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Special Vietnam Coronavirus

Vietnams Gesundheitssektor rüstet sich für Pandemie

Vietnam produziert Masken, Handschuhe, Schutzkleidung und neuerdings auch Beatmungsmaschinen. Gesundheits- und Nachverfolgungsapps sind stark gefragt.

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Hanoi

Vietnams Gesundheitswesen steht für ein Land mittleren Einkommens recht gut da. In den städtischen Zentren existieren einige öffentliche spezialisierte Krankenhäuser, die im Regelfall eine medizinisch angemessene Patientenversorgung gewährleisten können.

Bereits im Normalbetrieb aber sind die staatlichen Krankenhäuser in Ho Chi Minh City (HCMC) und Hanoi hoffnungslos überlastet. Branchenexperten schätzen die Auslastung auf 130 Prozent. In vielen der staatlichen Krankenhäuser ist die medizintechnische Ausstattung zudem veraltet oder nicht vollständig einsatzbereit.

Außerhalb der großen städtischen Zentren sieht es mit der ärztlichen - vor allem der intensivmedizinischen - Versorgung eher schlecht aus. Viele lokale und Provinzkrankenhäuser sind weder technisch noch von der Ausbildung des Personals her in der Lage, umfassendere medizinische Notfälle zu behandeln. Ein großflächiger Ausbruch der Coronapandemie in Vietnam würde, so Branchenexperten, in kürzester Zeit zum Kollabieren der medizinischen Versorgung führen. 

Ausgewählte Indikatoren zum Gesundheitswesen in Vietnam

Indikator

2018 

Bevölkerungsgröße (in Mio.)

94,6

Anteil der Bevölkerung über 65 Jahre (in %)

7,4

Anzahl Ärzte pro 1.000 Einwohner 

0,9

Anzahl Krankenhausbetten pro 1.000 Einwohner 

2,8

Gesundheitsausgaben pro Kopf (US$)

149,4

Quelle: Ministry of Health; General Statistics Office; Business Monitor International (BMI)


Vietnams Gesundheitssektor wappnet sich für den Notfall

Das Gesundheitsministerium und die Krankenhäuser des Landes wissen dies. Entsprechend haben Behörden und Krankenhäuser frühzeitig Pandemiepläne für die medizinische Notfallversorgung umgesetzt. In den städtischen Zentren des Landes sind medizinische Einrichtungen für die Behandlung von Covid-Patienten reserviert. Kommt es zu lokalen Ausbrüchen, werden umgehend Feldkrankenhäuser für die separate Behandlung von Covid-Erkrankten errichtet. Landesweit wurden Quarantäneeinrichtungen geschaffen, die zur Zeit vor allem vietnamesische Rückkehrer aus dem Ausland beherbergen.

Die Weltbank unterstützt Vietnam im Rahmen des Emergency Response Project mit 6,2 Millionen US$. Mit den Geldern sollen unter anderem die Testkapazitäten des Landes auf- und ausgebaut werden.

Gesundheitsministerium pusht die Produktion von Notfallausstattung

Das Gesundheitsministerium arbeitet eng mit in- und ausländischen medizintechnischen und pharmazeutischen Unternehmen des Landes zusammen, um den Fortgang der Produktion sicherzustellen. Hierbei liegt das Augenmerk darauf, die im Falle des Ausbruchs erforderliche Ausstattung sicherzustellen. Die Behörden des Landes unterstützen Branchenunternehmen mit Einfuhrerleichterungen und der vorrangigen Zollabfertigung von Vorprodukten für die als „essentiell“ deklarierte medizintechnische Produktion. Wichtige Medikamente und medizintechnische Ausstattung registriert das Gesundheitsministerium im Fast-Track-Verfahren.

Bei medizintechnischen Produkten, die für die Bekämpfung der Pandemie ohne Bedeutung sind (wie orthopädische oder chirurgische Ausstattung) ist die Nachfrage nach wie vor schwach. Nicht notwendige Operationen wurden verschoben und werden nur zögerlich wieder in Angriff genommen. 

Mittlerweile weltweit händeringend gesuchte medizinische Verbrauchsmaterialien wie Gesichtsmasken, Handschuhe oder Schutzkleidung, aber auch Laborausstattung wie Abstrichröhrchen stellt Vietnam selbst her. Soweit es die Versorgungssituation in Vietnam gestattet, gehen diese Produkte auch in den Export. 

Lokale Unternehmen produzieren Beatmungsgeräte

Bei technisch komplexerer Ausstattung wie Röntgengeräten ist Vietnam grundsätzlich auf Importe angewiesen. Knapp 90 Prozent aller medizintechnischen Geräte kamen laut BMI 2018 aus dem Ausland, 14 Prozent davon aus Deutschland. Gerade Beatmungsmaschinen aber sind auf dem internationalen Markt nach wie vor teuer und rar.

Um diese Versorgungslücke zu schließen, ist die Vingroup im März 2020 in die Produktion eigener Beatmungsgeräte eingestiegen. Die Lizenz für die invasiven Beatmungsmodelle liefert die amerikanische Firma Medtronics. Die ersten Geräte wurden im Juni 2020 durch vietnamesische Zertifizierungsbehörden abgenommen und sollen teils auch in den Export gehen.  

Im Bereich Forschung und Smart Health rüstet Vietnam ebenfalls auf. Die Vietnam Military Medical University hat in Zusammenarbeit mit Viet A Technologies im März 2020 ein Covid-Test-Kit entwickelt, das mittlerweile auch exportiert wird, unter anderem nach Europa. 

Zudem  ist Vietnam dabei, einen eigenen Covid-Impfstoff zu entwickeln. Der Nanocovax-Impfstoff des Forschungsinstituts Nanogen befindet sich zur Zeit in der Testphase, mit einer Zulassung wird im Jahr 2022 gerechnet.

Nachverfolgungsapps bleiben gefragt

Gesundheits- und vor allem Covid-19-Tracking-Apps finden Zulauf. Die in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Behörden entwickelten Anwendungen Suc Khoe Viet Nam (Gesundheit Vietnam), die Hanoi Smart City-Patienten-Nachverfolgungsapp sowie die Gesundheitsregistrierungs- und Tracking-App NCOVI zählen in Vietnam zu den stark abgerufenen Anwendungen. Bei allen Apps werden sensibelste Daten (wie der volle Name und Adresse, Gesundheitsstatus und Standort) abgefragt und im Falle einer  Erkrankung auch ganz oder teilweise veröffentlicht. Dies scheint die Nutzer allerdings nicht zu stören.

Das Gesundheitsministerium hat in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Information und Kommunikation zudem mit "Bluezone" eine Tracking-App entwickelt, die den Kontakt mit erkrankten Personen melden soll. Zeitungsberichten zufolge ist diese App mittlerweile auf rund 30 Millionen Smartphones installiert und deckt damit knapp ein Drittel der Bevölkerung ab. 

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