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Wirtschaftsumfeld
Special | Slowenien | Coronavirus
Die zweite Coronawelle trifft den slowenischen Dienstleistungssektor besonders hart. Teile der Industrie erholen sich langsam von der Krise. (Stand: 26. Januar 2021)
Von Waldemar Lichter | Ljubljana
Die Coronapandemie hatte 2020 einen starken Rückgang der slowenischen Wirtschaftsleistung verursacht, nach Schätzungen zwischen 6,6 und 7,6 Prozent. Dazu beigetragen hat der Konjunktureinbruch in der Europäischen Union (EU), vor allem bei den Nachbarstaaten und wichtigsten Wirtschaftspartnern des Landes - Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien. All das hat die Inlands- und Exportnachfrage nach slowenischen Industrieerzeugnissen und Dienstleistungen sinken lassen. Angesichts der verschlechterten Epidemielage dürfte die wirtschaftliche Erholung erst im 2. Halbjahr 2021 einsetzen.
Zu den am stärksten betroffenen Branchen gehören nach Einschätzung des regierungsnahen Forschungsinstituts IMAD das Dienstleistungsgewerbe, der Tourismus und die Gastronomie sowie der Non-Food-Handel. Diese litten besonders stark unter den zur Eindämmung der Pandemie verhängten Einschränkungen im öffentlichen Bereich. In diesen Branchen rechnen die IMAD-Forscher für 2020 mit einem zweistelligen Rückgang der Wertschöpfung. Den größten Rückgang dürften dabei persönliche Dienstleistungen (-21,5 Prozent) verzeichnet haben.
Rückläufig, wenngleich nur einstellig, dürfte auch die Wertschöpfung in der Industrie und im Transportgewerbe gewesen sein. Diese Sektoren waren im Frühjahr 2020 von sinkendem Auftragseingang, unterbrochenen Lieferketten und Behinderungen durch eingeschränkte Transportmöglichkeiten betroffen. Weniger stark von der Pandemie betroffen sein dürften dagegen der Energiesektor oder die Landwirtschaft, schätzt IMAD. Andere Bereiche, wie etwa die Telekommunikationsbranche, können dagegen sogar mit einer Zunahme der Umsätze rechnen.
Mit einem drastischen Einbruch bei den Gästezahlen und Umsätzen rechnet der slowenische Tourismus. Die Branche weist einen hohen Anteil von Touristen aus Italien, Deutschland und Österreich auf. Wachstumsimpulse für den leidenden Sektor gingen im Sommer 2020 vom Inlandstourismus aus. Slowenische Touristen erhielten von der Regierung Gutscheine, die für Unterkünfte im Land selbst verwendet werden konnten. Allerdings hat sich diese Maßnahme kaum auf die Belegungsrate der Hotels in Großstädten und Kongresszentren ausgewirkt. Seit Oktober 2020 befindet sich der gesamte Sektor wieder im Sperrmodus.
In den ersten elf Monaten 2020 nahm die Zahl der Übernachtungen gegenüber der Jahresfrist um fast 40 Prozent ab. Bei ausländischen Gästen belief sich der Rückgang sogar auf 70 Prozent. Dabei hatte Sloweniens Tourismussektor 2019 ein überaus erfolgreiches Jahr mit 6,2 Millionen Gästeankünften und 15,8 Millionen Übernachtungen verzeichnet. Zu solchen Zahlen wird Slowenien erst 2023 oder 2024 wieder zurückkehren, schätzt die Touristikexpertin Tanja Mihalič, Professorin an der School of Economics and Business in Ljubljana.
Der Rückgang der Nachfrage europäischer Automobilwerke und die zum Teil unterbrochenen Lieferketten hatten die Automobilindustrie und die große slowenische Kfz-Zulieferbranche anfangs stark getroffen. Der einzige Pkw-Hersteller des Landes, Revoz d.d. (Novo mesto; Teil des französischen Renault-Konzerns), musste Anfang März 2020 seine Bänder für einige Wochen stoppen. Grund sei die unregelmäßige Versorgung des Werkes mit Teilen und Komponenten (vor allem Motoren aus der Türkei) gewesen, hieß es. Andere, wie der Komponentenhersteller Hidria, arbeiteten dagegen mit verringerten Produktionsvolumina weiter. Das erst Anfang 2020 in Betrieb genommene Lackierwerk des kanadisch-österreichischen Konzerns Magna bei Maribor blieb dagegen auch zum Jahresbeginn 2021 geschlossen.
Von der Konjunktur- und Nachfrageabschwächung waren durch den harten Lockdown im Frühjahr 2021 die meisten Industriezweige im Land betroffen, so eine Umfrage der slowenischen Wirtschaftskammer (GZS) unter mittleren und großen Unternehmen. Starke Umsatzrückgänge verzeichneten vor allem Unternehmen in der Elektroindustrie, im Transportwesen, in der Metall- und in der Chemieindustrie. Probleme gab es auch in der Bauwirtschaft, der IT-Branche und beim Handel.
Das verarbeitende Gewerbe hat die zweite Coronawelle im Herbst 2020 recht gut verkraftet. Die Konjunkturerwartungen haben sich jedoch zum Jahresende 2020 angesichts der verschlechterten Epidemiesituation wieder eingetrübt. Die Lage wird dennoch günstiger bewertet als noch im Frühjahr. Dies trifft nach Einschätzung von IMAD vor allem für klein- und mittelständische Unternehmen der Metall-, Gummi- und Kunststoffverarbeitung zu.
Die Produktion in der Kfz-Industrie bleibt aber unter dem Vorjahresniveau, so IMAD. Dem Sektor bereiten vor allem verlängerte Lieferzeiten, die mit globalen Logistikengpässen zusammenhängen, große Probleme. Um ihre Marktposition zu halten und zu verbessern, wollen viele Kfz-Zulieferer Investitionen vorantreiben. So will Hidria (Elektro- und Mechatronikteile) in den nächsten drei Jahren 50 Millionen Euro in die Entwicklung von Hochleistungsprodukten investieren.
Auch die Elektroindustrie entwickelt sich nach den im Frühjahr erzwungenen Produktionseinstellungen wieder stabil. Eines der wichtigsten Branchenunternehmen, der Hersteller von Haushaltsgeräten Gorenje, der zum chinesischen Elektronikkonzern Hisense gehört, bereitet die Produktionsaufnahme von Fernsehgeräten für den europäischen Markt vor.
Geringe negative Folgen hatte bisher die Coronapandemie für den Pharmasektor. So konnte der Generikahersteller Krka im ersten Dreivierteljahr von 2020 seine Umsätze sogar zweistellig steigern. Die Lieferketten funktionierten, die Beschaffung von Rohstoffen sei relativ normal, so Krka-Chef Jože Colarič gegenüber der Tageszeitung Delo.
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