Dieser Inhalt ist relevant für:
MexikoCoronavirus / Logistik, Speditionen / Transport und Logistik, übergreifend / Luftverkehr, Flughäfen / Schiffsverkehr, Häfen / Außenhandel, Struktur
Wirtschaftsumfeld
Special Mexiko Coronavirus
Die mexikanische Logistikwirtschaft erweist sich als krisenfest, an einigen Stellen gibt es jedoch Einschränkungen. (Stand: 16. Oktober 2020)
Von Florian Steinmeyer | Bonn
In Mexiko gibt es bisher keine coronabedingten Ein- oder Ausfuhrbeschränkungen bestimmter Güter. Allerdings ist sowohl an den Flughäfen als auch den Häfen mit längeren Wartezeiten zu rechnen. Zum 26. März wurde verfügt, dass Zollbehörden an den Seehäfen nur noch mit halber Kapazität arbeiten dürfen. Dies war laut der Verwaltungsgesellschaft des Hafens Veracruz nötig geworden, da der gesamte öffentliche Dienst auf Anordnung des Gesundheitsministeriums seine Arbeiten soweit wie möglich einschränken musste. Seit dem 1. Juni konnten die Kapazitäten an den Häfen wieder gesteigert werden. Entscheidend dafür ist der Status des Bundesstaates, in dem der betreffende Hafen liegt, im nationalen Ampelsystem.
Allerdings ist derzeit auch das Frachtaufkommen wesentlich niedriger als normalerweise, wodurch sich die geringeren Kapazitäten zum Teil wieder ausgleichen. Laut dem Verkehrsministerium SCT (Secretaría de Comunicaciones y Transportes) sank das Umschlagsvolmen an den Seehäfen des Landes von Januar bis August um 13 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Die Hafengesellschaften haben verschiedene Maßnahmen zum Schutz ihrer Mitarbeiter vor Ansteckung erlassen. Derzeit gibt es aber keine Anzeichen dafür, dass die Häfen schließen müssen oder ihre Abfertigungskapazitäten erheblich drosseln werden. Vertreter des Hafens Veracruz zeigten sich Mitte Juli optimistisch, dass es auch bei wieder anziehenden Warenströmen zu keinerlei Verzögerungen in der Abfertigung kommen wird.
Auch an der Grenze zwischen Mexiko und den USA kann es theoretisch zu längeren Wartezeiten kommen. Seit dem 21. März sind Übertritte zu touristischen Zwecken und für andere aufschiebbare Reisen untersagt. Seitdem wird die Lage jeden Monat neu überprüft und über die weitere Schließung bzw. eine Öffnung entschieden. Zuletzt einigten sich die Behörden der beiden Länder Mitte September darauf, die Schließung bis wenigstens 21. Oktober aufrecht zu erhalten. Da sich die Corona-Situation weder in den USA noch in Mexiko grundlegend bessert, ist es wahrscheinlich, dass die Grenze für Touristen auch darüber hinaus geschlossen bleibt. Der Warentransport ist davon zwar ausgenommen, jedoch sind für Lkw wegen der zusätzlichen Kontrollen ebenfalls längere Wartezeiten möglich. Bisher scheint sich diese Befürchtung aber noch nicht zu bestätigen.
In der Luftfracht von und nach Mexiko sind die potenziellen Einschränkungen größer als beim Seetransport. Zwar bestehen die Verbidungen der reinen Cargo-Anbieter uneingeschränkt weiter, aber es kann derzeit weniger Fracht in Passagiermaschinen transportiert werden. Speditionsfirmen gingen Mitte Juli davon aus, dass für Sendungen per Luft ein bis zwei Wochen zusätzlich zur normalen Transportdauer eingeplant werden müssen.
Einige Gesellschaften, darunter die Lufthansa und die größte mexikanische Fluglinie Aeroméxico, fliegen einige Ziele in Europa und Ostasien derzeit nicht an. Die Lufthansa öffnete die Verbindung Mexiko-Stadt - Frankfurt zum 4. Juni wieder, allerdings mit eingeschränkter Kapazität. Auch Aeroméxico nahm im Juni einige Verbindungen wieder auf. Abhilfe können zudem Sonderrouten schaffen. Laut Schätzungen des Exporteursverbands Index (Consejo Nacional de la Industria Maquiladora y Manufacturera de Exportación) werden unter normalen Umständen 40 bis 45 Prozent der Luftfracht von und nach Mexiko in Passagierflugzeugen befördert.
Neben den Corona-Auswirkungen treibt die im- und exportierenden Unternehmen ein weiteres Thema um. Mitte Juli ordnete Staatspräsident Andrés López Obrador an, dass Soldaten des Verteidigungs- sowie des Marineministeriums die Zollpunkte an den Landgrenzen und Häfen überwachen. López Obrador argumentiert, dass dadurch die grassierende Korruption in der Zollverwaltung vermindert werden könne. Im Fall der Häfen ist sogar geplant, die dortige Zollabwicklung komplett dem Marineministerium zu unterstellen. Der Senat verweigerte dieser Neuregelung Mitte Oktober jedoch seine Zustimmung und will zunächst Experten und die Zivilgesellschaft konsultieren. Der Außenhandelsverband Comce (Consejo Empresarial Mexicano de Comercio Exterior, Inversión y Tecnología) spricht sich klar gegen die Zuständigkeit des Militärs bei Zollangelegenheiten aus, da den Verantwortlichen die notwendige Erfahrung fehle und es dadurch zu längeren Wartezeiten kommen könne.
Die Scotiabank ging Anfang Oktober davon aus, dass die Ausfuhren Mexikos 2020 um 13,6 und die Einfuhren um 16,5 Prozent einbrechen werden. Da die Auswirkungen der Pandemie auch im kommenden Jahr zu spüren sein werden, ist mit einer schnellen Rückkehr auf das Vorkrisenniveau nicht zu rechnen: Die Exporte werden 2021 laut gleicher Quelle lediglich um 6,2 und die Importe um 12,9 Prozent zulegen. Allerdings sind nicht alle Produkte und Sparten gleichermaßen betroffen. Der Landwirtschaftsverband CNA (Consejo Nacional Agropecuario) etwa geht davon aus, dass die Ausfuhren landwirtschaftlicher Produkte 2020 auf ein Rekordhoch von rund 40 Milliarden US-Dollar (US$) steigen und somit um knapp 6 Prozent über dem Vorjahreswert liegen werden. Auch der Onlinehandel gilt als Gewinner der Pandemie.
Dieses Fragment können Sie in folgenden Kontexten finden: