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Halbleiterboom setzt sich fort

Die taiwanische Produktion von Halbleitern zieht weiter stark an. Die Branchenfirmen investieren im In- und Ausland in den Ausbau ihrer Kapazitäten.

Von Alexander Hirschle | Taipei

Der Halbleitersektor wird auch 2022 entscheidenden Einfluss auf die konjunkturelle Dynamik in Taiwan ausüben. Es gibt Anfang des Jahres keine Anzeichen für ein Ende des Booms. Denn die taiwanische Produktion von Halbleitern zieht weiter stark an. Nachdem der Output bereits 2020 im ersten Coronakrisenjahr um mehr als 20 Prozent nach oben geschraubt werden konnte, liegen die Schätzungen von lokalen Think-Tanks für 2021 bei einer Steigerung von knapp 26 Prozent auf 147 Milliarden US-Dollar (US$).

Auch für das laufende Jahr 2022 wird wieder ein Plus prognostiziert aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage nach Halbleitern. Allerdings wird das Wachstum mit rund 10 Prozent etwas moderater ausfallen, was nicht zuletzt auf Lieferschwierigkeiten bei einigen Materialien zurückzuführen ist. Auch der globale Markt soll 2022 etwas an Fahrt verlieren und dem Fachverband SIA (Semiconductor Industry Associaton) zufolge "nur" noch um 8,8 Prozent zulegen, nachdem im Vorjahr noch ein Plus von knapp 26 Prozent verzeichnet werden konnte.

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Konzentrationsprozess schreitet voran

Die Halbleiterbranche gilt als äußerst kapitalintensive Industrie. Die Kosten für den Aufbau einer Fabrik sind enorm. Sie können zweistellige Milliardenbeträge erreichen. Aus diesem Grund hat sich in den vergangenen Dekaden ein starker Konzentrationsprozess im Sektor vollzogen. Nach Berechnungen von IC Insights konnten 2021 insgesamt 17 Firmen Umsätze von mehr als 10 Milliarden US$ mit Halbleitern erzielen, darunter neun US-amerikanische Gesellschaften, drei europäische, zwei taiwanische, zwei südkoreanische und ein japanisches Unternehmen.

Spitzenreiter war Samsung mit einem geschätzten Absatz von 83 Milliarden US$, gefolgt von Intel mit knapp 76 Milliarden US$. Die taiwanische TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Co.) landete mit fast 57 Milliarden US$ auf Rang drei. Die Investitionen in Chip-Fabriken sind daher auf wenige Player und Länder konzentriert. Taiwan soll 2022 nach Südkorea der zweitgrößte Nachfrager für Halbleiterausrüstung sein. Auch aus der Wertschöpfungskette zieht es Unternehmen zunehmend nach Taiwan

TSMC setzt großen Investitionsplan um

Der groß angelegte Investitionsplan von TSMC liegt Pressemeldungen zufolge auf Kurs: 100 Milliarden US$ will der Branchengigant bis 2023 in die Erweiterung der Kapazitäten investieren. Davon im Jahr 2022 alleine 44 Milliarden US$. Im Herbst 2021 hat TSMC mit der Pilotproduktion von 3-Nanometer-Chips in seiner "Fab 18" in Südtaiwan begonnen. Nach Angaben von Brancheninsidern soll die Massenfertigung dieser Halbleitergeneration im 4. Quartal 2022 starten. In Kaohsiung wiederum wird 2022 mit dem Bau einer Fab für 7- und 22-Nanometer-Chips begonnen, die dort ab 2024 vom Band laufen sollen.

Auch ein Projekt in Japan kommt voran. Hier hat TSMC gemeinsam mit Sony Semiconductor Solutions Corp. (SSS) im November 2021 ein Joint Venture mit Namen JASM (Japan Advanced Semiconductor Manufacturing Inc.) aufgesetzt. Die neue Gesellschaft, bei der TSMC die Mehrheitsanteile hält, soll künftig 22- und 28-Nanometer-Chips in Auftragsfertigung herstellen. Diese stellen zwar nicht die Speerspitze der technologischen Entwicklung dar, können aber in vielen Bereichen wie Sensoren und Steuerungen vor allem in der Automobilindustrie eingesetzt werden.

Mit dem Bau der Fab soll 2022 in der Präfektur Kumamoto in Süd-Japan begonnen werden, die Produktion Ende 2024 starten. Die Kapazitäten werden sich voraussichtlich auf 45.000 Wafer pro Monat belaufen, die Investitionskosten werden von den Medien auf rund 7 Milliarden US$ taxiert. Davon dürfte ein nicht unerheblicher Teil als Subvention der japanischen Regierung fließen – Branchenstimmen gehen von bis zu 50 Prozent aus. Im Dezember 2021 stimmte auch die Investitionskommission des taiwanischen Wirtschaftsministeriums dem Vorhaben zu.

Taiwan war 2021 angesichts der global grassierenden Chip-Knappheit stark in den internationalen Fokus geraten. Der Nachfrageüberhang speziell im Kfz-Sektor dürfte auch mittelfristig ein Thema bleiben aufgrund des steigenden Bedarfs an Halbleitern im Zuge der Megatrends wie Digitalisierung, 5G-Kommunikation, elektrischen und selbstfahrenden Fahrzeuge sowie künstlicher Intelligenz.

Arbeitskräftemangel zeichnet sich ab

Allerdings bereiten einige Aspekte den Branchenfirmen auch Sorgen. Es zeichnet sich ab, dass Arbeitskräfte fehlen, das gilt vor allem für hochqualifizierte Fachkräfte. Nach Berechnungen des Portals "104 Job Bank" gab es von Arbeitgeberseite in der zweiten Jahreshälfte 2021 einen Nachfrageüberhang von 27.000 Beschäftigten im Sektor, 44 Prozent mehr als im Vorjahr.

Dieses Problem dürfte sich bei einem relativ kleinen Arbeitsmarkt mit nur rund 23 Millionen Einwohnern auf der Insel und gleichzeitig sehr niedrigen Geburtenraten künftig weiter verschärfen. Zumal durch die Einreisebeschränkungen im Rahmen der Covidbekämpfung der Zuzug von ausländischem Fachpersonal erschwert wurde. Auch sinkt die Zahl der Universitätsabsolventen in diesem Bereich seit Jahren. Der Fachverband Semi sieht die Technologieführerschaft Taiwans bei Halbleitern in Gefahr, falls es künftig zu einem Mangel an gut ausgebildete Ingenieuren auf der Insel kommen sollte.

Daneben zieht die Chip-Industrie aufgrund der dort deutlich höheren Löhne hoch qualifizierte Beschäftigte aus anderen Sektoren ab. Beobachter sehen bereits die Gefahr, dass sich die taiwanische Wirtschaft zu stark in eine einseitige Abhängigkeit von einer Branche begeben könnte. "Traditionelle" und preissensible Branchen wie Stahl, Textilien, Chemie oder Maschinenbau könnten sich zunehmend schwertun, Personal zu rekrutieren.

Als wichtigster Branchenevent gilt die Messe Semicon, die das nächste Mal vom 14. bis 16. September 2022 im Taipei Nangang Exhibition Center, Hall 1 (TaiNex 1) stattfinden soll. Der Termin im Dezember 2021 war mit 2.150 Ständen und 650 Ausstellern die bisher größte Ausgabe der Messe.

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