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Projektaufschub bremst Baubranche. Öl- und Gassektor verbucht Ausgabenkürzungen. Umfangreicher Ausbauplan für LNG soll noch Ende 2020 starten. (Stand: 15. November 2020)
Von Heena Nazir | Dubai
Mit einem Anteil am BIP von 11 Prozent (2019) bleibt der Bausektor nach Öl und Gas der zweitwichtigste. Im Rahmen der Pandemie wurden Ausgaben gekürzt, Projekte aufgeschoben und es kam zu Verzögerungen bei der Projektübergabe. Für die WM-2022 sollen die geplanten Eröffnungstermine aber nicht gefährdet sein.Laut MEED Projects mildert sich die Situation für die Branche im 3. Quartal 2020. Die Neuvergabe liegt nur noch circa 20 Prozent unter der Vorjahresperiode (3. Quartal 2019), nach einem scharfen Einbruch in der ersten Jahreshälfte.
Im Vergleich zu den regionalen Konkurrenten hielt die Staatsfluglinie Qatar Airways (QA) ihren Flugbetrieb aufrecht. So wurden in der Hochphase der Pandemie im Zeitraum Mitte Februar bis Mitte April 2020 mehr als 1 Million Passagiere befördert. QA betreibt darüber hinaus circa 100 Frachtflüge täglich. Die Einreise in das Land ist weiterhin auf Staatsbürger und Einwohner (Residents) beschränkt. Wann die reguläre Einreise in das Land und der umfängliche kommerzielle Flugverkehr wieder aufgenommen werden kann, steht noch aus. Mit der Öffnung für Touristen fliegt regional beispielsweise Dubais Fluglinie Emirates seit dem 7. Juli 2020 wieder regulär.
Auch QA kommt um drastische Kostensparprogramme nicht herum. Firmenangaben zufolge wurden die Grundgehälter ab dem mittleren Management und darüber für 3 Monate um 50 Prozent gekürzt. Mitte April 2020 konnte sich QA frisches Kapital durch einen Finanzierungsvereinbarung mit der irischen Standard Charter über 850 Millionen US$ sichern. 2 Milliarden US$ an Staatshilfe wurden schließlich im September 2020 bereitgestellt. Bereits im Jahr 2019 verbuchte das Staatsunternehmen ein deutliches Minus.
In der neusten Prognose der International Air Transport Association’s (IATA) vom 21. Oktober 2020 wird von einem deutlicheren Einbruch des regionalen Passagieraufkommens für 2020 ausgegangen. Anstatt der bisherigen Prognose von Minus 55 Prozent im Vergleich zu 2019 wird nun von einer Schrumpfung von 70 Prozent ausgegangen. Eine Erholung der Passagierzahlen auf Vorkrisenniveau wird erst für Ende 2024 prognostiziert.
Neben dem Ölpreisverfall wird Katar stärker vom Verfall des LNG-Preises getroffen. Der Anteil von LNG an den Gesamtexporten in Katar betrug im Jahr 2019 mehr als 60 Prozent. Da es aber bereits vor dem aktuellen Ölpreisverfall ein Überangebot an LNG gab, bleibt die Lage angespannt. Dem Analyseinstitut Bernstein Research zufolge befinden sich weltweit 20 LNG-Großanlangen für den Export in Planung. Katars geplanter Kapazitätsausbau von aktuell 77 Millionen auf 110 Millionen Tonnen pro Jahr bis 2025 ist nicht nur das weltweit größte, sondern auch das einzige Projekt, welches bei dem anhaltend niedrigen Niveau rentabel wäre. Katar kann vergleichsweise kostengünstig produzieren.
Die staatliche Qatar Petroleum (QP), welche für das LNG-Großprojekt verantwortlich ist, hält weiterhin am vollen Projektumfang fest. Einzig soll eine Verschiebung des Produktionsbeginns um 6 Monate erfolgen, von 2024 auf 2025. Laut MEED Projects wird die Vergabe für das zentrale Projekt LNG Processing Trains mit einem Gesamtwert von 20 Milliarden US$ für Ende 2020 erwartet.
Auch QP kommt um ein Kostenreduzierungsprogramm nicht umher. Im April und Mai 2020 wurden erste Entlassungen und Sparmaßnahmen durchgeführt. Das Unternehmen stellt sich auf längerfristig niedrige Preise ein und so wurde Ende Mai 2020 bekanntgegeben, dass die Ausgaben für Neuinvestitionen und für den Betrieb um 30 Prozent gesenkt werden sollen.