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Special | Australien | Smart Farming

Ziele: Smart Farming soll Anpassung an Klimawandel erleichtern

Australien will seine landwirtschaftliche Produktion deutlich steigern. Gleichzeitig müssen Lösungen für die bereits spürbaren Folgen des Klimawandels gefunden werden.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Australische Farmer sind sehr innovativ und gelten als Early Adaptors im Bereich Smart Farming. Technologieanbieter stoßen deshalb auf ein interessiertes und aufgeschlossenes Umfeld.

Auch in der Wachstumsstrategie des Agrarsektors spielt Smart Farming eine zentrale Rolle. Die National Farmer's Federation (NFF) verfolgt mit ihrer Roadmap 2030 das ehrgeizige Ziel, die Produktion der australischen Landwirtschaft um etwa 64 Prozent zu steigern. Zielmarke ist dabei, bis 2030 einen landwirtschaftlichen Produktionswert von 100 Mrd. australischen Dollar ($A) zu erreichen, umgerechnet rund 69 Mrd. US-Dollar (US$) (1$A = 0,6906 US$, durchschnittlicher Wechselkurs 2020). Im Finanzjahr 2019/20 (Juli bis Juni) lag der erzielte Wert noch bei rund 61 Milliarden $A (rund 42 Mrd. US$).

Nach Einschätzung von Agrarexperten kann diese Zielvorgabe nur durch neue Methoden und Technologien erreicht werden. Neben einer verbesserten Infrastruktur ist die Digitalisierung der Landwirtschaft deshalb eine tragende Säule der Strategie. So sollen bis 2030 alle australischen Farmen Internet-of-Things-Anwendungen (IoT) nutzen können.

Smart Farming soll Ertragssteigerung fördern

Nach Berechnungen von NBN Co, dem staatlichen Betreiber des nationalen Breitbandnetzwerkes, könnte die jährliche Wertschöpfung durch eine großflächige Digitalisierung der Landwirtschaft um 15,6 Milliarden $A oder 25 Prozent gesteigert werden.

Die größten Produktivitätszuwächse werden durch integrierte Systeme zur Überwachung von Umwelteinflüssen erwartet, beispielsweise Sensorik und Analysesoftware. Dies könnte der derzeitigen Wertschöpfung einen Schub um etwa 12,3 Milliarden $A oder 20 Prozent geben. Weitere 3,3 Milliarden $A beziehungsweise 5 Prozent könnten Robotik und Automatisierung beisteuern.

"Neben Kosteneinsparungen und Ertragssteigerungen ist insbesondere der Klimawandel ein Treiber für den Einsatz von Smart Farming-Anwendungen", sagt Michael Macolino, AgTech Experte bei dem Beratungsunternehmen BDO in Adelaide. Die klimatischen Verhältnisse auf dem roten Kontinent sind schon immer durch eine sehr hohe Variabilität geprägt. Durch die globale Erwärmung werden die Extreme wie Dürren, Buschfeuer und Starkregen mit Überflutungen zunehmen.

"Da das australische Wetter infolge des Klimawandels unbeständiger wird, ist es für die Farmer wichtig, fundierte und vorausschauende Entscheidungen zu treffen, so Macolino. "Dazu bedarf es insbesondere Lösungen, die präzise Vorhersagen und eine Datengrundlage in Echtzeit ermöglichen."

Folgen des Klimawandels bereits spürbar

Mit den Herausforderungen durch den Klimawandel werden die australischen Bauern bereits deutlich konfrontiert. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1910 hat sich die Temperatur im Jahresdurchschnitt bereits um 1,44 Grad erhöht. Insbesondere die Niederschlagsmuster verschieben sich dadurch. Die wichtigen Gebiete für den Feldanbau im Südosten und Südwesten des Landes werden trockener. Im durch große Rinderfarmen geprägten Norden steigen hingegen die Niederschläge.

Das Jahr 2019 gab nach Ansicht von Experten einen Vorgeschmack auf die in Zukunft verstärkt drohenden Wetterkapriolen. Im Norden des Bundesstaates Queensland starben etwa 600.000 Rinder durch Überschwemmungen. Im Süden verursachte hingegen eine schwere Dürre große Schäden. Die begleitenden Buschfeuer zerstörten neben großen Waldflächen auch fast 1 Million Hektar Agrarland.

Nach Zahlen des Australian Bureau of Agricultural and Resource Economics and Sciences (ABARES) gibt es durch die Klimaveränderungen bereits spürbare Auswirkungen für die Profitabilität der landwirtschaftlichen Betriebe. Seit dem Jahr 2000 gab es bereits einen durchschnittlichen Rückgang um 22 Prozent. Besonders betroffen ist der Feldanbau mit einem Minus von 35 Prozent.

Ohne Anpassungsmaßnahmen drohen massive weitere Beeinträchtigungen. Das Australian Farm Institute hält beispielsweise bis 2050 einen klimabedingten Rückgang der Rindfleischproduktion in Queensland und dem Northern Territory um 33 Prozent für möglich.

Smart Farming-Lösungen sollen wichtige Beiträge zur Vermeidung oder Abmilderung solcher Folgen bieten. Dazu zählen neben Frühwarnsystemen für Wetterereignisse beispielsweise die Echtzeitüberwachung der Viehherden auf den oft mehrere hunderttausend Hektar großen Rinderfarmen. Dies kann wichtige Informationen liefern, beispielsweise um den Viehbesatz an die lokale Weidequalität anzupassen.

Auch im Feldanbau können Überwachungssysteme basierend auf Satelliten, Drohnen oder stationären Sensoren für eine zeitliche Optimierung bei Aussaat, Düngung, Bewässerung und Ernte sorgen und den Ressourceneinsatz reduzieren.

Regierung arbeitet an neuer Strategie für Smart Farming

Zuständig für Innovation in der Landwirtschaft sind in erster Linie die Rural Research and Development Corporations (RDC). Diese finanzieren sich sowohl über staatliche Zuschüsse als auch über Beiträge der landwirtschaftlichen Betriebe. Insgesamt gibt es für den Agrarsektor bereits 15 RDCs. Dazu zählen beispielsweise Horticulture Innovation Australia, Meat and Livestock Australia oder Dairy Australia. Zusammen investieren diese jährlich umgerechnet rund 550 Millionen US$ in die Innovationsförderung.

Noch im ersten Halbjahr 2021 will die australische Regierung die National Agricultural Innovation Agenda vorstellen. Diese soll einen sektorübergreifenden Ansatz ermöglichen und auch Digital Foundations beinhalten.

Staat fördert digitale Projekte finanziell

Zudem stellt die Regierung Fördermittel im Rahmen des National Landcare Program (NLP) bereit. Über das Instrument Smart Farms Small Grants wurden bereits 384 Projekte mit einem Gesamtwert von umgerechnet rund 18 Millionen US$ unterstützt. Bis 2023 sollen über zwei Vergaberunden weitere 12 Millionen US$ vergeben werden. Weitere Förderprogramme gibt es auf der Ebene der einzelnen Bundesstaaten. So betreibt New South Wales beispielsweise den Farm Innovation Fund.

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