Bis 2030 sollen alle Nigerianer Zugang zu Trinkwasser haben. Die Finanzierung ist bislang aber nur zum Teil geklärt.
Die nigerianische Regierung verfolgt auf Bundesebene mit verschiedenen Programmen und Konzepten das übergeordnete Ziel, bis 2030 den universellen Zugang zu Trinkwasser sicherzustellen sowie bis 2025 die offene Defäkation zu beenden (nachhaltige Entwicklungsziele Nr. 6.1. und 6.2.). Wichtigste Grundlagen sind dabei die "National Resources Policy und Roadmap (2016-2030)", die "National Irrigation and Drainage Policy and Strategy", die "Partnership for Expanded Water Supply, Sanitation and Hygiene (PEWASH) Programme Strategy 2016-2030" und der "National Action Plan for Revitalization of the WASH Sector". Aufgrund der föderalen Struktur haben die einzelnen Bundesstaaten zudem ihre eigenen Konzepte.
Großer Investitionsbedarf trifft auf begrenzte Mittel
Die nötigen Investitionen sind immens, auch wenn der genaue Bedarf schwer bezifferbar ist. Die NGO WaterAid geht zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele von einem Investitionsbedarf von etwa 20 Milliarden US-Dollar (US$) pro Jahr aus. Die Weltbank schätzt die Kosten jährlich auf etwa 15 Milliarden US$, das Sustainable Development Solutions Network (SDSN) schätzt diese auf etwa 11 Milliarden US$ jährlich (Schätzungen aus 2016).
Im Rahmen des PEWASH Programme (2016-2030), eine Kollaboration des Staates Nigeria auf Bundesebene und Ebene der einzelnen Bundesstaaten mit Gebern und Privatsektor zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele, wurden verschiedene Kostenschätzungen angestellt. Für den Zeitraum von 2016 bis 2030 schätzt die Regierung die Kosten für den Ausbau der Wasserversorgung auf 995 Millionen US$ (386 Milliarden Naira), für den Sanitärbereich werden etwa 780 Millionen US$ (302 Milliarden Naira) angesetzt. Vorgesehen ist eine staatliche Beteiligung an den Kosten von etwa 35 Prozent, der Rest soll von Geberinstitutionen und dem Privatsektor übernommen werden.
Im Jahr 2017 flossen etwa 340 Millionen US$ staatliche Mittel und 130 Millionen US$ von Gebern in den Wasser- und Abwassersektor. In 2018 waren es immerhin 355 Millionen US$ aus dem Staatshaushalt und 38 Millionen US$ von Gebern. Zu Letzteren gehören unter anderem die Afrikanische Entwicklungsbank, die Weltbank, EU-Institutionen, Frankreich und Großbritannien.
Wie die verbleibende Finanzierungslücke zu den geschätzten 11 Milliarden bis 20 Milliarden US$ jährlich geschlossen werden kann, ist unklar. Nigeria möchte neben den Mitteln von Geberinstitutionen künftig vermehrt auf Kooperationen mit der Privatwirtschaft in Form von PPP-Projekten (Private-Public-Partnerships) setzen. Zudem hat Nigeria begonnen, sogenannte grüne Anleihen (Green Bonds) auszugeben, von deren Erlös ein Teil für den Wasser- und Abwassersektor bestimmt ist.
PPP-Projekte sind gefragt
Nigeria versucht mit der „National PPP-Policy“ in Bereichen wie Gesundheitswirtschaft und Infrastruktur die Entwicklung unter Einbindung privater Unternehmen voranzutreiben. Dies ist auch in den verschiedenen Konzepten wie in der National Resources Policy und im PEWASH-Programm vorgesehen, in sämtlichen Bereichen sollen Public-Private-Partnerships möglich sein. Eine Beteiligung ist als Build-Operate-Transfer (BOT-), Konzessions-, Leasing- oder Management-Modell möglich.
Bislang gibt beziehungsweise gab es kaum PPP-Projekte im Wasserbereich. Die wenigen, die es bislang gab, wurden von der Weltbank unterstützt und waren nicht besonders risiko- und kapitalintensiv. So ist auch in der PPP-Disclosure-Datenbank der zuständigen Behörde (Infrastructure Concession Regulatory Commission) kein Infrastrukturprojekt im Wassersektor geführt.
Derzeit entsteht in Lekki (Lagos) eine Brackwasserentsalzungsanlage, die im Rahmen einer PPP-Vereinbarung zwischen BRIO Nigeria und der Lagos Water Corporation errichtet wird. Betrieben werden soll die Anlage unter einem Konzessionsvertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einer Kapazität von 200.000 Kubikmeter Brackwasser pro Tag zur Entsalzung. Technische Partner sind die spanische Acuamed und Tramasa. Das Investitionsvolumen soll 288 Millionen US$ betragen.
Vielfältiges Engagement möglich
Bislang sind deutsche Unternehmen im nigerianischen Wassersektor relativ wenig präsent. Aktivitäten gibt es bei der Herstellung und Lieferung von Pumpen, Wasseraufbereitungsanlagen und Zubehör sowie Getränkeabfüllanlagen. Der Markt für die Abfüllung von Wasser und Herstellung von Trinkwasserbeuteln wächst beständig, in 2016 betrug das Marktvolumen für Tafelwasser etwa 2,3 Milliarden Euro.
Das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Urbanisierung lässt die Nachfrage nach Trinkwasser, dem Zugang zu Sanitäranlagen sowie Abwasserentsorgung weiter steigen. Die Möglichkeiten eines Engagements sind somit vielfältig. Dazu gehören:
- Beratungsleistungen
- die Lieferung von Geräten und Chemikalien für die Gewinnung, Aufbereitung sowie Speicherung von Grundwasser
- die Lieferung von Pumpen und Rohrleitungssystemen, Wasserabfüllanlagen und Flaschenrecylingtechnologie
- Mess- und Abrechnungstechnologien für die öffentliche Wasserversorgung.
Für interessierte Unternehmen am nigerianischen Wassersektor bietet sich die Kontaktaufnahme mit der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Nigeria (AHK Nigeria) an. Leiter des „Kompetenzzentrums Energie und Umwelt“ ist Herr Godwin Aigbokhan.
Von Corinna Päffgen
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Accra