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Zahlungsverhalten und Kreditsicherung | Vietnam

Bonität

Die Zahlungsmoral von in Vietnam aktiven Unternehmen ist bei sorgfältiger Forderungsabsicherung akzeptabel. Die Pandemie aber hat die Finanzkraft potenzieller Kunden angegriffen. 

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Hanoi

Zahlungsmoral und Bonitätsprüfung

In der Vergangenheit bot die Zahlungsmoral von heimischen Betrieben bei sorgfältiger Zahlungssicherung wenig Grund zur Besorgnis. Seitdem allerdings die Pandemie 2021 auch in Vietnam Einzug gehalten hat, kämpfen Firmen landesweit mit finanziellen Engpässen und Liquiditätsproblemen. Steigende Kosten für die Pandemiebekämpfung, wegbrechende Umsätze aufgrund von Produktionsausfällen sowie Engpässe und Preissteigerungen bei Logistik und Zulieferungen belasten den Cashflow gerade der produzierenden Unternehmen. Staatliche Hilfen sind rar und beschränken sich in vielen Fällen auf Steuer- und Abgabensenkungen. 

Um Probleme bei der Vertragsdurchführung und Zahlungsabwicklung zu vermeiden, ist eine Überprüfung des vietnamesischen Geschäftspartners vor Abschluss, aber auch während laufender Geschäftsbeziehungen von großer Bedeutung. Die nachträgliche Durchsetzung von Forderungen ist schwierig und hat nur geringe Erfolgsaussichten.

Auskünfte zur Finanzlage eines Kunden können bei der Einschätzung von Risiken unterstützen. Die AHK rät, sich einen Auszug aus dem Firmenregister vorlegen zu lassen. Dieser gibt Auskunft über das registrierte Kapital. Auch der letzte Jahresumsatz der Firma kann verlangt oder selbst recherchiert werden. Für Unternehmen jüngeren Datums können diese grundlegenden Auskünfte über den Informationsdienst des National Business Registration Portal  teils kostenfrei ermittelt werden. Allerdings kann es in der Praxis vorkommen, dass hinterlegte Informationen nicht korrekt oder veraltet sind. Die AHK Vietnam  unterstützt mit Firmenauskünften und Berichten über die wirtschaftliche Situation und Bonität vietnamesischer Unternehmen.

Eine kommerzielle Auskunftsstelle ist Vietnamcredit. Das National Credit Information Center of Vietnam der Zentralbank erstellt ebenfalls Businessreports, die über das Internet abgerufen und bezahlt werden können. Dun & Bradstreet verfügt über ein Büro in Ho Chi Minh City und bietet von dort aus Kundenüberprüfungen an.

Auch im Wege einfacher Internetrecherchen ist viel über mögliche Geschäftspartner herauszufinden. Hierbei sollten soziale Netzwerke wie Facebook einbezogen werden. Rechtsanwalt Matthias Dühn von Viet Diligence Legal empfiehlt eine "Negative Media Search". Taucht der avisierte Vertragspartner in Verbindung mit Schlagworten wie "investigation", "corruption", "bribery" oder "dispute" auf, ist es ratsam, sich weiter umzusehen. Eine Suche in vietnamesischer Sprache ist noch aussagekräftiger.

Absicherung von Zahlungsausfällen

Bei Lieferungen nach Vietnam muss das Hauptaugenmerk auf der Absicherung der Forderung stehen. Forderungen nachträglich einzutreiben,  ist aus dem Ausland heraus in der Praxis extrem schwierig bis unmöglich. Idealerweise, im Regelfall aber kaum durchsetzbar, wird daher Vorkasse, ansonsten aber eine Kombination aus Anzahlung und Letter of Credit vereinbart. 

Die Höhe der Anzahlung ist gesetzlich nicht beschränkt. Marktkenner empfehlen, den Anteil der Anzahlung so hoch wie möglich anzusetzen und die Forderung komplett abzusichern. So komme es durchaus vor, dass bei nicht vollständig abgesicherten Zahlungen die vietnamesische Seite bis zu zehn Prozent des Vertragsvolumens unter Verweis auf Gewährleistungsansprüche zurückhalte; dieser Betrag sei in der Regel kaum einholbar.

Dabei sind in Deutschland übliche rechtliche Forderungsabsicherungen, wie beispielsweise der Verkauf unter Eigentumsvorbehalt, zwar möglich, aber kaum durchzusetzen. In der Praxis gestaltet sich die Verwertung oder gar Rückführung der gesicherten Maschinen als wenig realisierbar und kostenintensiv. 

Sind Forderungen ausstehend, ohne dass sie mit einer durchsetzbaren Sicherheit abgesichert wurden, wird es für den deutschen Lieferanten schwierig. Für vietnamesische Unternehmen ist die außergerichtliche Durchsetzung von Forderungen Standard. Wichtigstes Durchsetzungsmittel ist der soziale und wirtschaftliche Druck innerhalb ihrer Netzwerke. Zudem ist in lokalen Geschäftsbeziehungen der Einsatz von nicht selten im rechtlichen Graubereich agierenden Inkassounternehmen üblich. Allerdings verträgt sich diese Form der Forderungsdurchsetzung nur selten mit deutschen Geschäftsgepflogenheiten und Compliance-Vorgaben. 

Deutschen Unternehmen bleibt daher oft nur der Rechtsweg, der aber schwierig ist. Zwar berichten Firmen vor Ort, dass durchaus Forderungen eingeklagt wurden. Allerdings sind solche Verfahren langwierig, und der Ausgang ist selbst bei klarer Rechtslage ungewiss. Auch internationale Schiedsverfahren sind nur bedingt eine Lösung, so Rechtsanwalt Jan-Volkert Schmitz von Rödl und Partner. Zwar können Schiedsentscheidungen grundsätzlich in Vietnam anerkannt und vollstreckt werden. Das Verfahren aber ist zeit- und kostenintensiv. Zudem muss nach Verfahrensabschluss beim Verfahrensgegner noch Vermögen vorliegen, in das vollstreckt werden kann. Das aber, so die Erfahrung internationaler Anwälte, ist vor allem bei bedeutenden Verbindlichkeiten nur selten der Fall.

Weitergehende Informationen zu vertraglichen Sicherungsmitteln und Rechtsdurchsetzung finden Sie unter: Recht kompakt - Vietnam und Dienstleistungen erbringen in Vietnam

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