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Wirtschaftsumfeld
Special | Coronavirus | Saudi-Arabien
Die Zahl der Neuinfizierten hat sich in Saudi-Arabien verringert. Die Wirtschaft erholt sich, das Vorkrisenniveau wird aber erst 2022 wieder erreicht. (Stand: 05. Januar 2021)
13.01.2021
Von Robert Espey | Dubai, Riad
Anfang März 2020 wurde in Saudi-Arabien der erste Corona-Fall offiziell gemeldet. Die Zahl der registrierten aktiven Coronafälle erreichte im Juli mit über 63.000 den Höhepunkt. Seither ist ein kontinuierlich rückläufiger Trend zu verzeichnen. Ende 2020 waren es nur noch 2.665 Infizierte. Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der täglich neu Infizierten von über 4.900 auf 140 zurück. Bis Ende 2020 hatten sich insgesamt 362.741 Personen mit dem SARS-CoV-2 Virus infiziert, 6.223 Personen waren an oder mit COVID-19 gestorben, so die offiziellen Angaben.
Derzeit ist ein weiterer Rückgang der Corona-Zahlen zu beobachten. Am 4. Januar 2021 wurden 94 Neuinfektionen und 10 Todesfälle gemeldet. Es gab insgesamt 2.290 aktive Fälle, davon wurden 347 als kritisch eingestuft. Die 7-Tage-Inzidenz lag bei äußerst niedrigen 2,4, dies entsprach insgesamt 812 Neuinfizierten innerhalb von sieben Tagen bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von 34 Millionen. Bislang hat Saudi-Arabien über 11 Millionen Corona-Tests durchgeführt.
Am 10. Dezember 2020 hat die saudi-arabische Food and Drug Administration den COVID-19 mRNA-Impfstoff (Messenger Ribonucleic Acid) von BioNTech/Pfizer zugelassen. Seit 15. Dezember können sich Saudi-Araber*innen und die im Land lebenden Ausländer über eine App des Gesundheitsministeriums (Sebbaty) für eine kostenlose Impfung registrieren, bis zum 27. Dezember wurden schon über 700.000 Anmeldungen gezählt. Die erste Impfung erfolgte am 17. Dezember. Priorität haben Personen im Alter von über 65, Beschäftigte im Gesundheitswesen und Menschen mit Vorerkrankungen.
Gesundheitsminister Tawfik Al Rabiah erklärte Ende Dezember, innerhalb von drei Wochen sei der BioNTech/Pfizer Impfstoff in allen Landesteilen verfügbar. Saudi-Arabien plant auch den Einsatz des Impfstoffs der Tübinger Firma Curevac, eine entsprechende Absichtserklärung wurde im November unterzeichnet.
Neben der Impfkampagne will Saudi-Arabien ein Wiederaufflammen der Corona-Epidemie vor allem durch die Beibehaltung üblicher Hygiene- und Abstandsregeln verhindern. Das Risiko einer erneuten Einschleppung aus dem Ausland soll durch Einreisebeschränkungen, Corona-Test-Vorschriften und Quarantänemaßnahmen reduziert werden.
Die Corona-Pandemie hat Saudi-Arabien in einer bereits schwierigen Wirtschaftslage getroffen. Der wichtigste Wirtschaftszweig, der Ölsektor, befand sich schon seit längerer Zeit im Rückwärtsgang. Der Ölsektor hatte 2019 einen Anteil am realen (preisbereinigten) Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 42 Prozent (einschließlich Raffinerien). Die gemäß den Vereinbarungen der OPEC+ Gruppe seit Mai 2020 geltenden Förderobergrenzen haben die saudi-arabische Ölförderung 2020 um über 6 Prozent sinken lassen. Der durchschnittliche Ölpreis ist 2020 um 35 Prozent auf 41,5 US$/Barrel gefallen.
Im ersten Quartal 2020 ist das BIP gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode real lediglich um 1,0 Prozent zurückgegangen, so die vorläufigen Angaben des Statistikamtes. Die Talsohle der schweren Rezession ist im zweiten Quartal durchschritten worden. Das BIP schrumpfte real um 7,0 Prozent. Zu laufenden Preisen ergab sich vor allem ölpreisbedingt ein Einbruch um 23,8 Prozent.
Im Ölsektor wurde im zweiten Quartal ein reales Minus von 5,3 Prozent verzeichnet, im Nicht-Ölsektor waren es -8,2 Prozent. Der Privatsektor musste einen Rückgang um 10,1 Prozent hinnehmen, für den staatlichen Sektor werden nur -3,5 Prozent gemeldet.
Besonders starke Schrumpfungen wurden im zweiten Quartal in den Bereichen "Groß- und Einzelhandel, Hotel- und Gaststättengewerbe" (-18,3 Prozent), "Transport, Lagerwesen und Kommunikation" (-16,3 Prozent) und in der verarbeitenden Industrie (-11,6 Prozent) verzeichnet. Unterdurchschnittliche Rückgänge werden unter anderem bei "Banken, Versicherungen etc." (-0,7 Prozent), "staatlichen Dienstleistungen" (-1,3 Prozent) und im Baugewerbe (-4,7 Prozent) ausgewiesen.
Nach vorläufigen Daten der Statistikbehörde ist die saudi-arabische Wirtschaft im dritten Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahresquartal um 4,6 Prozent geschrumpft. Aber im Vergleich zum zweiten Quartal 2020 hat das BIP im dritten Quartal saisonbereinigt um 1,8 Prozent zulegen können. Im ersten und zweiten Quartal 2020 hatten sich im Vergleich zum jeweils vorangegangenen Quartal saisonbereinigt Verminderungen um 1,3 Prozent (erstes Quartal) und 5,2 Prozent (zweites Quartal) ergeben.
Im dritten Quartal wird gegenüber dem zweiten für fast alle Wirtschaftszweige ein Plus ausgewiesen, Ausnahmen sind die Öl- und Gasförderung sowie die Raffinerieproduktion. Der Sektor "Groß- und Einzelhandel, Hotel- und Gaststättengewerbe" legte im dritten Quartal um 19,7 Prozent zu, der Bereich "Transport, Lagerwesen und Kommunikation" um 8,7 Prozent, die Bauwirtschaft um 5,6 Prozent und das verarbeitende Gewerbe um 3,2 Prozent (ohne Raffinerien).
In den ersten neun Monaten 2020 schrumpfte das BIP gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode um 4,2 Prozent. Eine weitere leichte Wachstumsbeschleunigung im vierten Quartal (gegenüber dem dritten Quartal) könnte für das Gesamtjahr 2020 einen BIP-Rückgang von weniger als 4 Prozent bedeuten. Das Finanzministerium kalkulierte in einer im Oktober veröffentlichten Analyse für 2020 mit einer BIP-Schrumpfung um 3,8 Prozent und in den drei Folgejahren mit Zuwächsen von über 3 Prozent.
Noch optimistischer zeigen sich die Analysten des in Riad ansässigen Unternehmens Jadwa Investment, die in ihrer im Dezember veröffentlichten Prognose für 2020 einen BIP-Rückgang von nur 3,6 Prozent erwarten. Für 2021 rechnet Jadwa mit einer Steigerung um 3,4 Prozent und für 2022 um 6,4 Prozent.
Viele Analysten liefern allerdings ungünstigere Zahlen. Der Internationale Währungsfonds geht in seiner Herbstprognose für 2020 von -5,4 Prozent aus (2021: 3,1 Prozent; 2022: 3,4 Prozent), die Economist Intelligence Unit (EIU) schätzt für 2020 die Schrumpfung mit -4,2 Prozent (2,5 Prozent; 2,4 Prozent).
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