Portugal setzt langfristig auf Innovationen und Nachhaltigkeit. Anfang 2021 folgten zusätzlich neue Maßnahmen, um die akute Krise abzufedern. (Stand: 12. April 2021)
Kurzfristige Antikrisenmaßnahmen
Die portugiesische Regierung unterstützt in der Coronakrise die Unternehmen des Landes vor allem durch Hilfen zum Erhalt der Beschäftigung und Sonderregeln bei Steuern und Abgaben. Hinzu kommen Kreditlinien.
Diese Schwerpunkte blieben auch bei den jüngsten Entscheidungen erhalten. Im Dezember 2020 stellte der Ministerrat 1,55 Milliarden Euro für kleine Unternehmen bereit. Wegen der anhaltend hohen Infektionszahlen legte die Regierung für das 1. Quartal 2021 noch einmal nach. Ein umfangreiches Unterstützungspaket soll Unternehmen helfen, die Krise zu überbrücken.
Das erste Hilfsprogramm im Gesamtwert von 9,2 Milliarden Euro von Ende März 2020 hatte seinen Schwerpunkt auf Krediten. Vor allem sollte die Liquidität von kleinen und mittleren Unternehmen erhalten bleiben.
Im Juni 2020 folgte das Programm zur wirtschaftlichen und sozialen Stabilisierung (PEES). Im Rahmen von PEES richtete der Staat für Unternehmen mit mindestens 40 Prozent Umsatzrückgang im 1. Halbjahr 2020 einen Unterstützungsmechanismus für den Zeitraum August bis Ende Dezember 2020 ein.
Das Programm bot Unternehmen mit Aufträgen internationaler Kunden Unterstützung, um ihre Zahlungsfähigkeit zu sichern. Die Covid-19-Economy-Support-Lines sollen verhindern, dass sie ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Kunden im Ausland nicht erfüllen können.
Kurzarbeit erwies sich 2020 als wichtiger Puffer, um die Schließung von Unternehmen und einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Insgesamt machten 110.000 Unternehmen mit nahezu 900.000 Mitarbeitern von den Regelungen Gebrauch. Während des Lockdowns im Winter 2020/2021 nahm die Nachfrage nach Kurzarbeit deutlich zu. Die portugiesische Regierung erhält Hilfen zur Finanzierung der Kurzarbeit: Ende August 2020 stellte die Europäische Kommission Portugal 5,9 Milliarden Euro in Aussicht.
Weichenstellungen für die Zeit nach der Pandemie
Über die Linderung der kurzfristigen wirtschaftlichen Pandemiefolgen hinaus will die portugiesische Regierung bis 2030 das Land wettbewerbsfähiger machen und Lücken in der Infrastruktur schließen. Dafür sollen auch die insgesamt 15,4 Milliarden Euro an Krediten und Zuschüssen eingesetzt werden, die in den Unterstützungspaketen der Europäischen Union (EU) enthalten sind.
Die detaillierten Pläne von Mitte Oktober 2020 zielen auf umweltgerechteres Wirtschaften und Modernisierungen ab. Mehr Nachhaltigkeit soll im Energie- und Mobilitätssektor Einzug halten. Auch die digitale Transformation von Unternehmen soll vorangetrieben werden.
Zum umfangreichen Strategieplan für die wirtschaftliche Erholung bis 2030 gehört auch die Stärkung des Gesundheitswesens und anderer Branchen. Das Gesundheitssystem soll durch Investitionen in Ausrüstungen und Personal für die Zukunft aufgestellt werden. Auch Forschung und Methoden wie der 3D-Druck sind Bausteine für eine bessere Wettbewerbsposition. Das Biotechnologiecluster soll ausgebaut und Portugal zur "Fabrik von Europa" im Bereich der Gesundheitswirtschaft werden.
Der Weg der Industrie führt in Richtung Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft. Zudem sollen Importe etwa von Vorprodukten durch mehr lokale Herstellung reduziert werden. In der Automobilproduktion stehen alternative Antriebe im Blickpunkt. Die Metallverarbeitung und der Maschinenbau sollen durch den Aufbau eines neuen Clusters gestärkt werden. Mehr Wettbewerbsfähigkeit ist das Ziel, um die Exporte anzukurbeln.
Der Strategieplan der Regierung zur wirtschaftlichen Erholung bis 2030 setzt auch auf die Verbesserung der Infrastruktur und die Förderung neuer Technologien.
Für die Energieversorgung der Zukunft forciert Portugal vor allem die Wind- und Solarenergie. Insbesondere die rapide fallenden Kosten für Solarmodule werden als Wachstumstreiber wahrgenommen. Im Fokus stehen auch die Offshore-Windenergie, die für das Land wegen seiner geografischen Struktur interessant ist, sowie Wasserstoff mit seinen vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten.
Der Stromtransport soll mittels intelligenter Netze erfolgen. Zur Speicherung von Energie liegt der Schwerpunkt auf innovativen Materialien. Auf der Verbrauchsseite steht die Entwicklung von effizienten Beleuchtungssystemen für Gebäude im Mittelpunkt.
Der Verkehrssektor soll neue Impulse durch innovative Batterien und Elektrofahrzeuge erhalten, ebenso durch auf Wasserstoffbasis betriebene Brennstoffzellen. Neuartige Leichtbaumaterialien werden dazu dienen, mehr Effizienz durch ein geringeres Fahrzeuggewicht zu erreichen. Meeresalgen sind als Basis für die Produktion von Biokraftstoffen eingeplant.
Im Schienenverkehr ist der Abschluss laufender Projekte und eine Modernisierung der Netze vorgesehen. Zwischen Lissabon und Porto soll eine Schnellstrecke für den Personenverkehr gebaut werden. In die Häfen von Sines und Leixões wird investiert, damit diese auch von größeren Schiffen als bisher angelaufen werden können.
Krisenkosten schlagen auf Budget und Schuldenstand durch
Portugal setzte in den vergangenen Jahren auf eine disziplinierte Haushaltspolitik und konnte die Staatsverschuldung bis Ende 2019 auf 117,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts senken. Dieser mühsam erarbeitete Stand wird trotz der vereinbarten EU-Unterstützung im Gesamtwert von 15,3 Milliarden Euro nicht zu halten sein. Der Internationale Währungsfonds rechnete 2020 mit einem Haushaltsdefizit von 7,1 Prozent und 2021 mit einem Minus von 1,9 Prozent.
Portugiesischer Impfplan
Seit dem 27. Dezember 2020 läuft die Impfkampagne in den Gesundheitszentren Portugals. Das Land zählt 10,4 Millionen Einwohner. Bis zum 2. März 2021 erhielten bereits 618.400 Menschen eine erste Impfdosis. Bei 266.700 Menschen wurde schon eine zweite Dosis verabreicht. Einen Teil des Portugal zustehenden europäischen Impfkontingents will das Land weitergeben. Damit soll sichergestellt werden, dass portugiesischsprachige Entwicklungsländer ebenfalls ausreichend versorgt werden. |
Von Oliver Idem
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Madrid