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Aerial view of Rijeka, Croatia | © Getty Images / Spanic

Special Kroatien Wege aus der Coronakrise

Kroatische Wirtschaft wächst wieder

Die Wirtschaft des Landes gehört zu den am stärksten wachsenden in Europa. Impulse kamen vom Tourismussektor. 

Von Waldemar Lichter | Zagreb

  • Konjunktur und wichtigste Branchen

    Außer von der Coronapandemie ist Kroatien auch von zwei schweren Erdbeben heimgesucht worden. Der Tourismus lässt die Wirtschaft jetzt wieder wachsen. (Stand: 23. Oktober 2021)

    Der erste bestätigte Fall einer Coronavirusinfektion wurde in Kroatien am 25. Februar 2020 gemeldet. Daraufhin wurde am 11. März 2020 der Epidemienotstand ausgerufen. Ab Ende April 2020 konnten die Einschränkungen im öffentlichen Raum nach und nach gelockert werden.

    Der Coronakrisenstab der Regierung hat nach der Ausrufung des Notstandes die Gegenmaßnahmen immer weiter verschärft. Nach dem Erdbeben am 22. März 2020 wurde die Bewegungsfreiheit zusätzlich auf den Wohnsitz eingeschränkt.

    Das entschlossene Vorgehen des Krisenstabs mit Innenminister Davor Božinović und Gesundheitsminister Vili Beroš an der Spitze kam bei der Bevölkerung gut an. Die Zahl der Neuinfektionen ging in der Folgezeit wieder zurück.

    Die dadurch möglich gewordenen schrittweisen Lockerungen der Einschränkungen des öffentlichen Lebens wurden jedoch durch neue Pandemiewellen mit heftig steigenden Infektionszahlen zunichtegemacht. Das öffentliche Leben, die Bewegungsfreiheit, darunter auch die Einreise nach Kroatien, mussten wieder eingeschränkt werden. Da die kroatische Wirtschaft stark vom Tourismus abhängig ist, hat die Regierung nach Wegen gesucht, wenigstens Touristen aus den wichtigsten Herkunftsländern die Einreise zu ermöglichen.

    Corona bremste die Konjunktur aus

    Die Coronapandemie hat nicht nur im gesellschaftlichen Leben, sondern vor allem auch in der Wirtschaft tiefe Spuren hinterlassen. Verantwortlich dafür waren weniger staatlich verordnete Einschränkungen, sondern eher die weggebrochene Nachfrage. Der Konsum ging zurück, Investitionen - auch die ausländischer Unternehmen in Kroatien - wurden angesichts der Krise gebremst oder auf den Prüfstand gestellt, Aufträge aus dem Ausland blieben aus.

    Die Folge war eine schwere Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) brach 2020 nach Angaben des kroatischen Statistikamtes (DZS) real um 8,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr ein – der stärkste Rückgang seit 1993. Der durch Corona verursachte Einbruch war sogar stärker als 2009, dem Jahr der globalen Finanzkrise. Damals war das kroatische BIP um 7,3 Prozent zurückgegangen. 

    Premierminister Andrej Plenković bezifferte die Kosten der Pandemie auf 4,5 Milliarden Euro oder 20 Prozent des Staatshaushalts. Hinzu kämen die schweren Schäden, die 2020 von zwei starken Erdbeben verursacht wurden. Diese werden auf 16,9 Milliarden Euro geschätzt.

    Vor allem wegen der überraschend guten Touristiksaison hat die Konjunktur schneller und kräftiger Schritt gefasst, als zunächst prognostiziert. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet in seiner Oktober-Prognose für 2021 mit einem BIP-Plus von 6,3 (April-Prognose: 4,7) Prozent und für 2022 mit 5,8 (5) Prozent. Nach Berechnungen des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) gehört die kroatische Wirtschaft derzeit zu den am stärksten wachsenden in Mitteleuropa.

    Hoher Anteil des Tourismussektors problematisch

    Der hohe Anteil der Tourismusbranche am kroatischen BIP von rund einem Fünftel und die damit verbundene hohe Abhängigkeit von Einnahmen aus diesem Sektor waren einer der wichtigsten Gründe für den starken Einbruch der Wirtschaftsleistung 2020. Die Einschränkungen der Reise- und Bewegungsfreiheit haben die Gäste- und Übernachtungszahlen auf den niedrigsten Stand seit rund zwanzig Jahren einbrechen lassen.

    Enorme Verluste im Hotelgewerbe und in anderen Unternehmen der Tourismusbranche waren unausweichlich. Damit verbunden war ein starker Rückgang der Investitionen in der Branche. Rund 90 Prozent der Vorhaben wurden gestoppt oder warten auf eine Erholung des Tourismusmarktes.

    Doch nicht nur der Tourismus, auch andere Branchen haben unter der Coronakrise gelitten. Dazu gehören sowohl die, die von der Nachfrage auf dem Binnenmarkt leben, wie etwa die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, der Dienstleistungssektor (Gastronomie, Tourismusdienstleistungen) und die Bauwirtschaft. Aber auch Zweige, die zu einem beträchtlichen Teil vom Export abhängig sind, wie zum Beispiel die Holzindustrie, spüren die Folgen der Epidemie.

    Kroatische Unternehmen erleiden Verluste

    Einer Umfrage der Kroatischen Wirtschaftskammer (HGK) zufolge haben mit dem Beginn der Coronakrise rund 80 Prozent der Unternehmen mit Verlusten gerechnet. Etwa 6 Prozent der kleinen und 3 Prozent der großen Firmen gaben an, bei Fortdauer der Krise schließen zu müssen.

    Mit dem Beginn der Pandemie gerieten auch die Mitgliedsunternehmen der Deutsch-Kroatischen Industrie- und Handelskammer (AHK Kroatien) zunehmend in Schwierigkeiten. Knapp ein Drittel der im Frühjahr 2020 befragten Mitgliedsfirmen rechneten mit Umsatzrückgängen von über 50 Prozent, rund 78 Prozent der Unternehmen verzeichneten eine sinkende Nachfrage und 43 Prozent klagten über fehlende Waren und Dienstleistungen. Die AHK informiert auf ihrer Sonderseite über aktuelle Entwicklungen.

    Von Waldemar Lichter | Zagreb

  • Konjunktur- und Hilfsprogramme

    Die kroatische Regierung hat angesichts der verbesserten Epidemielage die Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung geändert. (Stand: 21. Oktober 2021)

    Die seit Oktober 2020 geltenden Lohnbeihilfen wurden Anfang Juli 2021 stark gestrafft. Sie sind nur noch für einige wenige von der Krise stark betroffene Branchen vorgesehen. Dabei hängt die Förderfähigkeit jeweils von der im Unternehmen erreichten Impfquote ab.

    Die Subvention kann gegenwärtig bei einem Umsatzeinbruch von mindestens 40 Prozent beansprucht werden. Abhängig von der Höhe des Umsatzverlustes kann der monatliche Zuschuss umgerechnet 264 Euro bis höchstens 528 Euro pro Person ausmachen. Bezuschusst werden auch die darauf anfallenden Sozialversicherungsbeiträge. Diese Hilfsmaßnahme gilt auch für selbständig Beschäftigte.

    Weggefallen ist inzwischen die Teilerstattung der fixen Betriebskosten, die seit Dezember 2020 zur Linderung der Folgen der verordneten Betriebsschließungen im Dienstleistungssektor in Kraft war. Andererseits werden im 2. Halbjahr 2021 circa 20 Millionen Euro als Einmalzahlung an kleine Reiseveranstalter und Dienstleister in der Kreativwirtschaft vergeben. Obgleich sie zu keiner Betriebsschließung gezwungen wurden, konnten sie wegen der allgemeinen Einschränkungen im öffentlichen Raum nicht arbeiten.

    Kurzarbeitergeld für Unternehmen wird bis Jahresende 2021 fortgeführt

    Die überwiegend auf die Bedürfnisse der verarbeitenden Industrie ausgerichtete Entschädigung für Kurzarbeit kann seit Anfang 2021 höchstens umgerechnet 475 Euro (zuvor 369 Euro) netto pro Person im Monat betragen. Der Staat trägt auch die anfallenden Sozialbeiträge. Dabei sind maximal 90 Prozent (zuvor 70 Prozent) der jeweiligen Arbeitszeit förderfähig. Nach wie vor gilt diese Hilfsmaßnahme für Unternehmen mit mindestens 10 Vollzeitbeschäftigten, die einen Umsatzrückgang von wenigstens 20 Prozent aufweisen.

    Beihilfen zur Arbeitsplatzsicherung gefragt

    Bis Mitte 2021 wurden an notleidende Unternehmen Lohnbeihilfen von insgesamt 2,3 Milliarden Euro ausbezahlt. Dabei werden auch Gelder aus der SURE-Fazilität der Europäischen Union eingesetzt.

    Programme für günstige Liquiditätskredite werden ausgebaut

    Für Maßnahmen zur Verbesserung der Liquidität von Unternehmen ist die Kroatische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Hrvatska banka za obnovu i razvitak; HBOR) zuständig. Sie wird mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet, um eine Kreditvergabe an Unternehmen zu ermöglichen. So wurden im Herbst 2020 zwei Verträge mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) unterzeichnet. Die Verträge stellen für kleine und mittelständische Unternehmen Darlehen über 240 Millionen Euro zur Bekämpfung der Krise bereit.

    Auch die Förderagentur für kleine und mittlere Unternehmen HAMAG-Bicro stellt seit Anfang Dezember 2020 Liquiditätsdarlehen (sogenannte Coronakredite) in Höhe von 172 Millionen Euro zu günstigen Bedingungen bereit. Die erste Tranche über 50 Millionen Euro war bereits im Frühjahr 2020 vergeben. Sonderförderprogramme wurden zuletzt für den Verkehrssektor (80 Millionen Euro) sowie die Kultur- und Kreativwirtschaft (40 Millionen Euro) aufgelegt.

    Informationen zu Liquiditätsmaßnahmen (Kredite, Kreditstundungen und -umschuldungen) sind bei der staatlichen Finanzagentur FINA abrufbar. In den Genuss der Hilfsmaßnahmen kommen alle in Kroatien registrierten Unternehmen, einschließlich Tochterfirmen deutscher Unternehmen.

    Neue Subventionen sollen Investitionen in der Industrie beschleunigen

    Im 2. Quartal 2021 wurden etwa 150 Millionen Euro aus dem Kriseninstrument der Europäischen Union (EU) REACT-EU ausgeschrieben. Dadurch werden Investitionsvorhaben von kleinen und mittelständischen Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe bezuschusst. Förderfähig sind vor allem Investitionen in energieeffiziente und moderne Produktion. Mehr Impulse erhofft sich die Wirtschaft von der Umsetzung des Nationalen Aufbau- und Resilienzplans Kroatiens von 2021 bis 2023, der Mitte Juli 2021 von der Europäischen Kommission genehmigt wurde. Kroatien stehen dafür aus dem Aufbaufonds Next Generation EU 9,9 Milliarden Euro zur Verfügung.

    Auch Tourismus und Landwirtschaft werden unterstützt

    Weitere Hilfsmaßnahmen wurden für besonders von der Coronakrise betroffene Zweige realisiert. So wurden im Tourismussektor nach dem Lockdown im Frühjahr 2020 temporär die Touristikgebühren (boravisna pristojba) ausgesetzt und die Konzessionsgebühren für Hotels und Campingplätze gesenkt. Auch der Bankensektor kam dem notleidenden Fremdenverkehr mit Kreditstundungen bis Mitte 2021 entgegen. Anfang 2021 hat die Europäische Kommission Subventionen von 202 Millionen Euro gewährt. Sie werden als Bürgschaften für Liquiditäts- und Investitionskredite dem Tourismus- und Sportsektor zugeführt.

    Im Agrarsektor gab es Fördermaßnahmen für die landwirtschaftliche Erzeugung und den Weinsektor (jeweils 7 Millionen Euro) sowie für die Einrichtung eines digitalen Marktplatzes. Im Herbst 2020 und Frühjahr 2021 wurden insgesamt 74 Millionen Euro an Liquiditätshilfen für Agrarbetriebe bereitgestellt.

    Stärker eingesetzt werden auch Gelder der EU und internationaler Geber. So hat die Weltbank Mitte Juni 2021 noch ein Darlehen in Höhe von 200 Millionen Euro für Liquiditätshilfen an Unternehmen gewährt. Die Entwicklungsbank des Europarates (CEB) hatte 2020 zur Bekämpfung der Covid-19-Folgen, darunter für die Beschaffung medizinischer Schutzausstattung, ein Darlehen in Höhe von 200 Millionen Euro bereitgestellt.

    Die im März und April 2020 beschlossenen Hilfsmaßnahmen hatten nach Berechnungen der kroatischen Nationalbank einen Umfang von 4,1 Prozent des für 2020 erwarteten Bruttoinlandsprodukts (BIP). Auf Maßnahmen zur Sicherung der Arbeitsplätze im 2. Quartal 2020 entfielen dabei rund 2 Prozent des BIP oder umgerechnet 950 Millionen Euro. Statt eines Überschusses, wie zunächst geplant, hat der Staatshaushalt 2020 infolge der Coronakrise mit einem Defizit von 7,4 Prozent des BIP abgeschlossen.

    Impfplan Kroatiens

    Kroatien konnte die für die Jahresmitte 2021 angepeilte Impfquote von 50 Prozent der Erwachsenenbevölkerung erst im frühen Herbst erreichen. Bis Mitte Oktober 2021 erhielten Angaben des European Centre for Disease Prevention and Control zufolge rund 54,7 Prozent der Erwachsenen die Erstimpfung und 51,4 Prozent eine zweite Dosis. Niedrigere Quoten wurden EU-weit nur in Rumänien und Bulgarien verzeichnet. Die Verabreichung einer dritten Impfdosis wird zunächst Bewohnern von Altersheimen, dem Pflege- und Gesundheitspersonal sowie immungeschwächten Menschen empfohlen.


    Überdurchschnittlich gute Impfergebnisse gibt es beim Gesundheitspersonal sowie bei Beschäftigten der Tourismusbranche. Niedrige Impfbereitschaft besteht in der Altersgruppe der unter 50-Jährigen. Die Immunisierung von Jugendlichen schreitet ab Herbst 2021 eher zögerlich voran. Dem Impfplan der Regierung zufolge wurde zuerst in den Hausarztpraxen sowie in den Grundversorgungsambulanzen auf Bezirksebene geimpft. Im Zuge der beschleunigten Impfstofflieferungen wurden seit Ende April 2021 Massenimpfzentren organisiert.

    Von Waldemar Lichter, Snjezana Buhin Peharec

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