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Branchen | Ukraine | Pharmasektor

Ukrainische Pharmaindustrie setzt auf Investitionen

Die Pharmabranche kam gut durch das Coronajahr 2020. Mehrere Arzneimittelhersteller investieren. Das Thema Entwicklung und Produktion von Impfstoffen rückt auf die Agenda.

Von Fabian Nemitz | Kiew

Die ukrainische Pharmaindustrie steigerte ihren wertbezogenen Ausstoß 2020 real um 3 Prozent. Damit entwickelte sich die Branche im Coronajahr 2020 deutlich besser als das gesamte verarbeitende Gewerbe, dessen Output um 5,9 Prozent schrumpfte. Der Absatz bezifferte sich 2020 umgerechnet auf 1,5 Milliarden US-Dollar (US$). Damit stand die Branche für 2,6 Prozent der Gesamtproduktion im verarbeitenden Gewerbe.

Schwerpunkt der landesweit rund 115 Arzneimittelhersteller ist die Produktion einfacher Präparate und Generika. In den vergangenen Jahren investierten die Hersteller in die Erhöhung der Qualitätsstandards einschließlich GMP-Zertifizierung (GMP: Good Manufacturing Practice). Zuletzt rückte auch das Thema Digitalisierung in den Fokus. Im Jahr 2020 stiegen die gesamten Investitionen in die Branche nominal um 3,3 Prozent auf 99,4 Millionen US$.

Kennzahlen zur Entwicklung der ukrainischen Pharmaindustrie

Indikator

2014

2015

2016

2017

2018

2019

Januar bis August 2020

abgesetzte Produktion in Milliarden US$*)

1,21

0,90

0,98

1,09

1,26

1,41

0,89

reale Veränderung der Produktion in %

1,9

-8,1

10,4

3,6

-5,0

3,7

2,3

*) Umrechnung zum jeweiligen durchschnittlichen Wechselkurs der ukrainischen NationalbankQuelle: Berechnungen von Germany Trade & Invest nach Angaben des ukrainischen Statistikdienstes Derzhstat


Die Apotheken steigerten den Umsatz von Arzneimitteln 2020 um 3 Prozent auf 3,4 Milliarden US$, meldet das Portal apteka.ua. Auf die Menge bezogen ergab sich jedoch ein Minus von 4 Prozent auf 1,06 Milliarden Einheiten. Dabei entfielen 68,6 Prozent der verkauften Packungen auf lokale Hersteller. Wertbemessen lag der Anteil der ukrainischen Firmen bei 37 Prozent am Gesamtumsatz.

Für das Jahr 2021 rechnen Experten mit einem Wachstum des Apothekenmarktes um nominal 6,5 bis 11,4 Prozent. Die Nachfrage nach Nahrungsergänzungsmitteln verzeichnete in den vergangenen Jahren hohe Zuwächse.

Farmak nimmt neues Werk in Betrieb

Branchenprimus Farmak steigerte seine Investitionen 2020 laut eigenen Angaben um 78 Prozent auf 1,3 Milliarden Hrywnja (UAH; rund 46 Millionen US$). Ein großer Teil der Gelder floss dabei in die Fertigstellung einer neuen Anlage zur Produktion steriler flüssiger Medikamente. Das 50 Millionen Euro teure Investitionsprojekt wurde Ende 2020 in Betrieb genommen.

Darüber hinaus begann Farmak 2020 mit dem Bau eines neuen Forschungszentrums. Ein wichtiges Ziel des Unternehmens ist die Zulassung für den US-amerikanischen Markt. Bis 2027 will es den Anteil seiner Produkte für den Export auf 40 Prozent steigern. Im Jahr 2020 lag dieser Wert bei 28,9 Prozent. Die EBWE unterstützt Farmak bei den Investitions- und Entwicklungsplänen.

Darnitsa profitiert von Investitionen in die Digitalisierung

Ein weiterer führender Player der Pharmabranche ist das Unternehmen Darnitsa. Der Kiewer Hersteller verfügt über ein Produktportfolio von 280 Präparaten. Mehr als 60 weitere befinden sich in der Entwicklung. Zuletzt investierte Darnitsa umgerechnet rund 3 Millionen US$ in die IT-Infrastruktur, darunter in die Digitalisierung aller Geschäftsprozesse. Darnitsa will in diesem Jahr insgesamt 25 neue Präparate auf den Markt bringen und strebt die Erschließung neuer Märkte in Südasien an.

Biopharma baut neue Blutzentren

Auch das auf Blutplasma spezialisierte Unternehmen Biopharma will expandieren. Unternehmenschef Kostyantyn Efymenko teilte im Dezember 2020 mit, Biopharma investiere von 2021 bis 2023 insgesamt 15 Millionen US$ in die Erweiterung des Hauptwerks in Bila Zerkwa. Aktuell wird ein 7,5 Millionen US$ teurer Laborkomplex gebaut. Weitere 25 Millionen US$ sollen bis 2025 in den Ausbau eines Plasmazentren-Netzes fließen. Dabei plant Biopharma 2021 die Eröffnung von vier neuen Zentren, darunter in Kamjanske, Mykolajiw und Poltawa. Derzeit verfügt das Unternehmen landesweit über sieben Plasmazentren.

Im Jahr 2019 nahm Biopharma eine 75 Millionen US$ teure Anlage zur Plasmafraktionierung in Bila Zerkwa in Betrieb. Ende 2019 wurde bekannt, dass Stada die Pharmasparte von Biopharma übernimmt, während sich Biopharma auf den Bereich Blutpräparate konzentriert. Dabei forscht Biopharma auch an der Entwicklung eines Covid-19-Präparats. Das von Biopharma gegründete Start-up Preci beschäftigt sich mit Entwicklungen im Bereich der personalisierten Medizin.

Ukraine will Impfstoffe entwickeln

Vor dem Hintergrund der Coronaviruspandemie verfolgt die Ukraine das Ziel, eine Infrastruktur zur Entwicklung von Impfstoffen aufzubauen. Das Gesundheitsministerium setzt sich für die Schaffung eines entsprechenden Zentrums ein. Im Staatshaushalt werden 2021 umgerechnet rund 3,5 Millionen US$ hierfür bereit gestellt.

Dem Vorsitzenden des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats Oleksij Danilow zufolge arbeiten drei Gruppen ukrainischer Wissenschaftler an der Entwicklung von Impfstoff-Prototypen gegen Covid-19. Allerdings sind die finanziellen Mittel der ukrainischen Pharmafirmen stark begrenzt. Hersteller wie Yuria-Pharm bieten ihre Produktionskapazitäten für die Auftragsfertigung an. Microkhim hat ein Generikum des Virostatikums Avigan (Favipiravir) entwickelt.

Pharmaindustrie hofft auf Anerkennung von GMP-Zertifikaten in Europa

Die ukrainischen Arzneimittelhersteller setzen sich für eine Anerkennung ukrainischer GMP-Zertifikate in der EU ein. Dabei hofft die Branche auf eine Revision des Abkommens über die vertiefte und umfassende Freihandelszone (DCFTA).

Übersicht über die führenden Hersteller von Arzneimitteln in der Ukraine (Umsatz in Millionen US$)

Unternehmen

Umsatz 2018*)

Umsatz 2019*)

Produkte / Anmerkung

Farmak

243,3

253,1

Produktportfolio umfasst 220 Präparate.

Arterium

130,9

154,3

Zu Arterium gehören die Firmen Kyivmedpreparat und Galychfarm; die Angabe zum Umsatz entspricht der Summe der Umsätze der Tochterunternehmen

Darnitsa

110,4

128,2

Produktportfolio umfasst 280 Präparate.

Zdorovye

58,5

78,9

Produktportfolio umfasst 350 Präparate.

Kyiv Vitamin Plant

72,8

87,1

Produktportfolio umfasst 130 Präparate und zehn Nahrungsergänzungsmittel.

Yuria-Pharm

101,0

118,8

Produktportfolio umfasst mehr als 100 Präparate, darunter Infusionslösungen.

Borshchahivskiy CPP

51,6

k. A.

Produktportfolio umfasst mehr als 100 Präparate.

Interchem

28,7

k. A.

Produktportfolio umfasst mehr als 60 Präparate.

Biopharma

k. A.

k. A.

Stada hat Ende 2019 die Pharmasparte von Biopharma übernommen; das bestehende Unternehmen konzentriert sich auf den Bereich Blutplasma.

Acino

k. A.

k. A.

Seit 2015 Tochter der Schweizer Acino International, zuvor Pharma Start

Microkhim

k. A.

k. A.

Produktion von Wirkstoffen und Generika; Microkhim hat am 15. Oktober 2020 einen Antrag für die Zulassung eines Generikamittels (Favipiravir-Microkhim) zur Behandlung von Covid-19 eingereicht.

Indar

18,0

k. A.

Mehrheitlich in Staatsbesitz; Produktion v.a. von Insulin

Ukrmedprom

k. A.

k. A.

Staatliches Unternehmen; Tochterunternehmen in Odessa, Ladyshyn (Gebiet Winnyzja), Lwiw (Lemberg), Meshritschka (Gebiet Kirowohrad) und Dnipro

Lumier Pharma

k. A.

k. A.

U.a. Fertigung von Arzneimitteln der Schweizer F. Hoffmann-La Roche

Orisil-Pharm

k. A.

k. A.

*) Umrechnung der Angaben in Hrywnja (UAH) zum durchschnittlichen Jahreswechselkurs der ukrainischen NationalbankQuelle: Unternehmensangaben


Deutschland ist wichtigstes Lieferland für Arzneimittel

Die ukrainischen Arzneimittelimporte weisen seit dem starken Einbruch im Krisenjahr 2015 nach oben. Im Jahr 2020 bezifferten sich die Einfuhren auf rund 2,5 Milliarden US$. Damit liegen sie aber immer noch ein ganzes Stück unter dem bisherigen Rekordwert von 3,3 Milliarden US$ aus dem Jahr 2012. Deutschland ist für die Ukraine traditionell das wichtigste Herkunftsland bei Arzneimitteln. An zweiter Stelle steht Indien. Beim Export dominieren die Länder des postsowjetischen Raums.

Wichtigste Lieferländer der Ukraine für Arzneimittel (in Millionen US$)

2018

2019

1. Halbjahr 2020

Veränderung 1. Halbjahr 2020/1. Halbjahr 2019 (in %)

Importe, darunter aus

1.947,0

2.143,1

1.080,1

11,6

  Deutschland

368,9

389,8

184,8

2,2

  Indien

155,8

171,6

100,0

39,1

  Frankreich

153,5

181,8

92,5

17,3

  Italien

122,2

126,2

61,9

-0,9

  USA

101,7

111,6

43,4

-17,1

Quelle: Derzhstat


Wichtigste Abnehmerländer für Arzneimittel aus der Ukraine (in Millionen US$)

2018

2019

1. Halbjahr 2020

Veränderung 1. Halbjahr 2020/1. Halbjahr 2019 (in %)

Exporte, darunter nach

216,2

250,8

131,2

11,6

  Usbekistan

42,5

53,6

29,5

10,8

  Kasachstan

24,2

21,5

10,6

7,2

  Belarus

19,2

24,0

11,8

11,6

  Brasilien

17,4

30,0

8,1

-17,1

  Russland

20,0

14,8

7,8

26,6

Quelle: Derzhstat

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