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Insolvenzrecht in der Tschechischen Republik
Die Forderungsanmeldung ist nur noch mittels eines elektronisch zur Verfügung gestellten Formulars möglich.
16.08.2021
Von Marcelina Nowak, Dmitry Marenkov
Allgemeines
Das tschechische Insolvenzrecht ist im Insolvenzgesetz (Insolvenční zákon Nr. 182/2006 Sb.) und im Gesetz über den Insolvenzverwalter (Zákon o insolvenčních správcích Nr. 312/2006 Sb.) geregelt. Das tschechische Insolvenzrecht kennt drei Insolvenzverfahren: das Konkursverfahren (konkurs), das Reorganisationsverfahren (reorganizace) und die Restschuldbefreiung bei Privatpersonen (oddlužení).
Insolvenzverfahren
Die erste Phase des Insolvenzverfahrens, also die Eröffnung, darf nur aufgrund eines vom Schuldner oder einem seiner Gläubiger gestellten Antrag eröffnet werden. In den § 193 ff. Insolvenzgesetz sind die Anforderungen an den Antrag gelistet. Jetzt muss das Insolvenzgericht über die Art des Insolvenzverfahrens innerhalb von 3 Monaten entscheiden. Dazu wird eine Gläubigerversammlung berufen. Die Gläubiger müssen ihre Forderungen gegen den Schuldner anmelden. Seit dem 2. Februar 2012 ist in der Tschechischen Republik die Forderungsanmeldung nur noch mittels eines elektronisch zur Verfügung gestellten Formulars möglich, das unter dem Stichwort "Přihláška pohledávky" abgerufen werden kann.
Nicht geltend gemacht werden können:
- Zinsen, Verzugszinsen, andere Verzugskosten, die vor der Entscheidung über die Insolvenzeröffnung entstanden, aber nach der Entscheidung angefallen sind oder erst nach der Entscheidung fällig geworden sind;
- Ansprüche aus Schenkungsverträgen;
- außervertragliche Sanktionen, mit der Ausnahme von Geldbußen für bestimmte Verstöße;
- Vertragsstrafen, wenn sie erst nach der Entscheidung über die Insolvenzeröffnung fällig geworden sind;
- Verfahrenskosten der am Insolvenzverfahren Beteiligten.
Die Forderungsanmeldung muss beim zuständigen Gericht binnen dreißig Tagen nach öffentlicher Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses erfolgen. In der letzten, der dritten Phase bestehen drei Möglichkeiten:
- Konkurs: hier werden anteilsmäßig aus dem Erlös der Verwertung die festgestellten Forderungen der Gläubiger befriedigt;
- Reorganisation: hier wird das Geschäft fortgeführt und die Forderungen der Gläubiger werden laufend befriedigt (alles wird auf den Reorganisationsplan abgestimmt); das Reorganisationsverfahren kann nur bei Unternehmen mit mindestens 50 Angestellten oder mindestens 50.000.000 CZK Umsatz in dem Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags durchgeführt werden;
- Restschuldbefreiung: sie kommt bei natürlichen Personen in Betracht, sowie bei juristischen Personen, die keine Unternehmer sind.
Insolvenzregister
Das Insolvenzregister kann kostenlos eingesehen werden. In dem Registereintrag wird die Frist veröffentlicht, in der Forderungen anzumelden sind. Sie beträgt maximal zwei Monate, danach kann die Forderung nicht mehr geltend gemacht werden. Das Insolvenzregister wird über ein Insolvenzrecht-Internetportal des tschechischen Justizministeriums zugänglich gemacht. Dort gibt es auch ein getrennt geführtes Verzeichnis mit Entscheidungen ausländischer Gerichte über tschechische Firmen (Evidence údajů o cizozemském rozhodnutí), falls über letztere ein ausländisches Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.