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JapanWasserstoff / Energie, übergreifend
Special Japan Wasserstoff
Einige Unternehmen haben in Japan bereits seit vielen Jahren in Wasserstofftechnologien investiert. Die Geschäftsmodelle nehmen nun konkrete Formen an.
04.05.2020
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Japan baut an der Grundstruktur einer Wasserstoffwirtschaft. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit verschiedener Akteure erforderlich, um die technologischen Voraussetzungen zu schaffen, die Kosten zu reduzieren, die Finanzierung zu sichern und den gesetzlichen Förderrahmen zu etablieren.
Der Staat unterstützt die Entwicklung mit seiner Hydrogen-Strategie. Die großen Investitionen werden jedoch von Unternehmen in Japan gestemmt, die an machbaren Lösungen arbeiten. Dabei wird versucht, alle Bereiche von Produktion, Speicherung, Distribution bis hin zu Anwendungen abzudecken. Einige Unternehmen tauchen in den verschiedenen Initiativen als Hauptakteure immer wieder auf, wie Kawasaki Heavy Industries Ltd., Iwatani Corporation, JXTG Nippon Oil & Energy Corporation, Chiyoda Corp., Toyota Motor Corporation, Honda, Panasonic sowie verschiedene Energieversorger und Handelshäuser.
Wichtige Knackpunkte der Wasserstoffwirtschaft bestehen darin, die Erzeugungskosten von Hydrogen und der Anwendungsausrüstung zu senken, um einen Massenmarkt zu erzeugen. Mit entsprechenden Produkten und Lösungen sollen japanische Unternehmen dann auch im Ausland profitable Geschäftsaktivitäten entwickeln, beispielsweise in Form des Verkaufs von Brennstoffzellenfahrzeugen, Turbinen, Antriebslösungen, Elektrolyseanlagen etc. Laut einer Anfang 2020 veröffentlichten Studie von Hydrogen Council und McKinsey sollen die Kosten für Wasserstoffanwendungen bis 2030 um etwa 50 Prozent sinken und diese damit auch ohne Subventionen wettbewerbsfähig machen.
Einige Projekte sind bereits aktiv oder in der Ausarbeitung. Erwähnt wurden oben die Pilotprojeke in Fukushima und Kobe. Bei beiden ist die staatliche New Energy and Industrial Technology Development Organization zusammen mit privaten Unternehmen aktiv, wie Kawasaki Heavy Industries und Iwatani Corporation. In dem 1-Megawatt-Ko-Generation-Kraftwerk in Kobe wird ein Gemisch von Wasserstoff und Erdgas mittels der Technologie von Kawasaki Heavy Industries genutzt. In Zukunft soll rein auf Wasserstoff gesetzt werden.
Als Ausrüster von solchen Turbinen hat sich unter anderem auch die Mitsubishi Hitachi Power Systems (MHPS) ein neues Geschäftsfeld geschaffen. In den Niederlanden arbeitet MHPS an einem Kraftwerksprojekt mit, das Elektrizität aus 100 Prozent Wasserstoff erzeugen soll. Für den Einsatz im Transportsektor hat Toshiba Energy Systems & Solutions Corporation ein Brennstoffzellensystem entwickelt, das mittlerweile in verbesserter und verkleinerter Form vorliegt. Dieses 30-Kilowatt-System kann auf Schiffen, in Lkw und in Zügen eingesetzt werden.
Wertschöpfungsketten bestehen beispielsweise schon im Automobilbereich. In der Toyota-Gruppe wird von Brennstoffzellen bis zum fertigen Fahrzeugmodell in Form des Mirai alles hergestellt. Weit fortgeschritten ist der Einsatz von stationären Brennstoffzellen als einer vielseitigen Form der Energienutzung und -speicherung für den dezentralen Einsatz. Hier ist Panasonic einer der Hauptanbieter von Brennstoffzelleneinheiten, die Gebäude mit Strom und Wärme versorgen können. Von diesen als „Ene-Farm“ bezeichneten Einheiten waren bis Ende 2018 bereits circa 260.000 im Einsatz. Bis 2030 sollen es 5,3 Millionen Einheiten werden.
In großem Maßstab lässt gegenwärtig Tokyo von privaten Entwicklern auf 18 Hektar ein Stadtteilprojekt, genannt Harumi FLAG, umsetzen, das eine Wasserstoffinfrastruktur für ein integriertes System der Energieversorgung und der Betankung von Brennstoffzellenbussen und -Pkw bieten wird. Dieses soll vorerst als Olympisches Dorf dienen und bis 2024 zu einem Modell für eine Wasserstoffgesellschaft mit über 5.000 Wohneinheiten ausgebaut werden. Weitere integrierte Projekte werden in anderen Landesteilen geprüft, sowohl unterstützt vom Ministry of the Environment als auch auf Unternehmensinitiative, wie beispielsweise in der Chubu-Region.
Von deutscher Seite ist unter anderem thyssenkrupp mit der Tochterfirma Uhde Chlorine Engineers Japan vor Ort aktiv. Sie haben erste (Pilot)-Anlagen mit einer Elektrolysetechnologie geliefert, die die großtechnische Produktion von Wasserstoff aus Strom verbessert. Linde arbeitet mit Iwatani im Bereich Wasserstofftankstellen zusammen. BMW kooperiert mit Toyota bei Brennstoffzellenautos. Sehr aktiv in den verschiedenen Initiativen in Japan ist auch das französische Unternehmen Air Liquide, wie auch eine Reihe anderer Unternehmen aus Europa.
Das Marktforschungsunternehmen Fuji-Keizai prognostiziert in seinem Future Outlook for Fuel Cell-Related Technology and Market in 2018, dass der globale Markt für Brennstoffzellen zwischen 2018 und 2030 von 2 Milliarden auf 44,4 Milliarden US-Dollar (US$) steigen wird. Darunter werden Straßenfahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb ein Marktvolumen von etwa 19,1 Milliarden US$ erreichen, gefolgt von Transport und Logistik, mit Lkw, Bussen und Gabelstaplern mit 13,1 Milliarden US$.
Brennstoffzellen für stationäre und mobile Energiespeicher sollen auf 6,4 Milliarden US$ kommen, wohingegen der Industriesektor sich mit einer Größenordnung von 5,1 Milliarden US$ eher verhaltener entwickeln wird. Diese Prognose für verschiedene Sektoren dürfte auch in Japan eine ähnliche Entwicklung vermuten lassen, nicht zuletzt wegen der Schwerpunktsetzung in der Hydrogen-Strategie.
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