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Wirtschaftsumfeld | Zentralasien | Logistik

Handel in Zentralasien wächst dank grenznaher Logistikzentren

Die zentralasiatischen GUS-Republiken errichten an ihren Grenzen logistische Kapazitäten. Die Initiative ist Ausdruck einer neuen Phase in der regionalen Wirtschaftskooperation.

Von Uwe Strohbach | Taschkent

Die Länder Zentralasiens betrachten ihre Grenzen zunehmend weniger als Barrieren und vermehrt als Chance für eine dynamischere Wirtschaftsentwicklung durch mehr regionale Kooperation. Vor allem Usbekistan treibt regionale Projekte für grenznahe Logistikzentren voran, nachdem eine umfassende Reform für Liberalisierung und Marktöffnung im Jahr 2017 den Grundstein für die Neuausrichtung der Beziehungen zu den Nachbarländern gelegt hat.

Das mit 36 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichste Land der Region kommt damit auch einer Forderung ausländischer Firmen nach. Für diese ist das im Herzen Zentralasiens gelegene Usbekistan das Sprungbrett für die Belieferung der gesamten Region mit ihren 75 Millionen Einwohnern. Unter Einschluss des Nachbarn Afghanistan hat dieser Markt eine Größe von etwa 108 Millionen Menschen.

Logistikzentren sind Teil der nationalen Transportstrategien

Der Auf- und Ausbau grenznaher Logistikparks ist in den nationalen Programmen für das Transport- und Logistikgewerbe verankert. Auch die weitere Liberalisierung und Marktöffnung in der Transportwirtschaft schaffen günstige Bedingungen für die Grenzlogistik. 

In Usbekistan sollen ab 2022 erste private Betreiber mit eigenen Güterwagen und Containern das staatliche Monopol im Schienenverkehr aufbrechen. Importe von Lkw und Anhängern sind bis Ende 2024 von Zöllen und anderen Einfuhrabgaben befreit. Im August 2021 wurde die Pflichtzertifizierung für Fahrzeuge abgeschafft, die aus der Europäischen Union importiert werden und mindestens die Euro-5-Abgasnorm erfüllen.

Koppelung mit Gewerbegebieten erhöht Exportpotenzial

Der Aufbau der Logistikzentren geht einher mit der Errichtung lokaler Fertigungsstätten für das produzierende Gewerbe (mit besonderem Fokus auf die Ernährungswirtschaft). Diese stark exportorientierten Standorte werden außerdem durch Einrichtungen für die Warenkommissionierung ergänzt. Dadurch soll der grenzüberschreitende regionale Handel gefördert werden. 

Zahlreiche Projekte an allen Ländergrenzen 

In allen Ländern der Region gibt es Pläne für den Ausbau und die Errichtung von grenznahen Logistikzentren. Zu den laufenden und geplanten Projekten gehören unter anderem:

  • das Internationale Handels-, Kooperations- und Logistikzentrum Zentralasien nahe des usbekisch-kasachischen Grenzübergangs Gisht-Kuprik/Schibek Scholy (Grundsteinlegung: April 2021, mehrere Ausbauetappen),
  • das Logistikzentrum in Schamaldy-Say an der kirgisisch-usbekischen Grenze (Grundsteinlegung: Juni 2021, mehrere Ausbauetappen),
  • das tadschikische Zentrum für Logistik und Handel mit Kasachstan und Usbekistan in Chudschand als wichtiger Meilenstein für den Ausbau des Wirtschaftskorridors Schymkent/Kasachstan - Taschkent/Usbekistan - Chudschand/Tadschikistan (Projekt in Vorbereitung),
  • das Zentrum für Logistik und Grenzhandel Alatau am kasachisch-kirgisischen Grenzübergang Karasu - Ak-Tilek (Projekt in Vorbereitung),
  • der Auf- und Ausbau der freien Logistik- und Wirtschaftszone Termiz an der usbekisch-afghanischen Grenze (Grenzort Hairatan; Projektfortschritt in Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung der politischen Lage in Afghanistan),
  • das Internationale Zentrum für Grenzkooperation Kordai nahe des kasachisch-kirgisischen Grenzübergangs Karasu/Kordai (mehrere Ausbauetappen),
  • die Zone für Grenzhandel und Logistik an der usbekischen-turkmenischen Grenze (Projekt in früher Abstimmung auf Regierungsebene),
  • das Grenzhandelszentrum Eurasien an der kasachisch-russischen Grenze, Provinz Westkasachstan (Projekt in Frühphase),
  • das Grenzhandelszentrum Kyzylshar an der kasachisch-russischen Grenze, Provinz Nordkasachstan (Projekt in Frühphase),
  • der Bau von drei größeren einheitlichen Großhandels- und Verteilungszentren in den Provinzen Surchandarja und Fergana (Usbekistan) sowie Tschui und Issyk-Kul (Kirgisistan) für den Bedarf kasachischer Importeure (als integraler Bestandteil grenznaher Logistikzentren, Projekte in Vorbereitung).

Handelsvolumina werden sich verdoppeln

Die Regierungen aller fünf Länder erwarten eine deutliche Ausweitung der gegenseitigen Handelsströme. Allein der Außenhandel zwischen Kasachstan und Usbekistans soll mittelfristig von 3,8 Milliarden US-Dollar (Prognose für 2021) auf jährlich 10 Milliarden US-Dollar (US$) steigen. Für den Warenhandel zwischen Usbekistan und Turkmenistan ist eine Verdoppelung auf 1 Milliarde US$ avisiert. Insgesamt dürfte der Handel Usbekistans mit den GUS-Nachbarn 2021 rund 6 Milliarden US$ erreichen, gegenüber knapp 3 Milliarden US$ im letzten Jahr vor den Reformen (2016).     

Entwicklung des Außenhandels Usbekistans mit den anderen Ländern Zentralasiens einschließlich Afghanistan (in Millionen US-Dollar)

2018

2019

2020

2021 1)

Veränderung 2021/2020  2)

Export

2.522

3.150

2.977

2.664

11,6

  Kasachstan

1.352

1.393

908

952

30,4

  Kirgisistan

270

670

760

643

3,4

  Afghanistan

603

617

778

522

-15,5

  Tadschikistan

237

326

405

395

25,8

  Turkmenistan

60

144

126

152

38,2

Import

2.089

2.659

2.746

2.829

35,3

  Kasachstan

1.567

1.942

2.097

2.211

39,3

  Turkmenistan

243

410

412

404

29,5

  Kirgisistan

133

151

147

130

14,4

  Tadschikistan

153

153

88

81

6,6

  Afghanistan

2

3

2

3

50,0

1) Januar bis Oktober; 2) Veränderung Januar bis Oktober 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2020 in ProzentQuelle: Staatliches Statistikkomitee Usbekistans

Gemeinsamer Markt steht noch vor Hürden

Um einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu schaffen, müssen noch einige Hindernisse überwunden werden. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatten die Staatsgrenzen über viele Jahre hinweg überwiegend eine Barrierefunktion. Grenzstreitigkeiten, interethnische Konflikte in Grenzregionen, ein übertriebener Protektionismus und ungelöste Probleme bei der regionalen Wasserverteilung führten zu einem nahezu gänzlichen Abbruch der Wirtschaftskontakte von Usbekistan zu den Nachbarn Tadschikistan und Kirgisistan. Auch das Verhältnis zu Kasachstan und Turkmenistan war von Rückschlägen gezeichnet.

Weitere Hürden bilden die Zugehörigkeit der Länder zu unterschiedlichen wirtschaftlichen Zusammenschlüssen, eine fehlende gemeinsame Entwicklungsstrategie und weiterhin bestehende Handelsbarrieren, die dem proklamierten Ziel eines gemeinsamen Wirtschaftsraums entgegenwirken.

Zu diesen Barrieren zählen beispielsweise hohe Kosten und oft aufwändige Verfahren für den Erhalt von Zertifikaten von den Akkreditierungsstellen. Mitunter ist mit einer Nichtanerkennung von Zertifikaten durch die Partnerländer und langwierigen Zollverfahren zu rechnen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) realisiert noch bis Ende 2022 im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) ein Projekt zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Handels in Zentralasien.

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