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Das saudi-arabische Gesundheitssystem war für die Corona-Epidemie gut gerüstet. Dennoch belastet die Krise die Entwicklung des Sektors. (Stand: 16. Februar 2021)
Von Robert Espey | Dubai
In Saudi-Arabien hat die Corona-Krise nicht zu einer Überlastung des Gesundheitswesens geführt. Die Beschaffungen von Beatmungsgeräten und anderen zur Behandlung von Corona-Patienten notwendigen Ausrüstungen sowie von Verbrauchsgütern (Schutzbekleidung etc.) und Medikamenten sind erhöht worden. Die zeitweise vorsorglich erlassenen Beschränkungen für nicht notwendige medizinische Behandlungen haben die wirtschaftliche Lage des Krankenhaussektors negativ beeinflusst.
Es deutet sich derzeit eine zumindest kleine, weitere Corona-Welle ab. Die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner sank am 7. Januar 2021 auf den Wert 2, das entsprach durchschnittlich täglich 100 Neuinfizierten bei einer geschätzten Bevölkerung von 34 Millionen. Am 16. Februar war die 7-Tage-Inzidenz auf 7 angestiegen (durchschnittlich täglich 344 Neuinfizierte). Die durchschnittliche Zahl der an oder mit Corona Verstorbenen lag im 7-Tageszeitraum bei 4. Es gibt derzeit 2.682 aktive Corona-Fälle, davon 472 mit schwerem Verlauf.
Indikator | Wert *) |
---|---|
Einwohnerzahl (Jahresmitte 2019, in Millionen) | 34,2 |
Bevölkerungswachstum (2019, in Prozent p.a.) | 2,4 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2019) | |
.Anteil der unter 15-Jährigen (in Prozent; 2019) | 24,5 |
.Anteil der über 65-Jährigen (in Prozent; 2019) | 3,2 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2019, in Jahren) | 75,0 |
Durchschnittseinkommen (2019, in US$) | 23.148 |
Ärzte/100.000 Einwohner (2019) | 276 |
Zahnärzte/100.000 Einwohner (2019) | 55 |
Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2019), davon | 225 |
.privat | 56 |
.öffentlich | 169 |
Das Königreich verfügt über eine ausreichende Zahl von Intensivbetten. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden in den ersten Monaten der Corona-Epidemie die Intensivkapazitäten um 2.200 auf 11.000 ICU-Betten (Intensive Care Unit) erweitert. Während des Höhepunkts der ersten Welle (Juli 2020) mussten zeitgleich etwa 2.300 Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf behandelt werden, davon benötigte aber nur ein Teil eine intensivmedizinische Versorgung.
Im Zeitraum 2015 bis 2019 erhöhten sich die Krankenhauskapazitäten um 7.594 auf 76.988 Betten, davon entfielen 75 Prozent auf staatliche Einrichtungen. Dem Gesundheitsministerium gehörten 44.665 Betten in 286 Krankenhäusern. Über insgesamt 13.177 Betten verfügten 48 Hospitäler anderer staatlicher Träger (Verteidigungsministerium, Nationalgarde, Innenministerium, Bildungsministerium, Ölgesellschaft etc.). Der Privatsektor hatte 19.146 Betten in 164 Krankenhäusern anzubieten.
Nach den Plänen der Regierung soll das saudi-arabische Gesundheitssystem bis 2030 weitgehend privatisiert sein. Viele bestehende staatliche Einrichtungen sollen an private Betreiber verkauft werden, neue Projekte sollen möglichst von privaten Investoren durchgeführt beziehungsweise auf PPP-Basis (Private Public Partnership) realisiert werden. Seit 2017 können auch Gesundheitseinrichtungen zu 100 Prozent in ausländischer Hand sein.
Bis 2030 sollen fast 300 staatliche Krankenhäuser privatisiert werden. Zudem ist die Privatisierung der meisten staatlichen Gesundheitszentren (Primärversorgung) geplant. Die erste Privatisierung einer staatlichen Gesundheitseinrichtung wurde im Februar 2020 abgeschlossen. Die Saudia Medical Services Company (SMS) wurde von der Dr. Soliman Abdel Kader Fakeeh Hospital Company übernommen.
Mit Ausnahme von E-Health-Anwendungen dürfte sich der laufende Um- und Ausbau des Gesundheitssystems durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie verlangsamen. Nach Angaben von MEED Projects wurden zwischen Januar 2020 und Februar 2021 Krankenhausprojekte mit insgesamt 4.855 Betten fertiggestellt, davon entfielen etwa zwei Drittel auf staatliche Träger. Derzeit sind im Gesundheitssektor Projekte im Wert von etwa 11 Milliarden US-Dollar (US$) im Bau.
Nach Angaben der saudi-arabischen Statistikbehörde erreichte der Medizintechnikimport 2014 mit 1,84 Milliarden US$ (2013: 1,58 Milliarden US$) einen Spitzenwert, hier sind nur die Warengruppen unter SITC (Standard International Trade Classification) 774, 872, 78531 und 8996 berücksichtigt. In den folgenden beiden Jahren sanken die Einfuhren auf 1,79 Milliarden US$ (2015) und 1,22 Milliarden US$ (2016). Für 2017, 2018 und 2019 werden wieder Zuwächse auf 1,42 Milliarden US$, 1,62 Milliarden US$ und 1,83 Milliarden US$ gemeldet.
Die USA und Deutschland sind in Saudi-Arabien die führenden Anbieter von Medizintechnik. Die USA kamen 2019 mit 548 Millionen US$ auf einen Anteil am Medizintechnikimport von 30 Prozent, Deutschland mit 214 Millionen US$ auf 12 Prozent. Aus Mexiko wurde für 149 Millionen US$ importiert, aus China für 132 Millionen US$, aus Japan für 76 Millionen US$, aus der Schweiz für 75 Millionen US$, aus Frankreich für 60 Millionen US$ und aus den Niederlanden für 45 Millionen US$.
In der Warengruppe "andere Instrumente, Apparate und Geräte für medizinische, chirurgische, zahn- oder tiermedizinische Zwecke" (SITC 872) betrugen 2019 die Einfuhren 1,10 Milliarden US$. Führender Lieferant waren die USA (334 Millionen US$), gefolgt von Deutschland (114 Millionen US$), Mexiko (97 Millionen US$), China (88 Millionen US$) und Japan (43 Millionen US$).
Elektrodiagnoseapparate und -geräte sowie radiologische Apparate und Geräte (SITC 774) wurden 2019 für 424 Millionen US$ eingeführt, davon entfielen 116 Millionen US$ auf die USA, auf Deutschland 70 Millionen US$, auf Mexiko 47 Millionen US$, auf Japan 28 Millionen US$ und auf China 25 Millionen US$.
Die Importe von orthopädischem Bedarf, Prothesen, Hörgeräten etc. (SITC 8996) summierten sich 2019 auf 285 Millionen US$. Die USA lieferten für 98 Millionen US$, Irland für 36 Millionen US$, die Schweiz für 30 Millionen US$, Deutschland für 29 Millionen US$ und die Niederlande für 12 Millionen US$. Der Import von Rollstühlen (SITC 78531) belief sich 2019 auf 19 Millionen US$, daran hatte China einen Anteil von 77 Prozent.
SITC | Produktgruppe | 2018 | 2019 | 2020 |
---|---|---|---|---|
774.1 | Elektrodiagnoseapparate und –geräte | 17 | 34 | 30 |
774.2 | Röntgenapparate etc. | 49 | 35 | 53 |
785.31 | Rollstühle | 1 | 1 | 1 |
872.1 | Zahnmedizinische Instrumente, a.n.g. | 15 | 11 | 7 |
872.21 | Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc. | 11 | 19 | 13 |
872.25 | Ophthalmologische Instrumente | 4 | 6 | 5 |
872.29 | Andere Instrumente, Apparate und Geräte | 70 | 74 | 67 |
872.3 | Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc. | 11 | 12 | 21 |
872.4 | Medizinmöbel etc. | 8 | 6 | 8 |
899.6 | Orthopädietechnik, Prothesen etc. | 23 | 26 | 14 |
Summe | 209 | 225 | 221 |
Der saudi-arabische Medizintechnikimport dürfte 2020 signifikant gesunken sein. Das U.S. Department of Commerce weist für 2020 einen Rückgang der US-Medizintechnikausfuhren nach Saudi-Arabien um 35 Prozent auf 255 Millionen US$ aus. Im Vorjahr (2019) wurde ein Anstieg um 26 Prozent auf 394 Millionen US$ verbucht. Eurostat zufolge verminderten sich 2020 die Medizintechnikausfuhren der EU-27 Gruppe nach Saudi-Arabien um 15 Prozent auf 706 Millionen Euro. Die deutschen Lieferungen schrumpften nur um 2 Prozent auf 221 Millionen Euro.