch. Als breite Arbeitslosigkeit wird die Zahl der Arbeitslosen definiert, die Arbeit suchen, zuzüglich derjenigen, die die Suche wegen der Coronakrise aufgegeben haben. Für das Jahr 2022 erwartet die Bank einen Rückgang dieser Kennziffer auf 6,4 Prozent. Das wäre noch immer deutlich mehr als die vor Beginn der Krise herrschende Arbeitslosigkeit.

Schwerpunkte der Unterbeschäftigung sind das Hotel- und Gaststättengewerbe. Das anhaltende nahezu vollständige Ausbleiben des aus dem Ausland ankommenden Tourismus hat sowohl der Hotelbranche als auch der Luftfahrt große Schäden zugefügt.

Die Einnahmen der Hotels von ausländischen Touristen werden 2021 voraussichtlich nur 3 bis 4 Prozent des Standes von 2019 betragen. Dafür bietet auch die zunehmende Erholung des Binnentourismus keinen Ausgleich. Das Überleben der Luftfahrtbranche wiederum gilt ohne massive staatliche Hilfe als gefährdet.

Sektorale Probleme sind keine Gefahr für die Gesamtwirtschaft

Auf der anderen Seite sollten solche Schwierigkeiten nicht überbewertet werden. Eine ernste gesamtwirtschaftliche Krise ist ihretwegen nicht zu erwarten. Die schwere Lage der zivilen Luftfahrt stellt allerdings nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein strategisches Problem dar. Das Fortbestehen einheimischer Luftfahrtgesellschaften gilt als für den Konflikt- und Kriegsfall unbedingt nötig, damit Israel nicht von der Außenwelt abgeschnitten wird. Deshalb ist zu erwarten, dass der Staat zugunsten der dieser Branche nolens volens in die Tasche greifen wird.

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