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Special China Seidenstraße

Welche Länder sind Teil der neuen Seidenstraße?

Knapp 75 Prozent aller Staaten der Welt unterzeichneten bereits ein Abkommen im Rahmen von Chinas Seidenstraßeninitiative. (Stand: 17.03.2022)

Von Lisa Flatten, Sandra Zwick | Bonn

Laut offizieller chinesischer Webseite zur Seidenstraßeninitiative wurden 147 sogenannte Memorandums of Understanding (MoU, Abkommen) im Rahmen der neuen Seidenstraße (Belt and Road Initiative, BRI) geschlossen. Neben 146 Ländern unterzeichnete auch ein Länderbündnis, die Afrikanischen Union, ein solches Abkommen mit China. Das Reich der Mitte hatte sich in den frühen Jahren der 2013 präsentierten Initiative klar auf den asiatischen und europäischen Raum konzentriert, während Afrika, Südamerika sowie die pazifischen Staaten später in den Fokus rückten. Die hier genutzte chinesische Quelle kann von unabhängigen Informationen der einzelnen BRI-Länder abweichen.

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Einmal um die Welt verläuft die neue Seidenstraße

In der Europäischen Union (EU) haben bereits 18 der 27 Mitgliedsstaaten ein Abkommen im Rahmen der BRI mit China getroffen. Rumänien war hier 2015 der erste Unterzeichner. Viele Staaten folgten, bis 2019 Zypern als vorerst letztes EU-Land der Initiative beitrat. Deutschland hat kein solches MoU unterzeichnet. Auch die anderen acht EU-Staaten ohne Abkommen liegen in Westeuropa.

Insbesondere mittel- und osteuropäische Länder schienen Chinas neuer Seidenstraße – vor allem im Rahmen des regelmäßig stattfindenden 17+1-Formats – zunächst aufgeschlossen gegenüberzustehen. Beim 17+1-Gipfel im Jahr 2021 zeichnete sich jedoch ab, dass einige Staaten die Zusammenarbeit mit China mittlerweile kritischer sehen. Litauen trat dann auch im selben Jahr aus dem Kooperationsformat aus.

In Afrika unterzeichneten bereits rund 93 Prozent der Länder ein BRI-MoU. China konnte zudem die Mehrheit der asiatischen Staaten für seine Initiative gewinnen. Darunter auch alle Mitgliedsstaaten des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN).

Im Nahen Osten und in Südasien haben sich bereits 19 Staaten der BRI angeschlossen. Indien stand der Initiative dagegen von Beginn an kritisch gegenüber. Ähnlich hält es Japan, das sich jedoch für ein von der BRI unabhängiges bilaterales Abkommen mit China zur Zusammenarbeit auf Drittmärkten entschied. Solche bilateralen Erklärungen zu Entwicklungsprojekten in Drittländern sind keine Seltenheit, auch Frankreich schloss beispielsweise 2015 ein solches Abkommen mit China.

Sieben der acht postsowjetischen Staaten in Zentralasien und im Kaukasus (außer Turkmenistan) traten ebenfalls der neuen Seidenstraße bei. Im pazifischen Raum wurden bisher elf Abkommen im Rahmen der BRI unterzeichnet. Während Neuseeland 2017 ein BRI-MoU mit China schloss, sprach sich das Nachbarland Australien gegen eine Teilnahme aus. Der australische Bundesstaat Victoria unterzeichnete im Jahr 2018 ein eigenes MoU mit China. Dies geschah jedoch zum Missfallen der australischen Regierung, die das Abkommen 2021 wieder aufkündigte. In Lateinamerika und der Karibik gingen 24 Staaten ein Abkommen ein.

Beitritte zur BRI erfolgten in Wellen

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Die europäischen Länder traten vermehrt zwischen 2014 und 2017 der Initiative bei. Auch asiatische und postsowjetische Staaten unterzeichneten vor allem in den ersten vier Jahren nach Vorstellung der Initiative. Die ASEAN-Länder traten nicht simultan der neuen Seidenstraße bei, sondern verteilt über die zweite und dritte Beitrittswelle (2016-2018). Die meisten afrikanischen und pazifischen Staaten kamen dann im Jahr 2018 hinzu. Dies gilt ebenso für den lateinamerikanischen sowie den karibischen Raum.

Damit haben rund 75 Prozent aller Länder der Welt ein Abkommen zur BRI unterzeichnet. Jedoch beschränkt China seine Aktivitäten nicht nur auf Länder mit BRI-MoU. In Brasilien investiert China beispielsweise in die Digitalisierung und die Entwicklung von Häfen, ohne dass ein BRI-MoU abgeschlossen wurde.

Was beinhaltet ein BRI-Abkommen?

Von den 147 geschlossenen Abkommen sind nur drei offiziell einsehbar. Dies betrifft die Vereinbarungen mit Neuseeland, Polen und Ungarn. Auch wenn es Unterschiede in der Ausgestaltung der MoUs gibt, ist die Grundstruktur ähnlich. Nach der Übereinkunft die Zusammenarbeit zu vertiefen, einigen sich die Parteien auf fünf Kooperationsprioritäten im Rahmen der BRI. Dabei bildet die Verflechtung von Politik, Handel, Finanzmärkten, Infrastruktur und Kultur die Grundlage der MoUs. Die Zusammenarbeit kann ein breites Spektrum an Bereichen abdecken, wie zum Beispiel die gemeinsame Entwicklung von Verkehrsinfrastruktur, die Errichtung von Industriezonen, die Förderung von Handel und Investitionen oder die finanzielle Zusammenarbeit. Abweichungen von dieser grundlegenden Ausgestaltung der Abkommen gibt es laut chinesischen Quellen in 25 von 147 Fällen.


Auf die grundlegenden MoUs folgen oftmals Anschlussabkommen, die sich mit spezifischen Projekten sowie Kooperationsfeldern befassen. Bulgarien, Kroatien und Lettland unterzeichneten beispielsweise ein zusätzliches Abkommen zu Häfen und Industrieparks, während in Ungarn ein weiterführendes MoU den Fokus auf das Bahnprojekt Budapest-Belgrad legte. Polen konzentrierte sich in zusätzlichen Abkommen auf die Zusammenarbeit im Güterzugverkehr.


Ein kleiner Teil der Abkommen wurde kollektiv im Rahmen von Gipfeltreffen und Foren unterzeichnet – etwa 37 Prozent aller 146 mit Ländern abgeschlossenen MoUs. Die restlichen 63 Prozent wurden bilateral außerhalb von Foren mit China geschlossen.

Nur wenige Projekte gehen in Europa auf ein BRI-MoU zurück

Auch wenn sich chinesische Baufirmen zunehmend in Europa engagieren, scheint die konkrete Umsetzung von Infrastrukturprojekten angetrieben duch den Abschluss von BRI-MoUs, insbesondere in der EU, bisher auszubleiben.

Polen, eines der ersten Seidenstraßenländer in der EU, legte beispielsweise seinen Schwerpunkt auf den Anschluss seiner Netze an die eurasischen Transportkorridore, statt auf die Umsetzung chinesischer Vorhaben im eigenen Markt. Die Bauvorhaben (beispielsweise Trockenhäfen in Malaszewicze und Slawkow) sollen hauptsächlich durch eigene sowie EU-Gelder finanziert werden. Beim Umschlag von Güterzügen aus Asien bekommt Polen aber zunehmend Konkurrenz, beispielsweise durch Ungarn.

Portugal unterzeichnete 2018 ein MoU mit China. Obwohl die beiden Länder die Absicht unterstrichen, in Feldern wie Infrastruktur, Mobilität, Energie und im Zusammenhang mit Luftfahrt- und Meeresforschung zu kooperieren, folgten bis heute aber kaum konkrete Projekte. Auch das gemeinsame Vorzeigeprojekt, der Ausbau des Hafens von Sines, wurde von China nicht weiterverfolgt.

Italiens Beitritt zur BRI im Jahr 2019 wurde von Kritik begleitet. Eine Vielzahl an für 2020 gemeinsam geplanten Projekten wurden aufgrund der Covid-19-Pandemie verschoben. Mit der Draghi-Regierung ist die zukünftige Umsetzung chinesischer Projekte in Italien nun noch unwahrscheinlicher geworden. Dies machten auch eine Reihe von Übernahmevetos (beispielsweise bei Halbleitern) deutlich.

In Griechenland sind zwei Vorhaben zu nennen, die ebenfalls vor der BRI ihre Anfänge fanden: 1) Kooperation zwischen Griechenlands Stromnetzbetreiber Independent Power Transmission Operator (IPTO) sowie dem chinesischen Staatskonzern State Grid International Development, der 24 Prozent am Aktienkapital des griechischen IPTO hält; 2) Betrieb und Ausbau des Hafens von Piräus durch COSCO. Dieser wurde 2016 zu Chinas Vorzeigeprojekt der BRI, ist aber bereits seit 2008 Teil der chinesischen Handelsstrategie. Im Jahr 2003 wurde die Betriebsgesellschaft des Hafens von Piräus an der griechischen Börse notiert. Seitdem bestand bereits Interesse von chinesischer Seite, das sich im Rahmen von Verhandlungen äußerte.

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