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Wirtschaftsumfeld
Special | Polen | Coronavirus
Einreisekontrollen nach Polen gibt es gegenwärtig nicht. Die Ausfuhr bestimmter Waren bleibt jedoch verboten. Der Export spielt eine wichtige Rolle. (Stand: 18. Dezember 2020)
Von Niklas Becker | Warschau
Polens Gesundheitsministerium hatte zu Beginn der Coronakrise die Exportverbotsliste von Medikamenten und medizinischem Equipment um 1.000 Waren erweitert. Die Verordnung wurde mittlerweile mehrmals geändert. Die aktuellste Version vom 30. November 2020 umfasst deutlich weniger Produkte.
Sofern in Polen Kundenkontakt am Arbeitsplatz stattfindet, besteht die Pflicht, Nase und Mund zu bedecken. Diese Vorschrift betrifft auch Lkw-Fahrer, wenn sie außerhalb ihrer Fahrerkabine tätig sind. Die Verordnung schreibt auch innerhalb eines Fahrzeugs einen Mund-Nasen-Schutz vor, wenn sich darin Personen aufhalten, die nicht zusammen in einem Haushalt wohnen. Ist ein Lkw also mit zwei Fahrern besetzt, müssen beide im Fahrzeug Mund und Nase bedecken.
Polnische Firmen erzielen einen wesentlichen Teil ihrer Umsätze durch den Export. Die Exportquote (Exporte/Bruttoinlandsprodukt) des Landes lag 2019 bei 44,5 Prozent. Produkte im Wert von 235 Milliarden Euro wurden 2019 in alle Welt geliefert. Wichtigster Exportmarkt ist Deutschland. Mehr als ein Viertel aller polnischen Ausfuhren geht an den Nachbarn westlich der Oder. Zu den fünf wichtigsten Exportmärkten zählen außerdem die Tschechische Republik, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Italien.
Kurzfristig wird Polens Außenhandel aufgrund der Coronakrise deutliche Einbußen hinnehmen müssen. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Exporte im Zeitraum Januar bis August 2020 um 4,7 Prozent und die Importe um 8,8 Prozent zurück. Besonders im 2. Quartal 2020 verzeichnete die Volkswirtschaft große Rückgänge. In diesem Zeitraum lag der Außenhandel um mehr als 28 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Ein Wachstum der Aus- und Einfuhren wird das Land laut Prognosen der Polnischen Nationalbank (Narodowy Bank Polski; NBP) erst wieder ab dem 2. Quartal 2021 verbuchen können.
Die Erwartungen der Industrieunternehmen in Polen bezüglich der zukünftigen Auftragslage aus dem Ausland haben sich nach dem Aufhellen im Sommer wieder verschlechtert. Im August 2020 prognostizierten noch rund 14 Prozent der Unternehmen einen Anstieg der Auslandsbestellungen innerhalb der nächsten drei Monate; etwa 18 Prozent erwarteten hingegen einen Rückgang. In den Folgemonaten haben sich die Erwartungen eingetrübt. Im November gab jedes zwanzigste Unternehmen an, mit einem Zuwachs zu rechnen. Mehr als jede dritte Firma rechnet mit rückläufigen Auslandsbestellungen.
Mittelfristig könnte Polens Außenhandel von einer Umstrukturierung europäischer Lieferketten profitieren. Die Unternehmen des Landes sind bereits ein fester Bestandteil internationaler Wertschöpfungsketten. Nun hoffen sie auf zusätzliche Aufträge aus dem Ausland. Dabei könnte Polens Wirtschaft nach Berechnungen des Polnischen Wirtschaftsinstituts (Polski Instytut Ekonomiczny; PIE) im optimistischsten Szenario jährlich 8,3 Milliarden US-Dollar dazugewinnen.
Gemessen an der polnischen Wirtschaftsleistung vor der Coronakrise wäre das laut PIE eine zusätzliche jährliche Wertschöpfung in Höhe von 1,87 Prozent. Im pessimistischsten Szenario würde Polen durch die Umstrukturierung pro Jahr lediglich 25 Millionen Euro beziehungsweise 0,01 Prozent dazugewinnen. Welches der insgesamt vier Szenarien am realistischsten ist, lässt sich laut dem Wirtschaftsinstitut nicht vorhersagen.
Einen entscheidenden Einfluss auf den polnischen Außenhandel dürfte in Zukunft auch die Entwicklung des Wechselkurses zwischen Euro und Złoty (Zł) haben. Im Februar 2020 lag der Kurs noch bei einem monatlichen Durchschnittswert von 4,2766 Zł für einen Euro. Im November 2020 verzeichnete die Bundesbank hingegen einen Monatsdurchschnitt von 4,4949 Zł.
Informationen zum Wirtschaftsstandort und zu den allgemeinen Rahmenbedingungen in Polen bieten unter anderem die folgenden GTAI-Publikationen: |