Lohnkosten

In Taiwan stieg der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst (Grundlohn plus zusätzliche Lohnbestandteile wie Boni und Überstunden) 2022 gemäß den Statistiken des DGBAS (Directorate General of Budget, Accounting and Statistics) um 3,5 Prozent auf 57.718 New Taiwan Dollar (NT$) (ca. 1.890 US-Dollar, US$). Der durchschnittliche monatliche Bruttogrundlohn ohne zusätzliche Lohnelemente erhöhte sich um 2,8 Prozent auf 44.417 NT$ (ca. 1.450 US$). Allerdings mussten die Beschäftigten auf der Insel angesichts der 2022 auf knapp 3 Prozent gestiegenen Inflation zum zweiten Mal in Folge Reallohnverluste hinnehmen. Mit dem Rückgang um 0,15 Prozentpunkte sanken die Reallöhne auf den niedrigsten Wert binnen einer Dekade.

Das Lohnniveau in Taiwan gilt im Vergleich mit anderen ähnlich weit entwickelten Industrie- und High-Tech-Ländern als moderat. Allerdings gibt es große Unterschiede. In manchen Sektoren werden nur sehr geringe Lohnzuwächse gewährt, während andere Branchen durchaus hohe Gehälter zahlen. Dies betrifft vor allem Boombranchen wie erneuerbare Energien und hier insbesondere den Offshorewind-Bereich sowie den stark expandierenden Halbleitersektor. Die höchsten Gehälter nach Berufsgruppen erhalten nach Angaben des Arbeitsmarktportals "104 Job Bank" Ingenieure in der Halbleiterindustrie. Das Durchschnittsgehalt bei TSMC stieg demzufolge im vergangenen Jahr um 29 Prozent auf knapp 104.000 US$ pro Jahr.

Im laufenden Jahr 2023 wollen nach Informationen des Portals "Yes123 Job Bank" angesichts der schwächelnden Konjunktur nur knapp 56 Prozent der taiwanischen Firmen Gehaltssteigerungen gewähren. Dies entspricht dem niedrigsten Wert seit sechs Jahren. Auch auf Arbeitnehmerseite macht sich Pessimismus breit. Eine Untersuchung des Instituts Cathay Financial kam zu dem Ergebnis, dass nur 33 Prozent für 2023 eine Lohnsteigerung erwarten, im Vergleich zu 44 Prozent im Vorjahr. Fast 9 Prozent gehen sogar von Gehaltseinbußen aus.

Bei der Entlohnung existiert ein Gefälle zwischen dem Norden und dem Süden. Es könnte künftig abnehmen. Boomregionen wie etwa Kaohsiung und Tainan im Süden des Landes gewinnen angesichts hoher Investitionen vor allem seitens der Halbleiterbranche und ihrer Zulieferer an Attraktivität für Beschäftigte.

Zahl von Arbeitskämpfen geht weiter zurück

Generell werden die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und -nehmern in Taiwan als gut eingestuft. Die Zahl der Streitigkeiten ging 2022 um 5,3 Prozent zurück. Sie war schon im Vorjahr deutlich gesunken. Von den 23.502 gemeldeten Fällen entfiel der Löwenanteil auf Auseinandersetzungen wegen Löhnen (Anteil: 43,2 Prozent), gefolgt von Abfindungszahlungen (22,8 Prozent) und anderen Disputen.

Bei der Lohnfindung sind individuelle Verhandlungen oder die Festsetzung durch den Arbeitgeber die Regel. Dies liegt auch an der hohen Anzahl kleinerer Firmen sowie an der relativ schwachen Position der Gewerkschaften. Kollektive Lohnverhandlungen sind meist auf Großfirmen beschränkt. Ende 2022 gab es 5.777 Gewerkschaften mit 3,4 Millionen Mitgliedern und damit eine Organisationsrate von einem Drittel. Die einflussreichste Organisation auf Arbeitgeberseite ist die Chinese National Federation of Industries (CNFI).

Prämien, Provisionen, Zusatzleistungen

Variable Gehaltsbestandteile haben an Bedeutung gewonnen; am höchsten fällt der Anteil der leistungsbezogenen Entlohnung in den oberen Managementebenen aus. In den vergangenen Jahren erreichten die Boni zum Teil sehr hohe Werte. Über sämtliche Industrien und Firmen hinweg belief sich der Jahresendbonus laut dem nationalen Statistikamt DGBAS im Schnitt auf 2.480 US$.

Dies entsprach 1,7 durchschnittlichen Monatsgehältern und auf Basis der Landeswährung im Vorjahresvergleich einer Steigerung von 4,8 Prozent. Die höchsten Boni zahlt der Finanz- und Versicherungssektor (3,4 Monatsgehälter), gefolgt von der Immobilienbranche (2,2) und dem Logistiksektor (2,0). Daneben bieten größere Firmen auch andere Vergünstigungen an, um qualifizierte Mitarbeiter anzuziehen und zu halten. Dazu zählen gesundheitsbezogene Zusatzleistungen, Mobiltelefonnutzung oder Firmenwagen.

Taiwanische mittelständische Unternehmen gewähren häufig nur die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestsozialleistungen. Große Gesellschaften und ausländische Firmen sind dagegen meist großzügiger. Sie bezahlen etwa gesundheitsbezogene Zusatzleistungen wie Zuschüsse für einen Versicherungsschutz bei Krankenhausaufenthalten. Auch die Gewährung von Unfall- sowie Lebensversicherungen durch den Arbeitgeber ist verbreitet. 

Sozialversicherungsbeiträge

Für die Festlegung der Beiträge für die einzelnen Bereiche der Sozialversicherung ist der monatliche Mindestlohn maßgebend. Dieser wurde in den vergangenen Jahren regelmäßig angehoben und liegt seit dem 1. Januar 2023 bei 26.400 NT$ (circa 870 US$), entsprechend einem Anstieg um 4,6 Prozent. Offiziellen Angaben zufolge dürften davon mehr als 2,3 Millionen Beschäftigte profitieren. Der Mindestlohn pro Arbeitsstunde wurde von zuvor 168 NT$ auf nun 176 NT$ (circa 5,80 US$) nach oben gesetzt.

Das seit Mitte 2005 bestehende Rentensystem verpflichtet den Arbeitgeber, für jeden Beschäftigten pro Monat einen Beitrag von mindestens 6 Prozent des monatlichen Grundlohns auf ein individuelles Rentenkonto des Arbeitnehmers einzuzahlen. Dieses ist übertragbar, das heißt, die Ansprüche des Arbeitnehmers bleiben im Falle eines Jobwechsels erhalten. Das verpflichtende Renteneintrittsalter liegt bei 65 Jahren.

Kernstück des Gesundheitssystems ist das im März 1995 umgesetzte NHI-Programm. Mehr als 99 Prozent der Bevölkerung sind dort krankenversichert. Die Beiträge berechnen sich im Allgemeinen wie folgt: Grundlohn x Beitragssatz x Anteil x (1+ Anzahl der mitversicherten Familienangehörigen). Seit Anfang 2013 wird die Zusatzprämie NHI2-Generation erhoben, um das finanziell angeschlagene Versicherungssystem mit neuen Mitteln auszustatten.

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