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Wirtschaftsumfeld | Thailand | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Fachkräfte sind in Thailand weiterhin schwer zu finden. Zudem treten bei der Personalsuche neue Schwierigkeiten auf.

Von Thomas Hundt | Bangkok

Thailand hat ein mittleres Einkommensniveau erreicht. Die Wirtschaft wächst im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern mit ähnlichem Entwicklungsstand indes nur noch langsam. Bürokratie, monopolistische Marktstrukturen sowie der Bildungsstand der Bevölkerung schränken die Möglichkeiten von innovativen kleinen und mittleren Unternehmen ein. 

Die Fähigkeiten der Arbeitskräfte sind im Schnitt mittelmäßig. Das "Global Talent Competitiveness Ranking" der Wirtschaftshochschule INSEAD qualifizierte Thailand 2022 auf Rang 75 von 133 Staaten und damit eine Position hinter dem regionalen Wettbewerber Vietnam.

Mangel an Arbeitskräften verschärft sich

Zusätzlich taucht ein weiteres Problem auf: Die Zahl an Menschen im erwerbsfähigen Alter wird langfristig schrumpfen. Die Bevölkerung nahm von 2013 bis 2023 um circa 2 Millionen auf knapp 72 Millionen Einwohner zu. Die Zahl der landesweit verfügbaren Erwerbspersonen stagniert aber seit 2013 bei rund 40 Millionen. Künftig werden noch weniger junge Kräfte für Rentner nachrücken, weil die durchschnittliche Rate von 1,5 Geburten je Frau sehr niedrig ausfällt.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten (1. Quartal 2023)

Bevölkerung (in Mio.)

71,7

Erwerbspersonen (älter als 15 Jahre, in Mio.)

40,3

Erwerbstätige (in Mio.)

39,6

Arbeitslosenquote, offizielle (in %)

1,1

Analphabetenquote (in %, 2021)

6,0

Erwerbstätige mit akademischen Abschlüssen* (Anteil in %, 2. Quartal 2022) 

16,7

* Bachelor oder höherQuelle: National Stastical Office of Thailand 2023; World Bank 2023

Viele Personen haben keine Ausbildung

Trotz allgemeiner Schulpflicht beträgt der Anteil der Erwerbspersonen ohne Grundschulbildung 17 Prozent. Circa 20 Prozent der Beschäftigten weisen lediglich einen Grundschulabschluss auf. Die gering qualifizierten Personen arbeiten oft informell, also ohne staatliche Kontrolle und Schutz, in prekären Jobs ohne Arbeitsvertrag oder Sozialversicherung. Jede zweite Arbeitskraft ist im informellen Sektor tätig. Immerhin beschäftigt die verarbeitende Industrie über 80 Prozent ihrer Arbeitskräfte formell und meldet sie bei Steuerbehörden und der Sozialversicherung an.

Die Coronakrise, die den Arbeitsmarkt hart getroffen hatte, ist mittlerweile überwunden. Die Zahl der Erwerbstätigen lag im 1. Quartal 2023 mit knapp 40 Millionen über der Anzahl vor Corona. Viele Industrie- und Dienstleistungsbetriebe wollen auch 2023 mehr Personal einstellen.

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Betriebe aus Beherbergung und Gastronomie waren bereits 2022 Jobmotoren und beschäftigten Anfang 2023 über 3,1 Millionen Arbeitskräfte - ein neuer Rekord. Die Zahl der Erwerbspersonen in der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei schrumpft dagegen tendenziell. Der Sektor stellt aber weiterhin die meisten Arbeitsplätze. In der Bauindustrie arbeiteten im 1. Quartal 2023 - wie im Vorjahreszeitraum - rund 2,4 Millionen Menschen.

Weil heimische Arbeitskräfte an immer mehr Stellen fehlen, werden Gastarbeiter und internationale Experten benötigt. Gerade arbeitsintensive Branchen sind auf ausländische Kräfte angewiesen. Beim Arbeitsministerium waren im Februar 2023 circa 2,5 Millionen ungelernte Gastarbeiter registriert. Die meisten kommen aus Myanmar.

Fachkräfte werden dringend gesucht

Viele Betriebe wollen Technologien erforschen und entwickeln sowie Prozesse digitalisieren und automatisieren. Jobportale berichten, dass Stellen im IT-Bereich besonders schwer zu besetzen seien. Spezialisten für Datenverarbeitung und künstliche Intelligenz sind gefragt wie nie zuvor.  

Die Personalverwaltungen schalten Anzeigen in Onlineportalen wie JobsDB, JobThai, JobBKK, JOBTOPGUN oder dem Karriereportal LinkedIn. Wenn Stellen schwer zu besetzen sind, werden auch Personalagenturen und -berater beauftragt. Internationale Agenturen bieten ihre Dienste an. Auch kleinere, lokale Agenturen können sich gut auskennen. Die Auswahl ist breit und ein Vergleich der Leistungen und Preise lohnt sich.

Auch in anderen Berufen sei geschultes Personal mit Erfahrung und guten Englischkenntnissen schwer zu finden. Die Mitglieder der Deutsch-Thailändischen Handelskammer bezeichnen Fachkräftemangel als ein Hauptproblem.

Staat und Betriebe steuern dagegen. Unternehmen können duale Ausbildungsgänge nach deutschen Standards umsetzen. Das Programm "German-Thai Dual Excellence Education" bietet seit 2013 diesen Service an. Das zuständige "Office of the Vocational Education Commission" des Bildungsministeriums richtet neue Bildungsgänge ein und verbessert deren Standards.

Wenn Personalabteilungen keine heimischen Fachkräfte finden, stellen sie ausländische Experten, sogenannte Expats, ein. Die Zahl der registrierten ausländischen Fachkräfte lag Anfang 2023 bei 156.299 Personen. Die Regierung legte 2018 zudem ein spezielles Smart Visa Programm und 2022 ein Long-Term Resident Visa auf. Beide Visa bieten internationalen Fachleuten besondere Privilegien.

Neue Arbeitsplatzmodelle sind wichtig für Arbeitnehmende

Die jährliche Personalfluktuation war 2022 mit durchschnittlich 11 Prozent hoch. Arbeitnehmende verlassen bei Streitigkeiten oder einem Gesichtsverlust schnell ein Unternehmen. Während der Coronakrise gaben ebenfalls viele ihre Jobs auf oder wechselten den Beruf. Diese Trends sind nicht vorbei. Gemäß einer Umfrage der PageGroup sieht sich 2023 mehr als die Hälfte der Fachkräfte nach einem neuen Job um. In anderen asiatischen Ländern sei der Anteil ebenfalls hoch.

Karrierechancen können dabei wichtiger sein als eine höhere Vergütung. Auch Work-Life-Balance spielt eine größere Rolle, deshalb wollen viele Büroangestellte auch nach der Pandemie zu Hause arbeiten und präferieren flexible, hybride Arbeitsplatzmodelle. 

Ein gutes Verhältnis zu den Arbeitnehmern ist ebenfalls wichtig. Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten müssen Betriebsvereinbarungen abschließen. Ab 50 Mitarbeitenden sind Betriebsräte (Welfare Committee) einzurichten.

Die Gründung von und die Mitgliedschaft in Gewerkschaften ist gesetzlich garantiert. Allerdings sind die tatsächlichen Mitbestimmungsrechte beschränkt. Die Internationale Arbeitsorganisation meint, dass auch deshalb 2019 nur etwa 3 Prozent der Beschäftigten in Gewerkschaften organisiert waren. Wirtschaftsforscher bezeichnen die Verhandlungsmacht von Angestellten und Arbeitern in einfachen Positionen als gering. Sie streiken sehr selten und ihre Lohnerhöhungen fallen im regionalen Vergleich gering aus. 

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