Dieser Inhalt ist relevant für:
Serbien / ChinaSeidenstraße / Digitale Wirtschaft / Tiefbau, Infrastrukturbau / Telekommunikations-, Navigationstechnik / Internet-, Telekommunikationsdienste / Cloud Computing
Branchen
Special | Serbien | Seidenstraße
Schon seit einigen Jahren gilt China als wichtiger Partner für Serbiens Digitalisierung. Die Coronapandemie beschleunigt diesen Trend.
08.12.2020
Von Martin Gaber | Belgrad
Auf der neuen Seidenstraße, auch Belt and Road Initiative (BRI) genannt, spielt Serbien schon lange eine strategisch wichtige Rolle für China. Peking lässt Straßen und Schienen in dem Balkanstaat bauen und investiert in die Wirtschaft. Mit dem möglichen Beitritt zur Europäischen Union (EU) könnte Serbien neben Griechenland zum wichtigsten Europa-Hub für China werden. Gleichzeitig stürzt sich Serbien in eine Abhängigkeit von chinesischer Technologie und chinesischen Standards, was den EU-Beitritt erschwert.
Jüngste Entwicklungen wie die Coronapandemie könnten Serbiens Verbindungen nach China noch weiter intensivieren. Die Nachfrage nach digitalen Lösungen nimmt zu und chinesische Unternehmen haben sich in Serbien bereits in die Pole-Position gebracht. Und durch den steigenden Druck auf chinesische Unternehmen in westlichen Märkten werden sich diese noch mehr auf Wachstums- und Schwellenmärkte wie Serbien konzentrieren.
Dabei sind die digitalen Beziehungen zwischen Serbien und China schon sehr fortgeschritten.
Bereits 2016 haben Huawei und die serbische Telekom (Telekom Srbija) einen Vertrag über 150 Millionen Euro unterschrieben. Dabei geht es um den Ausbau von All-IP Netzen, also der Internet-Telefonie. Damit können über eine Million Haushalte angeschlossen und die Internetgeschwindigkeit deutlich erhöht werden, so Predrag Ćulibrk, Geschäftsführer der serbischen Telekom. In dem Vertrag geht es um die Beschaffung von Ausrüstung, aber auch Dienstleistungen und Infrastrukturarbeiten.
Der Rahmen für den Vertrag wurde beim Serbien-Besuch von Chinas Präsident Xi Jinping im Juni 2016 gelegt. Serbiens Präsident Aleksandar Vučić bezeichnete China daraufhin nicht nur "als ehrlichen Freund Serbiens, sondern als strategischen Partner."
Die serbische Telekom ist mit einem Marktanteil von 70 Prozent der größte Anbieter von Festnetz-Internet. Bereits 2015 hatte China Telecom Interesse an der Übernahme von Telekom Srbija. Seitdem gab es aber keine neuen Entwicklungen. Die serbische Regierung wollte ursprünglich ihren Mehrheitsanteil an der Telekom verkaufen, was aber trotz vorliegender Angebote nicht umgesetzt wurde. Ähnlich hatte es sich schon 2011 verhalten.
Laut Handelsblatt hatte auch die Deutsche Telekom Interesse an ihrem serbischen Pendant.
Huawei hat gute Karten bei Serbiens neuem 5G-Netz zum Zuge zu kommen. Experten berichten von einer informellen Einigung zwischen Belgrad und Peking. Trotz massiven Widerstands aus den Vereinigten Staaten. Dort haben sich Anfang September 2020 Präsident Aleksandar Vučić und der kosovarische Ministerpräsident Avdullah Hoti getroffen, um die Wogen des Kosovo-Konflikts zu glätten. Im Zuge dessen hatte Vučić auch eine Erklärung unterzeichnet, keine 5G-Ausrüstung aus "nicht vertrauenswürdigen Quellen" ("untrusted vendors") zu beziehen. Dass Washington damit den chinesischen Hersteller Huawei meint, war dabei nicht explizit genannt, ist aber offensichtlich.
Nur wenige Tage nach den Gesprächen in Washington eröffnet Huawei ein Innovations- und Entwicklungszentrum in der Hauptstadt Belgrad. Das Zentrum soll ein Meilenstein für Serbiens digitalen Wandel werden. Solche Partner nehmen eine Schlüsselrolle ein, so Ministerpräsidentin Ana Brnabić.
Der private Anbieter Telenor, der bereits eine 5G-Station in Serbien betreibt, arbeitet nach eigenen Angaben ebenfalls mit Huawei zusammen.
Für einen solchen Schlingerkurs ist die Regierung Vučić seit Jahren bekannt. Im Wechsel gibt es Annäherungen an Russland, China, die USA und die Europäische Union. Eine klare Linie ist nicht erkennbar. Mit der offiziellen Ausschreibung für Serbiens neues 5G Netz ist wohl im ersten Quartal 2021 zu rechnen. Die Regierung versichert eine transparente Ausschreibung.
Die serbische Regierung hat 2020 ein Rechenzentrum in Kragujevac, rund 100 Kilometer südlich von Belgrad, fertiggestellt. Der Staat investiert rund 30 Millionen Euro in das Gebäude, die Ausrüstung wird über einen Kredit der Weltbank finanziert. Auch Huawei kommt bei dem Projekt zum Zug. Die Ausrüstung und Expertise für die Plattformen zu künstlicher Intelligenz und zur Cloud-Infrastruktur kommen vom chinesischen Konzern. Die chinesische Regierung fördert das Projekt.
Das Rechenzentrum in Kragujevac wird nicht nur für private Zwecke, sondern auch für die öffentliche Verwaltung genutzt und soll zum Ausbau von E-Government, also der digitalen Verwaltung, dienen.
Sektor | Firmenname | Tätigkeitsfeld |
---|---|---|
Internet | Huawei | Infrastruktur und Dienstleistungen für All-IP-Netze (Internet-Telefonie), Breitband-Internet und 5G-Netze |
Rechenzentren | Huawei | Anwendungen für künstliche Intelligenz und Cloud-Plattformen |