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Special Vietnam

Vietnams Start-up-Szene ist noch jung, aber quirlig

Vietnam gewinnt als Tech Hub an Renommee. Eine junge, technikaffine Bevölkerung trifft auf ein Umfeld, in dem ebenso technikaffine Investoren finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten außerhalb des bislang noch wenig ausgeprägten Finanz- und Aktienmarktes suchen. Insbesondere Ho Chi Minh City wird in lokalen und internationalen Zeitungen gerne als zukünftiges Silicon Valley Asiens beschrieben. Ob die Stadt in Zukunft diesem Ruf gerecht werden kann, muss allerdings noch abgewartet werden.

Wagniskultur in Vietnam

Vietnamesen verfügen über einen ausgeprägten Unternehmergeist und eine Sehnsucht nach wachsendem Wohlstand. In den Straßen der quirligen Metropolen Hanois und Ho Chi Minh Cities vergeht kein Tag, an dem nicht neue Geschäfte aus dem Boden schießen. Teils müssen sie mangels tragender Geschäftsmodelle zwar ebenso schnell wieder schließen, wie sie aufgemacht haben. Davon lassen sich die Vietnamesen allerdings nicht aufhalten. Wenig später rückt ein neues Unternehmen an die Stelle des alten. Diese von Beobachtern gerne als Grass-Root Entrepreneurship bezeichnete Wagniskultur findet sich nicht nur in der analogen, sondern auch in der digitalen Welt wieder.

Im Verhältnis zu seinem Einkommensniveau ist Vietnam ausgesprochen innovativ. Beim Global Innovation Index 2018 der World Intellectual Property Organization konnte das Land auf Rang 45 aufsteigen und liegt nunmehr lediglich einen Platz hinter Thailand und weit vor Indien, Indonesien oder den Philippinen. Vietnam ist neben der Ukraine und Moldawien damit eines von lediglich drei Lower Middle Income Countries, die es unter die Top 50 der Welt geschafft haben. Mathematik und Naturwissenschaften haben im Land einen hohen Stellenwert. Vietnamesische Schüler lagen im Pisa-Vergleich 2015 auf dem achten Rang weltweit und damit acht Positionen vor Deutschland (Rang 16).

Staatliche und private Förderlandschaft noch im Aufbau

Die Start-up-Szene ist jung. Entsprechend wenig ausgeprägt ist die institutionalisierte Förder- und Finanzierungslandschaft. Auch die universitäre Forschung und Entwicklung befindet sich Experten zufolge noch in der Aufbauphase. Die vietnamesische Regierung hat die Förderung der Start-up-Kultur fest ins Auge gefasst. Sie legte 2016 einen Plan zur Unterstützung von Start-ups auf. Danach sollen junge Unternehmen nicht nur finanziell, sondern auch durch Mentoring, Inkubatoren und Acceleratoren gefördert werden.

Als zentrales staatliches Förder- und Innovationszentrum wird den Regierungsplanungen zufolge das National Innovation Center (NIC) in Hanoi fungieren. Voraussichtlich 2019 beginnen im Hanoier Hoa Lac High Tech Park die Bauarbeiten, und ab 2020 soll das NIC insgesamt 40 großen Technologieunternehmen, 150 Start-ups und kleinen und mittleren Unternehmen sowie 15 Risikokapitalfonds eine Heimat bieten.

Bildungseinrichtungen hinken bei angewandter Forschung noch hinterher

Bildungseinrichtungen wie Universitäten sind bislang noch kein bedeutender Hort von Innovationskraft. Ein veralteter, starrer und theorielastiger Lehrplan hemmt moderne Forschung. Zudem sind Hochschulen vorrangig ausbildungsorientiert. Allerdings arbeiten Staat und Universitäten an einer Reform des Hochschulwesens. Universitäten sollen an Autonomie gewinnen und die universitäre Forschung in den Vordergrund rücken.

Mit der Hanoi University of Science and Technology und den beiden Nationaluniversitäten in Hanoi und Ho Chi Minh City verfügt das Land über erste akademische Zentren, die sich auch auf die Förderung von Start-ups konzentrieren. In Danang und Hue gibt es ebenfalls fachlich gute Universitäten, die das Potenzial haben, sich zu Forschungsuniversitäten zu entwickeln. Technologieunternehmen fokussieren sich zunehmend darauf, mit Universitäten zusammenzuarbeiten - auch, um junge Talente frühzeitig anwerben zu können.

Acceleratoren und Investoren verstärken ihr Engagement

Die Förderlandschaft für Start-up-Unternehmen befindet sich noch in der Anfangsphase. Allerdings engagieren sich sowohl der Staat als auch vietnamesische und ausländische Investoren zunehmend.

VinTech, eine Tochter des Industriekonglomerats Vingroup, investiert rund 86 Millionen US-Dollar (US$) in das Vingroup Silicon Valley Program. Auf mehr als 70 Hektar sollen im Hanoier Dong Anh Distrikt vollausgestattete Büro- und Forschungsgebäude entstehen, die speziell für Start-ups und wissenschaftliche Forschung reserviert sind.

Auch das durch die Vietnam National University HCMC betriebene Programm iStartX unterstützt Gründer. Hierfür stellt das Programm nicht nur Inkubatorenleistungen zur Verfügung, sondern auch ein Acceleratorenpogramm.

Wichtigster heimischer Accelerator ist der Vietnam Innovative Startups Accelerator (VIISA). Hinter VIISA stehen wichtige IT-Unternehmen und Finanzinstitute wie FPT, Dragon Capital, die Hanwha Group (South Korea) sowie die BIDV Securities Company. VIISA stellt Mentoring und Gründerkurse und unterstützt bei der Finanzierung.

Die 2017 gegründete Start up Vietnam Foundation fördert Gründer mit Coaching, Mentoren und einem - bislang noch eher schwach ausgebildeten - Investorennetzwerk.

Finanzierung für Start-ups noch schwierig

Die Finanzierung von Start-Ups ist bislang noch unterentwickelt, auch wenn vietnamesische und internationale Investoren die zwar noch kleine, aber sich rasch entwickelnde Start-up-Szene langsam entdecken.

Eigenkapital ist in der Regel bei den Gründern kaum vorhanden. Kann die Familie nicht einspringen, sind sie auf Fremdfinanzierung angewiesen. Der klassische Bankensektor ist zur Zeit noch zu unflexibel, um für Start-ups eine Finanzierung bereitzustellen. Auch staatliche Förderprogramme stehen erst in den Anfängen.

Ausländische und vietnamesische Unternehmen und Privatpersonen aus dem Bereich der Informationstechnologie sowie Drittbranchen interessieren sich zunehmend für Start-ups und die entsprechenden Investitionsmöglichkeiten. Risikokapitalunternehmen der ersten Stunde sind IDG Ventures Vietnam, seit 2004 am Markt, sowie DFJ-VinaCapital, ein vietnamesisch-amerikanisches Gemeinschaftsprojekt. Seit 2018 agiert Vinacapital als eigener Risikokapitalfonds.

500 Startups, ein Venturecapitalunternehmen aus dem amerikanischen Silicon Valley, hat 2016 einen ursprünglich auf 10 Millionen US$ ausgelegten Fonds aufgelegt. Im Jahr 2018 meldete das Unternehmen, dass die Fondseinlagen 14 Millionen US$ erreicht hätten. Insgesamt will das Unternehmen 500 Startups 100 bis 150 Start-ups mit Investitionen zwischen jeweils 100.000 und 250.000 US$ bis zur Exitreife bringen. Der heimische ESP Risikokapitalfonds ist seit 2017 in Vietnam aktiv und hat sich auf die Early Stage-Finanzierung von Start-ups spezialisiert. Einzelunternehmen wie FPT oder die Vingroup fördern Start-ups durch eigene Programme.


Text: Frauke Schmitz-Bauerdick

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