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Special Singapur Seidenstraße

Singapur und das „Shenpur“-Projekt

Die China-Singapur Smart City-Initiative (SCI) zielt auf die digitale Vernetzung zwischen Shenzhen und dem Stadtstaat. Setzt China damit neue Standards?

Von Marcus Hernig | Bonn

Shenzhen und Singapur bauen Smart City-Initiative (SCI) aus

Das Kernstück des 15. Singapore-China Joint Council for Bilateral Cooperation im Oktober 2019 war die Smart City Initiative (SCI) zwischen dem Stadtstaat und dem südchinesischen Shenzhen. Die Partnerschaft kommt nicht von ungefähr, gilt Shenzhen doch als die führende Smart-Metropole Chinas und Singapur als der Inbegriff einer Smart City.

Im Juni 2020 wurden im Rahmen der SCI gleich acht Memoranden of Understanding beschlossen, die jeweils zwei Jahre lang ihre Gültigkeit haben sollen. Bis Juni 2022 stehen dabei folgende Themenbereiche im Fokus:

Rechtssicherheit und Abwicklung digitaler Handelsdokumente

Elektronische Frachtbriefe, sogenannte Bills of Lading oder Konossements, können künftig im internationalen Handel zwischen Shenzhen und Singapur gemeinsam mit elektronischen Handelsverträgen und Exportversicherungspolicen digital eingereicht, abgewickelt und anerkannt werden. Diese vollständige elektronische Präsentation von Dokumenten soll dann auch die Kreditfinanzierung von Handelsgeschäften über Akkreditiv (letters of credit oder LCs) im internationalen Geschäft zwischen beiden Metropolen deutlich erleichtern.

Aufbau vernetzter digitaler Handelsplattformen

Internationale Handelsgeschäfte benötigen in der Regel ein Unternehmen, einen Kreditgeber (Bank) und einen Versicherer. Die SCI möchte systematisch ein erstes digitales Pilotprojekt dazu umsetzen. Das digitale Ökosystem umfasst den global tätigen Logistiker Yang Kee und seinen weltweiten Kundenstamm, die Development Bank Singapore (DBS) als Kreditgeber und das chinesische Unternehmen Sinosure als Exportversicherer für den Handel mit Shenzhen und China im Allgemeinen. So entsteht eine Handelsplattform, die den globalen Kunden von Yang Kee ermöglicht, ihre Handelsgeschäfte nach Shenzhen und China via Singapur mit der Exportversicherung eines chinesischen Anbieters abzuschließen. Anschließend besteht die Möglichkeit, einen Finanzierungskredit der größten Bank Südostasiens in Singapur zu erhalten.  Mit dieser Pilot- Plattform könnte sich später ein wichtiger Standard für den digitalen Handel zwischen China und dem Verband Südostasiatischer Staaten (ASEAN) etablieren.

Medizinprodukte und Telemedizin                                     

Chinas global agierender Exportkreditversicherer Sinosure konzentriert seine internationalen Aktivitäten zunehmend auf Singapur und die ASEAN-Region. Das wird auch deutlich im Bereich Medizinprodukte und Telemedizin. Kunden von Sinosure sind sowohl chinesische Hersteller von Medizinprodukten, die in den Zukunftsmarkt ASEAN exportieren wollen, als auch digitale Medizindienstleister in Singapur. Dazu gehören ITS Science, Medical PTE und Mindray. Die Plattform ITS importiert chinesische Medizinprodukte speziell für Krankenhäuser, Pflegeheime oder Polikliniken im Stadtstaat. Mindray, ein wichtiger Anbieter für telemedizinische Lösungen, will umgekehrt ITS nutzen, um seine Dienstleistungen dann direkt nach Shenzhen und China zu exportieren. Sinosure tritt in beiden Fällen als Versicherungsdienstleister auf.

Digitales Matchmaking für kleine und mittlere Betriebe

Ein neuer digitaler Hub in Singapur für kleine und mittlere Betriebe (SME) aus China und der ASEAN bildet das Leuchtturmprojekt der Smart City Initiative. Das Singapurer Fintech-Unternehmen OneConnect führt dieses Projekt gemeinsam mit der Infocomm Media Development Authority (IMDA) im Stadtstaat durch. OneSME betreibt digitales Matchmaking: Zwei große digitale B2B-Marktplätze mit kleinen und mittleren Betriebe in China (YiQiYeSME) und in Singapur (eezee.sg) sollen miteinander vernetzt werden. Allein die chinesische Plattform verfügt über vier Millionen registrierte Betriebe. OneConnect entwickelte einen besonderen Algorithmus, der Nachfrage und Angebot der KMU aus China und der ASEAN-Region anhand verschiedener Ausprägungen möglichst zielgenau zusammenbringt. Matchmaking im B2B-Geschäft soll somit komplett digital möglich werden.

Innovation und Mittelstand

Ein weiteres Abkommen soll Start-ups aus Singapur und Shenzhen mit kleinen und mittleren Betrieben in den jeweiligen Märkten besser vernetzen. Partner sind das städtische Servicebüro für kleine und mittlere Betriebe in Shenzhen (SZSMEB) sowie Enterprise Singapore (ESG) gemeinsam mit der Start-up-Plattform Global Innovation Alliance (GIA). Die Singapur-basierte GIA unterhält auch enge Verbindungen zu deutschen Start-up-Netzen in Berlin und München, für die sich in diesem neuen digitalen Netz Chancen eröffnen könnten, Kunden und Partner für ihre Innovationen zu finden.

Talentaustausch

In diesem Zusammenhang wollen ESG und das SZSMEB eine Praktikumsbörse für Talente und angehenden Start-up-Unternehmer aus Hochschulen in China und Singapur schaffen, die so Einblicke in die Tech-Sektoren des jeweiligen Marktes erhalten. Da Singapur und China seit vielen Jahren engen Bildungsaustausch pflegen, könnte hier besondere Dynamik zu erwarten sein.

Digitale Mediation und Schlichtung

Für asiatische Unternehmen sind außergerichtliche Mediation und Schlichtungsverfahren ausgesprochen wichtig. Die SCI sieht daher auch die digitale Vernetzung entsprechender Organe wie dem Singapore International Mediation Centre (SIMC) und dem Shenzhen Court of International Arbitration (SCIA) vor. Die enge Kooperation der SIMC-Plattform mit dem chinesischen Rechtsorgan soll der schnellen Konfliktlösung mittels Mediation dienen, wodurch hohe Prozesskosten und Zeitaufwand eingespart werden.

Digitale Identitäten

Das achte Feld der SCI-Projekte wird digitales Handeln zwischen beiden Staaten ermöglichen. Partner im internationalen Handelsgeschäft können ohne selbst reisen zu müssen nur mithilfe ihrer jeweiligen digitalen Identitäten in der jeweils anderen Stadt ein Gewerbe anmelden, eine gesetzliche Vertretung benennen oder ein Bankkonto eröffnen. Hier könnte ein neuer weltweiter Standard für das künftige Handelsgeschäft mit China entstehen.

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