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Branchen | Südafrika | Windenergie

Lokale Hersteller profitieren von Ausschreibungen für Erneuerbare

In Südafrika beschränken insbesondere industriepolitische Maßnahmen den freien Handel. Ausschreibungsrichtlinien für die erneuerbaren Energien fördern die Fertigung vor Ort.

Von Fausi Najjar | Johannesburg

Die Aussichten für die inländische Erzeugung von Komponenten für Solar- und Windkraftanlagen haben sich deutlich verbessert. Grund hierfür ist vor allem das Ausschreibungsprogramm Renewable Energy Independent Power Producer Procurement Programme (REIPPPP). Das Programm hat nach einer Vernachlässigung seit 2015 ab dem Jahr 2020 eine Wiederbelebung erfahren.

REIPPPP richtet sich an private Erzeuger (Independent Power Producer; IPP), die auf erneuerbarer Basis Strom an das nationale Netz liefern. Die Ausschreibungen umfassen - neben Auflagen zur Beteiligung benachteiligter Bevölkerungsgruppen - auch Qualifikationskriterien zur Berücksichtigung der lokalen Produktion (Local Content).

Zuschläge für aktuelle Bieterrunde veröffentlicht

Ende Oktober sind die 25 präferierten Anbieter (preferred bidder) für die REIPPPP 5 genannt worden. In der Bieterrunde war eine Gesamtkapazität von 2.600 Megawatt ausgeschrieben, davon 1.600 Megawatt für die landseitige Windkraft und 1.000 Megawatt für Fotovoltaik-Flächenanlagen. Laut Regierungsangaben ist Anfang 2022 mit der sechsten Runde zu rechnen. Sollten die Ausschreibungen im Rahmen von REIPPPP tatsächlich zügig fortgesetzt werden, dürften diese Investitionen die Komponentenfertigung weiter anschieben.

Doch nicht nur REIPPPP dürfte die lokale Herstellung von Teilen für Solar- und Windanlagen begünstigen. Die erneuerbaren Energien werden auch davon profitieren, dass Unternehmen seit August 2021 ohne großen bürokratischen Aufwand Erzeugungskapazitäten bis zu 100 Megawatt für den Eigenbedarf und für die Lieferung an Dritte schaffen können.

Auf der Grundlage des REIPPPP-Verfahrens sind bislang 89 unabhängige Stromanbieter mit einer Kapazität von 6.855 Megawatt an das nationale Netz angeschlossen. Vier weitere Anbieter werden in Kürze an das Netz gehen. Dem Energieplan der südafrikanischen Regierung zufolge sollen die erneuerbaren Energien kräftig ausgebaut werden.

Mehr Pragmatismus

Gegenüber vorherigen Bieterrunden gab es bei REIPPPP 5 einige wichtige Änderungen bei den Bewertungsrichtlinien. Diese haben das Prozedere für ausländische Anbieter sicherlich erleichtert. Dennoch bleiben die Verfahren äußerst aufwändig und komplex.

Zum einen wurde in REIPPPP 5 der Preisaspekt gegenüber gesellschaftlichen und industriepolitischen Ausschreibungskriterien gestärkt. Bei den Bewertungskriterien ist der preisliche Aspekt mit einer Gewichtung von 90 Prozent in die Beurteilung eingeflossen. Im Unterschied dazu waren es früher lediglich 70 Prozent.

Zum anderen gab es Änderungen bei den Quoten für die heimischen Produktionsanteile. Der für die Qualifikation geforderte lokale Anteil an der Investition für den Bau von Anlagen liegt weiterhin bei 40 Prozent. Für die laufenden Betriebskosten sind es 45 Prozent. Im Unterschied zu den vorherigen Ausschreibungsrichtlinien sind neben den obligatorischen Local-Content-Quoten keine Zielvorgaben angeführt, die über die Mindestanforderungen hinaus gehen. Deswegen hatten höhere Anteile in Runde 5 keine positive Auswirkung auf die Bewertung.

Wie auch zuvor setzte REIPPPP 5 für eine Qualifizierung des Bieters Eigentumsanteile von Angehörigen der während der Rassendiskriminierung entrechteten Bevölkerungsmehrheit (kurzum Schwarze) voraus. Der geforderte Anteil schwarzer Eigentümer als IPP liegt bei 30 Prozent. Bei den baulichen Leistungen und Verträgen für die Wartung von Anlagen ist eine 25-prozentige schwarze Eigentumsbeteiligung gefordert, wovon 5 Prozent schwarzen Frauen vorbehalten sind.

Die Ausschreibungskriterien für REIPPPP 5 umfassten außerdem Auflagen für die Beschäftigung und Ausbildung sowie die Entwicklung von Zulieferbetrieben und Unterstützung anliegender Gemeinden. Ob die eher pragmatische Herangehensweise auch in die kommenden Ausschreibungsrunden Eingang finden wird, bleibt offen.

Zwischen Globalisierungsdruck und sozialer Transformation

Seit dem Eintritt in die globale Wirtschaft 1994 steht die inländische Industrie unter erheblichem Druck. Mit dem Ende der institutionalisierten Rassendiskriminierung in den 1990er-Jahren hat sich Südafrika von einem stark von Protektionismus und Isolation geprägten in ein weitgehend in die Weltwirtschaft integriertes Land entwickelt.

Mit der Einbindung des Kaplandes in den Weltmarkt sind die durchschnittlichen Zollsätze von 27,5 Prozent  im Jahr 1990 auf 8 Prozent (2006) und 5 Prozent (2016) gefallen. Im Zuge dessen sind Branchen der verarbeitenden Industrie erheblich geschwächt worden. So ist zum Beispiel die Produktion von Textil- und Bekleidungs- sowie der Leder- und Schuhindustrie grob geschätzt um 40 Prozent geschrumpft.

Im Gegenzug zur Senkung der Zölle hat Südafrika eine Industriepolitik eingeführt, die neben rein wirtschaftspolitischen Zielen vor allem auf die Förderung der in der Apartheid unterdrückten Bevölkerungsmehrheit (vor allem Schwarze, aber auch andere Gruppen) zielt. Kritiker sehen bei den Maßnahmen zum Empowerment der schwarzen Bevölkerungsmehrheit oftmals eine gesellschaftspolitische Überfrachtung der Wirtschaftspolitik, die unter Umständen eben die gewünschte gesellschaftliche Transformation behindert; allein schon, weil Investitionen zu schwach ausfallen.

Der Weg zurück in den Protektionismus oder ein vollständiger Stopp staatlicher Eingriffe sind aber ebenso umstritten. Bestehen bleibt die Frage, wie das historisch entstandene hohe  Wohlstandsgefälle, das sich zwischen der schwarzen und weißen Bevölkerung verfestigt hat, überwunden werden soll. Der Anteil schwarzer Arbeitgeber und Selbständiger an der schwarzen Bevölkerung stagniert von 2008 bis 2019 bei 3 Prozent. Die entsprechende Quote bei der historisch privilegierten Gruppe der Weißen liegt weitaus höher.

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