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Special Kasachstan Konnektivität

Kasachstan diversifiziert seine Stromversorgung

Um seine Abhängigkeit von Öl und Kohle zu verringern, sucht Kasachstan ausländische Investoren in nachhaltige Stromerzeugung. Diese müssen Wagemut mitbringen.

Von Lukas Latz | Berlin

Kasachstan ist stark abhängig von fossilen Energien. Mehr als drei Viertel der jährlichen Exporte sind mineralische Rohstoffe. Nach Angaben des staatlichen Energieversorgers KEGOC stammen 90 Prozent des landesweit produzierten Stromes aus fossilen Energiequellen.

Allein drei Kohlekraftwerke stehen in Almaty, dem wirtschaftlichen Zentrum des Landes. In den Wintermonaten übersteigt die Feinstoffbelastung regelmäßig Normen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das hat auch Folgen für die Gesundheit der Stadtgesellschaft: Bei einem TEDx-Talk in Almaty erklärte Nasiba Bajmatova, Chemikerin beim staatlichen Laboratorium „Ecology of Biosphere“, dass jeder dritte Bewohner der Zwei-Millionen-Einwohner-Stadt an Atemwegserkrankungen leidet.

Auch in anderen Städten wie etwa in Ust-Kamenogorsk, das stark von Metallurgie geprägt ist, hat die Verbrennung von Kohle mit besonders hohem Aschegehalt dokumentierte Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung. Auch um diese Probleme zu lösen, will Kasachstan Solar- und Windparks aufbauen.

Kasachstan braucht für die Energiewende Wissens- und Technologietransfer 

Kasachstan will CO2-Emissionen senken. Im Dezember 2020 kündigte Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew an, dass Kasachstan bis 2060 CO2-neutral werden soll.

Im Mai 2021 verschärfte Tokajew zudem die mittelfristigen Ausbauziele des Landes für erneuerbare Energien: Bis 2030 sollen 15 Prozent des kasachischen Stromes aus Fotovoltaik und Windkraft produziert werden. Aktuell sind es rund drei Prozent.

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Wie gestaltet sich die Energiewende in einer Volkswirtschaft, die stark von fossilen Energieträgern abhängt und in der es wenig verarbeitende Industrie und wenig Technologie-Knowhow gibt?

Seit den frühen 2010er Jahren wirbt Kasachstan um ausländische Direktinvestitionen, die Wind- und Solarparks aufbauen. Der erste große Solarpark wurde 2014 in Burnoe fertiggestellt. Zu den Pionieren der Erneuerbare-Energie-Infrastruktrur gehört auch das baden-württembergische Familienunternehmen Goldbeck Solar.

Die folgende Analyse nimmt das erste kasachische Investitionsprojekt von Goldbeck Solar in den Blick: den Aufbau des 100-Megawatt-Solarparks in Saran, der sich auf einer Steppenfläche von 20 Quadratkilometern in der Nähe der Metropole Karagandy erstreckt. Die Studie folgt den einzelnen Projektschritten: vom Erwerb der Projektrechte, über die Lieferung der Technologie aus Westeuropa und aus China, über die Montage bis zur Strukturierung des Kredits.

Herausforderungen auf dem kasachischen Erneuerbare-Energien-Markt im Überblick

Wenn man mit den Ingenieuren, Projektmanagern und Logistikern spricht, die an der Investition in Saran beteiligt waren, kommt man zu folgenden Schlussfolgerungen:

  1. Fotovoltaik zählt zwar längst nicht mehr als Hightech, doch die ersten Pionierprojekte großer Solarparks in der kasachischen Steppe waren dennoch eine Herausforderung. Es mussten technische Lösungen gefunden werden, um die Anlagen vor starken Temperaturunterschieden zu schützen. Noch vor drei oder vier Jahren war es nicht abzusehen, wie zuverlässig die Technik unter den klimatischen Bedingungen in der kasachischen Steppe funktionieren würde.
  2. Die Einfuhr neuer Technologie nach Kasachstan ist mit einem Länderrisiko verbunden. Im Rahmen des größeren Investitionsprojektes von Goldbeck Solar standen kasachische Behörden wie der Zoll und die Akimate (regionale Verwaltungen) immer wieder vor Aufgaben, mit denen sie keine Erfahrung hatten. Das kann zu langen Bearbeitungszeiten und zu Konflikten führen.
  3. Kommerzielle Banken vergeben keine Kredite für Investitionen in Erneuerbare-Energie-Projekte in Kasachstan und eine Finanzierung durch multilaterale Geber wie die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) kann womöglich erst im Lauf der Umsetzung des Projekts gesichert werden. Investoren brauchen daher Wagemut und viel Eigenkapital.

Die ersten Projektschritte: Machbarkeitsstudien und Abnahmeverträge

Zu den ersten Schritten der Projektentwicklung gehören Studien zu Verfügbarkeit und Qualität des Stromnetzes. Ein lokaler Projektentwickler suchte nach geeigneten Flächen. Dann schloss der Entwickler mit dem staatlichen Stromversorger KEGOC einen Vertrag darüber, dass KEGOC den produzierten Strom über 15 Jahre zu einem Standard-Einspeisetarif beziehen würde.

Der bis 2018 angewandte Standard-Einspeisetarif beträgt circa 11 US-Dollarcent pro Kilowattstunde. Wie auch die seitdem geltenden variablen Auktionstarife ist der Tarif zum Teil an den Kurs des US-Dollar (US$) und zum Teil an die Inflationsrate gekoppelt, um Währungsrisiken auszugleichen.

Olga Kovalchuk, Senior Investment Managerin bei Goldbeck Solar erklärt, dass Goldbeck Solar in das Projekt eingestiegen ist, als die ersten Entwicklungsschritte bereits getan waren: „Die Projektrechte haben wir im Sommer 2018 von einem lokalen Projektentwickler erworben. Zu diesem Zeitpunkt war der Stromliefervertrag bereits unterzeichnet."

Der Vertrag sah eine Frist für den Beginn der Montage und den Netzanschluss vor. "Der Bau des Solarparks konnte von Goldbeck Solar in nur sechs Monaten abgeschlossen werden, sodass der Park termingerecht in Betrieb gehen konnte“, sagt Kovalchuk.

Der fertige 100-Megawatt-Solarpark ging im Januar 2019 ans Netz. Mittlerweile ist Goldbeck Solar der größte ausländische Fotovoltaik-Investor in Kasachstan. Seit Juni 2019 betreibt die Firma einen weiteren Solarpark in Akadyr, der im Folgejahr noch einmal deutlich vergrößert wurde.

Aus einer Datenbank der EBRD geht hervor, dass Goldbeck Solar plant, bis zu 169 Millionen US$ in Kasachstan zu investieren. Auf Nachfrage erklärte Goldbeck Solar, dass Informationen über die exakten Investitionssummen vertraulich seien.

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