Die Weltbank sieht Kenia im Jahr 2021 als Wachstums-Champion in Subsahara-Afrika. (Stand: 17. Februar 2021)
Gute Aussichten für eine wirtschaftliche Erholung
Die Einschätzungen für Kenias Wirtschaft im Jahr 2021 fallen sehr unterschiedlich aus. Einig sind sich die Experten darin, dass das Jahr 2021 deutlich besser ausfallen wird als das Vorjahr, in dem die Wirtschaft des ostafrikanischen Landes eine Rezession erlitten hat. Sehr optimistisch ist die Weltbank. In ihren im Januar 2021 veröffentlichten „Global Economic Perspectives“ geht die multilaterale Geberorganisation von einem realen Wachstum des Bruttoninlandsprodukts (BIP) in Höhe von 6,9 Prozent aus. Das ist die mit Abstand höchste Wachstumsprognose, die die Weltbank einem Staat Subsahara-Afrikas zutraut. Die meisten anderen Prognosen sind deutlich zurückhaltender. So erwartet die Economist Intelligence Unit (EIU) ein BIP-Wachstum in Höhe von 2,1 Prozent. Das wäre für ein Entwicklungsland wie Kenia ein geringes Wachstum, welches dauerhaft nicht ausreichen würde, um die Lebensverhältnisse der überwiegend armen Bevölkerung spürbar zu verbessern.
Infektionszahlen pendeln sich auf niedrigem Niveau ein
Positiv auf die Wirtschaft dürfte sich das gegenwärtig geringe Infektionsgeschehen auswirken. In den ersten Wochen des Jahres 2021 lag die Anzahl der täglich neu Infizierten mit um die 150 Fälle überraschend niedrig, nachdem kurz vor Weihnachten die zweite Infektionswelle für Unsicherheit sorgte. Eine Verschärfung der Lockdown-Maßnahmen ist derzeit nicht im Gespräch. Bereits im Juli 2020 wurden die meisten Einschränkungen bei der Einreise und Bewegung in Kenia deutlich zurückgefahren. Die Bemühungen der Regierung konzentrieren sich derzeit auf die Sicherung einer möglichst hohen Menge an Impfstoffen auf dem internationalen Markt. Über die COVAX, eine Initiative der Weltgesundheitsorganisation, bestellte Kenia eine Menge von 24 Millionen Impfdosen, die ab Februar portionsweise geliefert werden dürften.
Hoch verschuldeter Staat will Steuern erhöhen
Das wirtschaftliche Umfeld bleibt schwierig. Negativ wirkt sich nicht nur die pandemiebedingt unsichere Weltkonjunktur auf die kenianische Wirtschaft aus, sondern auch hausgemachte Probleme. Die in den letzten Jahren stark gestiegene Staatsverschuldung engt den Spielraum für Maßnahmen der Regierung ein. Staatliche Investitionsprogramme können zwar weiterhin durchgeführt werden, jedoch ist der Spielraum dafür kleiner geworden. Der IWF hat im Februar bekanntgegeben, Kenia einen Kredit in Höhe von 2,4 Milliarden US-Dollar (US$) zu gewähren. Damit dürfte die Liquidität vorerst gesichert sein. Auch versucht der Staat, seine Einnahmen durch Steuererhöhungen zu steigern. So wird die im Jahr 2020 eingeführte Senkung der Mehrwert- (Value Added Tax) und Unternehmenssteuer (Corporate Tax) 2021 wieder rückgängig gemacht. Der Schritt erscheint logisch, jedoch dürfte er den Unternehmen und Konsumenten dringend benötigtes Kapital entziehen. Auch aufgrund der Steuererhöhung erwarten Experten 2021 eine Inflation von mehr als fünf Prozent.
Private Investoren dürften sich vorerst zurückhalten
Die Aussichten für private Investitionen sind von Sektor zu Sektor unterschiedlich. Insgesamt dürften sie aber vorerst gering bleiben. Das liegt nicht alleine an den Auswirkungen der Pandemie sondern auch an den für das Jahr 2022 geplanten Präsidentschaftswahlen, in deren Vorfeld sich Investoren generell abwartend verhalten. In einigen Branchen dürfte es liquiditätsbedingt zu Firmenpleiten kommen, insbesondere im Dienstleistungssektor. Eine der am härtesten getroffenen Branchen ist der für Kenia wichtige Tourismus. Bis Besucher wieder in größerer Zahl anreisen dürfen, dürfte noch längere Zeit vergehen; möglicherweise erst in der zweiten Jahreshälfte 2021. Aufgeschoben wurde auch das lange geplante Milliarden-US-Dollar-Ölprojekt am Turkana-See von einem internationalen Firmenkonsortium. Andere Sektoren wie die exportorientierte Landwirtschaft (Schnittblumen, Avocados, Kaffee, Tee etc.) sowie Teile der lokalen Nahrungsmittelindustrie erholten sich im Jahresverlauf 2020 hingegen schnell.
Deutsche Unternehmen sehen langfristiges Potenzial des Marktes
Die in Kenia ansässigen deutschen Unternehmen hoffen, dass sie die Krise irgendwie überstehen werden. Je nach Branche trifft sie die Pandemie unterschiedlich hart. Die meisten Firmen betreiben Vertriebsniederlassungen in Nairobi für aus Deutschland importierte Produkte. Bislang stellt kein Unternehmen seine Aktivitäten in der Region wegen der Corona-Pandemie grundsätzlich in Frage. Dafür ist Kenia mit seiner Funktion als Drehscheibe innerhalb Ostafrikas zu wichtig. Gleichwohl gibt es derzeit kaum Meldungen über geplante Neuansiedlungen von deutschen Firmen.
Online-Meetings ersetzen vorübergehend Geschäftsreisen
Weiter auf niedrigem Niveau bewegt sich der Geschäftstourismus zwischen Europa und Kenia, was weniger an fehlenden Flugverbindungen liegt, sondern mehr an den Einschränkungen im Rahmen der Reise. Insbesondere die Quarantänepflicht bei der Einreise nach Deutschland schreckt die Meisten ab. Stattdessen halten sich die Unternehmen über Online-Kontakte auf dem Laufenden. So stoßen Webinare und virtuelle Messen zu Kenia und Ostafrika auf reges Interesse. Für praktische Informationen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise in Kenia ist die AHK Östliches Afrika eine gute Informationsquelle. Sie bietet unter anderem Webinare zu verschiedenen wirtschaftlichen und arbeitsrechtlichen Aspekten in diesem Umfeld an.
Von Carsten Ehlers
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Nairobi