Dieser Inhalt ist relevant für:
NeuseelandCoronavirus / Konjunktur
Wirtschaftsumfeld
Special | Neuseeland | Coronavirus
Die neuseeländische Regierung forciert den Infrastrukturausbau. Unternehmen profitieren von Liquiditätshilfen und steuerlichen Erleichterungen. (Stand: 11. Januar 2021)
Von Heiko Stumpf | Sydney
Insgesamt stellt die neuseeländische Regierung im Rahmen ihrer Covid-19-Maßnahmen rund 40 Milliarden US-Dollar (US$, rund 62 Milliarden Neuseeland-Dollar, $NZ, 1 NZ$ = 0,6398 US$) bereit. Dies entspricht etwa 20 Prozent des neuseeländischen Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Kernstück ist der mit dem Staatshaushalt 2020/21 (Juli bis Juni) vorgestellte Covid-19 Response and Recovery Fund. Dieser finanziert Rettungsmaßnahmen und fördert die Umsetzung von Programmen zur Stimulierung der Wirtschaft.
Bislang sind die über den Covid-19 Response and Recovery Fund zur Verfügung stehenden Mittel noch nicht vollständig ausgeschöpft. Einen Teilbetrag hält die Regierung als Reserve vor, um auf unvorhergesehene Entwicklungen wie weitere Infektionswellen reagieren zu können.
Da sich die neuseeländische Wirtschaft aktuell schneller erholt als erwartet, gehen Experten davon aus, dass voraussichtlich nur Mittel in Höhe von etwa 32 Milliarden US$ zur Stützung der Wirtschaft benötigt werden.
Die Regierung stellt über verschiedene Instrumente Liquiditätshilfen für kleine und mittlere Unternehmen bereit. Das Hauptelement ist das Buisness Finance Guarantee Scheme, für welches noch bis zum 30. Juni 2021 neue Anträge gestellt werden können.
Maßnahme | Anmerkung |
---|---|
Business Finance Guarantee Scheme | Ermöglicht Kreditgarantien für Unternehmen. Dabei wird eine Staatsgarantie für 80 Prozent der vergebenen Kredite bis zu einer Darlehenssumme von maximal 5 Millionen $NZ gewährt. Antragsberechtigt sind Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 200 Millionen $NZ. |
Small Business Cashflow Scheme | Zinslose Kredite für Kleinunternehmen mit nicht mehr als 50 Beschäftigten. Dabei können maximal 100.000 $NZ verliehen werden, die innerhalb von zwölf Monaten zurückgezahlt werden müssen. Wenn der Tilgungszeitraum 12 Monate übersteigt, fällt ein Zinssatz von 3 Prozent an. |
Business Debt Hibernation | Unternehmen können eine Stundung von Krediten für einen Zeitraum von sieben Monaten beantragen. |
Damit im Rahmen des Business Finance Guarantee Scheme ausreichend Liquidität zur Verfügung gestellt werden kann, wurde seitens der Reserve Bank of New Zealand (RBNZ) ein begleitendes Kreditprogramm für die Geschäftsbanken geschnürt (zum Zins von 0,25 Prozent über drei Jahre).
Während des Höhepunkts der Coronakrise gewährte die Regierung auch Lohnzuschüsse für Unternehmen, die aufgrund der Coronakrise Umsatzeinbrüche von mindestens 40 Prozent erlitten. Dabei wurde für Vollzeitangestellte (mehr als 20 Wochenstunden) ein wöchentlicher Lohnzuschuss von 585,80 $NZ gewährt. Für Teilzeitkräfte wurden 350 $NZ pro Woche gezahlt.
Anträge für die Lohnzuschüsse erfolgten über Work and Income New Zealand, sind aber seit dem 1. September 2020 nicht mehr möglich.
Ein fortlaufendes Förderprogramm ist das Covid-19 Leave Support Scheme. Dieses gewährt Lohnzuschüsse für Arbeitnehmer, die sich in eine Quarantäne begeben müssen und bezieht sich insbesondere auf Covid-19-Verdachtsfälle und Personen, die mit solchen Verdachtsfällen in Kontakt gestanden haben.
Arbeitgeber bekommen für Vollzeitkräfte (mehr als 20 Wochenstunden), die nicht von zu Hause aus arbeiten können, pro Woche 585,80 $NZ ausgezahlt. Für Teilzeitkräfte sind es 350 $NZ pro Woche. Dabei müssen die Arbeitgeber jedoch weiterhin mindestens 80 Prozent des regulären Arbeitsentgeltes an die betroffenen Arbeitnehmer entrichten.
Um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, setzt die Regierung auf Impulse durch den staatlichen Infrastrukturausbau.
Bereits im Januar 2020, also vor der Coronakrise, hatte die Regierung das mit rund 8 Milliarden US$ dotierte New Zealand Upgrade Programme angekündigt. Im Rahmen der coronabedingten Konjunkturmaßnahmen wird dieses Ausgabenprogramm noch einmal um 2 Milliarden US$ aufgestockt. Die Gelder fließen vor allem in Verkehrsprojekte wie den Straßenbau in Auckland oder die Modernisierung des Schienennetzes. Weitere 3,2 Milliarden US$ werden für den Bau von 8.000 staatlich geförderten Wohnungen ausgegeben.
Die Notenbank RBNZ greift im Kampf gegen die Folgen von COVID-19 zu drastischen Mitteln. Sie senkte ihren Leitzins auf einen historischen Tiefstand von 0,25 Prozent. Erstmals in ihrer Geschichte startete die RBNZ auch mit Ankäufen von Staatsanleihen. Im August 2020 verkündete die RBNZ, das Volumen ihres Aufkaufprogramms auf bis zu 100 Milliarden $NZ zu erhöhen.
In sektoraler Hinsicht wird vor allem der Tourismussektor gefördert. Der Markt mit den zuletzt etwa 3,9 Millionen ausländischen Besuchern pro Jahr ist durch die geschlossene Grenze vollständig zum Erliegen gekommen. Über das Tourism Recovery Package werden deshalb Hilfen in Höhe von 260 Millionen US$ zur Verfügung gestellt.
Die Regierung wird auch auf der steuerlichen Seite aktiv. So können Unternehmen Verluste aus dem Geschäftsjahr 2019/20 und dem Geschäftsjahr 2020/21 mit Gewinnen aus der jeweiligen Vorperiode verrechnen (Verlustrücktrag).
Zudem werden die Möglichkeiten für eine Sofortabschreibung verbessert. Bis zum 16. März 2021 können angeschaffte Investitionsgüter mit einem Wert von bis zu 5.000 $NZ sofort abgeschrieben werden. Ab dem 17. März 2020 liegt der Schwellenwert bei 1.000 $NZ (ursprünglich galt ein Betrag von 500 $NZ). Ab dem Finanzjahr 2020/21 ist zudem eine steuerliche Abschreibung für gewerbliche Gebäude möglich.
Die R&D Tax Incentive bietet Steuergutschriften in Höhe von 15 Prozent der förderfähigen Forschungsausgaben (bis maximal 120 Millionen $NZ). Zudem wurde ein R&D Loan Scheme für forschungsintensive Unternehmen aufgesetzt. Dieses bietet vergünstigte Kredite bis maximal 100.000 $NZ.
Weitere Informationen dazu gibt es bei der Steuerbehörde Inland Revenue.
Die Förderprogramme stehen grundsätzlich allen Unternehmen mit Sitz oder Niederlassung in Neuseeland offen, so dass auch Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen förderberechtigt sind.
Der Staatshaushalt rutscht durch die zahlreichen Maßnahmen der Regierung und die krisenbedingten Mindereinnahmen tief ins Minus. Für das Haushaltsjahr 2020/21 wird ein Defizit von 6,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwartet. Die staatliche Nettoverschuldung betrug 2019 jedoch nur rund 20 Prozent des BIP, sodass fiskalischer Spielraum vorhanden ist. Bis 2023/24 erwarten Ökonomen einen Anstieg der Staatsverschuldung auf etwa 50,7 Prozent des BIP.