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Special | Ungarn | Wege aus der Coronakrise

Konjunktur- und Hilfsprogramme

Die Folgen der wirtschaftlichen Coronakrise werden abgefedert. Im Fokus standen das Sichern von Arbeitsplätzen und die Unterstützung betroffener Branchen. (Stand: 26. Oktober 2021)

Von Waldemar Lichter | Budapest

Die Regierung bemühte sich anfangs vor allem darum, die negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft zu dämpfen. Seit Anfang 2021 rücken immer mehr Maßnahmen in den Vordergrund, die einen schnellen Neustart ermöglichen und begünstigen sollen.

Mit Beginn der Krise wurden in mehreren Schritten Erleichterungen und Hilfen für Unternehmen, einzelne Branchen und für die Beschäftigten beschlossen. Dazu gehörten zum einen administrative Entlastungen wie etwa Fristverlängerungen auf die Abgabe von Steuererklärungen oder die Lockerung von arbeitsrechtlichen Vorschriften.

Sicherung der Arbeitsplätze durch Kurzarbeit

Zu den wichtigsten Maßnahmen gehörte die Einführung der Kurzarbeit, um bestehende Arbeitsplätze zu sichern. Dabei wurden die Gehälter zu 70 Prozent für die Dauer von drei Monaten vom Staat übernommen, wenn die Arbeitnehmer weiter und zu verkürzten Zeiten arbeiten oder sich fortbilden. Für Beschäftigte der Forschung und Entwicklung (F&E) waren Lohnzuschläge von 40 Prozent vorgesehen.

Dieses Instrument lief Ende 2020 aus und wurde bis Ende März 2021 nur noch für das von den Schließungen hart getroffene Hotel- und Gastgewerbe fortgesetzt. Allein in diesem Sektor wurden bis März 2021 umgerechnet 145 Millionen Euro an Zuschüssen ausgezahlt. Auch die Unterstützung der F&E-Beschäftigten wurde länger fortgeführt.

Zum 1. Juli 2020 ist ferner der Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsabgaben von 17,5 auf 15,5 Prozent gesenkt worden. Ab Juli 2022 wird dieser auf 15 Prozent weiter sinken. Weiterbildungsmaßnahmen werden durch die Übernahme von bis zu 95 Prozent der Kosten und durch günstige Kredite staatlich gefördert. Die Arbeitgeber sollen entsprechende Weiterbildungskurse und Umschulungen der Beschäftigten ermöglichen.

Unterstützung ausgewählter Branchen

Strategisch wichtige Branchen, die besonders unter der Coronakrise leiden, sollen von Subventionen, Steuersenkungen und vergünstigten Krediten profitieren. Dazu gehören vor allem der Tourismus, die Lebensmittelindustrie und der Agrarsektor, die Kreativwirtschaft sowie das Baugewerbe und der Logistiksektor. Gefördert werden auch Investitionen, die zu einer höheren Eigenversorgung beitragen und die Abhängigkeit des Landes von Importen senken können.

Im August 2020 wurde ein Sonderkreditfonds in Höhe von umgerechnet 290 Millionen Euro für den Tourismussektor aufgelegt. Damit sollte vor allem angeschlagenen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) sowie Mikrofirmen mit Darlehen zu Null-Prozent-Zinsen geholfen werden. Weitere Programme fördern Investitionen zur Modernisierung und Erneuerung von Hotels und Pensionen. Investitionsförderprogramme wurden für den Agrarsektor und die Nahrungsmittelindustrie sowie für die Gesundheitsindustrie aufgelegt.

Tilgungs- und Zinsmoratorium verlängert

Um die Liquiditätslage von Unternehmen und Verbrauchern zu entspannen, wurde ferner ein Moratorium für Tilgungs- und Zinszahlungen auf Kredite verfügt, die bis zum 18. März 2020 abgeschlossen wurden. Die Regelung sollte zunächst nur bis Ende 2020 gelten, wurde aber mehrfach verlängert. Ferner sind einige arbeitsrechtliche Vorschriften flexibilisiert worden, etwa die Möglichkeit, Heim- und Telearbeit einseitig anzuordnen.

Die Antikrisenmaßnahmen haben die öffentlichen Haushalte belastet. Ungarns Budgetdefizit soll 2020 nach Schätzungen auf 9 Prozent, der Stand der öffentlichen Verschuldung auf 81 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen sein. Für 2021 hofft das Finanzministerium, das Haushaltsdefizit bei 6,5 Prozent, für 2022 bei 5,9 Prozent des BIP zu halten. Die öffentlichen Schulden sollen dann auf 79,3 Prozent des BIP gedrückt werden.

Aktionsplan für den Neustart

Die Regierung plant bereits für die Zeit nach der Pandemie. Für den Aktionsplan zum Neustart der Wirtschaft werden laut Finanzminister Mihaly Varga im Staatshaushalt 2022 umgerechnet 21 Milliarden Euro (7.300 Milliarden Forint) bereitgestellt. Das entspricht etwa 13 Prozent des ungarischen BIP. Der Krankenversicherungs- und Epidemiepräventionsfonds wird mit einem Budget von 3.600 Milliarden Forint ausgestattet.

Beschlossen wurden ferner steuerliche Erleichterungen für Familien mit Kindern. Jugendliche unter 25 Jahren werden ab dem 1. Januar 2022 von der Zahlung der Einkommensteuer befreit. Geleitet wird der Operativstab der Regierung zum Neustart der Wirtschaft von Péter Szijjártó, Minister für auswärtige Angelegenheiten und Handel.

Neben den Maßnahmen zur unmittelbaren Bewältigung der Pandemiefolgen setzt die ungarische Regierung ihre langfristig ausgerichteten Programme zur Förderung von Investitionen weiter fort, ausländische Direktinvestitionen eingeschlossen. Einen Überblick dazu bietet die Publikation Investitionsklima Ungarn

Einzelheiten zur Coronasituation in Ungarn und zu den Maßnahmen der Regierung sind ferner auf der Sonderseite der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer (DUIHK) erhältlich.

Ungarns Impfplan

Ungarn lag zu Beginn des Sommers 2021 an zweiter Stelle im Ranking der EU-Länder mit der am stärksten durchgeimpften Bevölkerung - nach Malta. Bis Ende Oktober wurden nach Angaben der Regierung fast 5,7 Millionen Menschen vollständig geimpft. Mehr als 1 Million hat bereits eine dritte Impfung erhalten.


Ungarn setzt auf eine Diversifizierung bei der Beschaffung von Vakzinen. Ein großer Teil der Impfpräparate, die im Land verfügbar sind, stammen aus China (Sinopharm) und Russland (Sputnik V). Der Rest wurde im Rahmen der Beschaffung durch die EU von BioNTech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca geliefert. Zugelassen wurden auch einige andere Präparate.


Zusätzlich wird Ungarn über einen eigenen Impfstoff verfügen. Im neu errichteten "Nationalen Impfwerk" in Debrecen soll bereits in der 2. Jahreshälfte 2022 die Produktion eines dort entwickelten Vakzins aufgenommen werden. In dem Werk sollen auch Impfstoffe nach Sinopharm- und möglicherweise auch Sputnik-Technologien gefertigt werden.

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