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Special | Polen | Wasserstoff

Unternehmen verfolgen unterschiedliche Ansätze

Polen will Wasserstoff vor allem als Alternative zum Diesel im Transportwesen nutzen. Großinvestitionen existieren auf dem Papier. Lieferprobleme erschweren den Durchbruch.

Von Christopher Fuß | Warschau

Polnische Staatsfirmen kündigen Wasserstoffprojekte an. Obwohl die Betriebe bereits Erfahrungen mit dem chemischen Element sammeln konnten, produziert bislang keines von ihnen emissionsfreien grünen oder blauen Wasserstoff. Neben den öffentlichen Gesellschaften interessieren sich auch private Bergbauunternehmen für Wasserstoff. Firmen stellen außerdem neue Busse mit alternativen Antrieben vor.

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Staatsbetriebe setzen auf blauen und grünen Wasserstoff

Der Chemiekonzern Grupa Azoty ist Polens größter Hersteller von grauem Wasserstoff. Die Produktion könnte bald grüner werden, denn das Unternehmen investiert in Fotovoltaikparks. Im August 2022 hat Azoty mit dem Bau eines Forschungslabors in Kędzierzyn-Koźle begonnen. Die rund 4 Millionen Euro teure Anlage soll die Reinheit von Wasserstoff prüfen. Laut Konzernangaben wäre es die erste Einrichtung dieser Art in Polen. Hohe Reinheitsgrade sind vor allem im Straßenverkehr wichtig. Azoty kooperiert bei der Nutzung von Wasserstoff für Kraftfahrzeuge mit dem japanischen Autobauer Toyota.

Der staatliche Mineralölkonzern PKN Orlen kündigt an, bis 2030 rund 1,7 Milliarden Euro in Wasserstoff zu investieren. Das Unternehmen hat 2021 eine neue Produktionsanlage in Trzebinia bei Krakau in Betrieb genommen. Sie stellt grauen Wasserstoff auf der Basis von fossilen Energieträgern her. Mittelfristig will Orlen auf erneuerbare Energien umsteigen. Der Konzern plant, auch an weiteren Standorten Elektrolyseure zu installieren.

In Poznań, Katowice und Włocławek baut Orlen Wasserstofftankstellen. Bei der Finanzierung helfen EU-Gelder in Höhe von rund 2 Millionen Euro. Außerdem unterzeichnet das Unternehmen Erklärungen mit potenziellen Abnehmern. Öffentliche Verkehrsunternehmen sind eine wichtige Kundengruppe. Gemeinsam mit dem staatlichen Zughersteller PESA präsentierte Orlen im Herbst 2021 eine Wasserstoff-Lokomotive. Vereinbarungen existieren auch mit dem französischen Hersteller Alstom. Der Eisenbahnproduzent will in Polen Wasserstoffzüge verkaufen. Orlen könnte den Treibstoff liefern.

Kooperation mit deutschem Unternehmen

Polens größter staatlicher Gasversorger PGNiG verfolgt laut eigenen Angaben acht Wasserstoffprojekte im Wert von insgesamt über 60 Millionen Euro. Ein zentrales Vorhaben ist das Blue H2-Programm. Im Zentrum steht der Bau einer Produktionsanlage für blauen Wasserstoff im schlesischen Zabrze. PGNiG arbeitet bei diesem Projekt mit dem polnischen Glashersteller ECOGLASS, dem Stahlwerk Huta Pokój und dem deutschen Hersteller von Industriegas Messer Polska zusammen. Im Jahr 2023 soll die Anlage ihren Betrieb aufnehmen. In der Stadt Odolanów könnte PGNiG bald grünen Wasserstoff produzieren. Hier baut das Unternehmen unter dem Projektnamen InGrid eine Modellanlage. Sie soll Wasserstoff aus Fotovoltaikstrom erzeugen und zu Testzwecken ins Gasnetz einspeisen.

Der staatliche Raffineriebetreiber Lotos will ab 2025 Elektrolyseanlagen mit einer Leistung von bis zu 100 Megawatt in Gdańsk aufbauen. Bereits 2022 könnten Arbeiten an einer Modellanlage beginnen. Lotos schätzt die Kosten für das gesamte Vorhaben auf über 220 Millionen Euro. Den nötigen Strom sollen erneuerbare Energien liefern. Auch im ostpolnischen Jasło baut Lotos eine Wasserstoffproduktion auf. Ähnlich wie Orlen setzt Lotos große Hoffnungen auf Energie aus Offshore-Windanlagen vor Polens Ostseeküste.

Auch private Unternehmen investieren

Bis 2030 will der private Braunkohleförderer ZE PAK die Kohleverstromung einstellen. Bereits heute entwickelt der Konzern alternative Geschäftszweige. Für 7,4 Millionen Euro baut ZE PAK eine Wasserstoffproduktion, die mit Fotovoltaikpaneelen betrieben wird. Der gewonnene Kraftstoff soll jährlich 84 Busse mit der nötigen Energie versorgen. Der EU-Innovationsfonds unterstützt das Projekt.

In einem Biomassekraftwerk in der Stadt Konin will ZE PAK ebenfalls Wasserstoff produzieren. Die Lieferung des bestellten Elektrolyseurs verzögert sich aber. Gemeinsam mit der Stadt Rybnik plant der Braunkohleriese den Bau einer Müllverbrennungsanlage. Sie soll Energie für die Wasserstoffproduktion liefern. Das Projekt steht noch am Anfang. Deutlich weiter ist ZE PAK bei den Plänen, einen eigenen Bus mit Wasserstoffantrieb auf den Markt zu bringen. Ab 2023 soll der Bau eines Produktionswerks in Świdnik beginnen.

Ein Prototyp des Fahrzeugs existiert bereits. Die Stadt Konin nutzt diesen im öffentlichen Nahverkehr. Neben einem Bus des Herstellers Solaris ist es das zweite Wasserstoffmodell im Ort. Konin setzt als erste Stadt in Polen einen Bus mit Wasserstoffantrieb dauerhaft ein. Weitere Hersteller versuchen sich auf dem Markt. Das ostpolnische Unternehmen Autosan entwickelt unter dem Markennamen SANCITY eigene Wasserstoffbusse.

Ausschreibungen verzögern sich

Eine Herausforderung scheint die Rohstoffversorgung zu sein. Die Metropolregion Oberschlesien (Górnośląsko-Zagłębiowska Metropolia) erhält staatliche Zuzahlungen für den Kauf von 20 Wasserstoffbussen. Trotzdem will der Städtebund erst dann Fahrzeuge bestellen, wenn ausreichend Wasserstoff regelmäßig geliefert werden kann. Verhandlungen mit Lotos und Orlen dauern an. Hohe Kosten für das Tankstellennetz schrecken Gemeinden zusätzlich ab.

Besser läuft es bei dem privaten Chemieriesen Synthos. Die Firma darf sich über Forschungsgelder aus dem europäischen Forschungsrahmen IPCEI (Important Projects of Common European Interest) freuen. Das Unternehmen will Wasserstoff mittels Hochtemperaturdampf produzieren. Die nötige Hitze könnte ein modularer Kernreaktor liefern (Small Modular Reactor; SMR). Synthos interessiert sich für die Technologie.

Ganz auf erneuerbare Energien setzt hingegen der Steinbruch ŚKSM (Świętokrzyskie Kopalnie Surowców Mineralnych). Bis 2023 will das Unternehmen eine Fotovoltaikanlage mit 3 Megawatt Leistung in Betrieb nehmen. Die Paneele sollen einen Wasserstoff-Elektrolyseur betreiben. Transportfahrzeuge und Baumaschinen werden das chemische Element als Treibstoff nutzen.

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