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Wirtschaftsumfeld | Vietnam | Verhandlungspraxis

Regeln für den Geschäftskontakt

Der Süden des Landes mit dem Zentrum Ho Chi Minh City gilt als wirtschaftlich aufgeschlossener als der Norden. Bei Verhandlungen sind aber landesweit Zeit und Geduld gefragt. 

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Hanoi

Die erste Begegnung mit dem Geschäftspartner

Gerade nordvietnamesische Gesprächspartner werden als eher zurückhaltend und traditioneller beschrieben. Der Süden gilt als flexibler, aufgeschlossener und ist privatwirtschaftlicher orientiert.

Die erste Herausforderung ist, den richtigen Ansprechpartner oder Kunden zu finden. Lediglich an die allgemeine Mailadressen des Unternehmens zu schreiben, bleibt meist erfolglos. Erforderlich ist ein individueller Kontakt, vorrangig auf Führungsebene.

Die Auslandshandelskammer vor Ort  unterstützt Unternehmen dabei, geeignete Geschäftspartner zu finden. Auf den Einzelbedarf ausgerichtete Treffen können auch im Rahmen von virtuellen oder tatsächlichen Delegations- oder Markterschließungsreisen arrangiert werden.

Auch wenn das Messewesen in Vietnam noch wenig ausgereift ist, bieten ausgewählte Kernmessen die Möglichkeit, interessierte Neukunden zu gewinnen. Dies gilt insbesondere für Messen, die durch das Auslandsmesseprogramm unterstützt werden.

Visitenkarten sind immer mitzuführen und sollten in Englisch gehalten sein. Eine vietnamesische Kartenfassung wird nicht erwartet. Gedruckte, hochwertige Firmenkataloge in zumindest englischer, idealerweise auch in vietnamesischer Sprache helfen, das eigene Unternehmen stilvoll vorzustellen. 

Geschenke werden bei reinen Geschäftsterminen in der Regel nicht vorausgesetzt. Anderes gilt bei darüberhinausgehenden Events wie Firmeneröffnungen, Grundsteinlegungen, Jubiläen oder Vertragsunterzeichnungen. Hochwertige Kleinigkeiten, wie beispielsweise Spezialitäten aus der Heimat, sind gern gesehen.

Ablauf von Besprechungen

Bei Geschäftsgesprächen sollte grundsätzlich ein guter Dolmetscher eingeplant werden. Zwar ist vor allem bei der jüngeren Generation insbesondere Englisch weit verbreitet, aber nicht vorauszusetzen. Es wird nicht erwartet, dass der deutsche Gesprächspartner Vietnamesisch kann. Die Beherrschung einfacher Worte wie die Begrüßung wird allerdings als Zeichen des Respekts erachtet und freundlich aufgenommen.

Vietnamesische Verhandlungspartner sind interessenorientiert und wissen in der Regel sehr genau, was sie wollen, ob nun realisierbar oder nicht. Verhandlungen dürfen daher in der Sache hart sein, sollten im Stil aber zurückhaltend und leise geführt werden. Geschäftsmeetings verlaufen nicht notwendigerweise zielorientiert im westlichen Sinne. So ist es durchaus möglich, dass erst in den letzten Minuten des Gesprächs die tatsächlich bedeutsamen Fragestellungen angegangen werden. Es ist daher selten hilfreich, unter Zeitdruck in Verhandlungen einzusteigen. 

In Verhandlungen, insbesondere in der Erstverhandlungsphase und bei größeren Unternehmen, verfügt der aktuelle Gesprächspartner selten über umfassende Entscheidungsbefugnisse. Regelmäßig müssen Ergebnisse von Vertragsverhandlungen durch die unternehmensinterne Hierarchie gereicht werden. Dies gilt verstärkt, wenn der Geschäftspartner ein Staatsunternehmen oder der Staat selbst ist. Bis sich ein umfangreicheres Projekt realisiert, können hier durchaus zwischen drei und fünf Jahre bis zum tatsächlichen Abschluss vergehen, berichten Unternehmensvertreter. 

Staatliche Akteure sollen zudem anfälliger für Korruption sein. Es ist aber mittlerweile auch in vietnamesischen Geschäftskreisen bekannt, dass deutsche Unternehmen strengen Compliancevorgaben unterliegen. Sie werden daher nur in äußerst seltenen Fällen mit dem Wunsch nach ungerechtfertigten Zuzahlungen (Kickbacks, Abschluss von zusätzlichen Beraterverträgen oder sonstigem) konfrontiert.

Flexibler und schneller agieren die immer stärker werdenden Privatunternehmen des Landes. Diese sind in der Regel deutlich entscheidungsfreudiger und risikobereiter als die zumeist schwerfälligen Staatskolosse. Dafür erwarten Privatunternehmen im Gegenzug aber auch von der deutschen Gegenseite eine schnelle Reaktion bei Verhandlungen und Geschäftsabwicklung.

Inhalte schriftlich festzulegen und vor allem Verträge abzuschließen ist üblich und gerade für nicht in lokale Netzwerke eingebundene deutsche Geschäftspartner wichtig. Insbesondere die Zahlungssicherung (vorzugsweise Vorkasse oder Akkreditiv) sollte vertraglich festgezurrt sein. Dies gilt vor allem beim Verkauf von Dienstleistungen. So nimmt Branchenbeobachtern zufolge hier bisweilen die Zahlungsfreude gerade nach Leistungserbringung rapide ab. Zudem ist dringend darauf zu achten, dass der Vertrag durch die tatsächlich vertretungsberechtigte Person unterschrieben und mit dem Unternehmensstempel versehen wird.

Geschäftsessen

Essen ist heilig in Vietnam und gemeinsame Geschäftsessen sind eine gute Möglichkeit, außerhalb von Verhandlungen in persönlicheren Kontakt zu treten. Dabei sind direkte Fragen nach Alter, Familie und Kindern durchaus üblich. Sie bedürfen einer Antwort, aber keiner ausgiebigen. Die Fragen signalisieren das Interesse an der Person und dienen dazu, den genauen Status festzustellen.

Bei Geschäftsessen ist auf die Auswahl eines gehobenen, gerne vietnamesischen Restaurants zu achten. Gemeinsame Abendessen sollten nicht zu spät angesetzt werden. Offizielle Abendveranstaltungen sind in der Regel um 22 Uhr beendet.

Gerade in gehobenen Restaurants wird neben Stäbchen auch Besteck gereicht, so dass auch für Ungeübte ein Essen ohne große Peinlichkeiten von statten gehen kann. Aber auch kleine Fauxpas führen, sofern sie auch von eigener Seite mit Humor genommen werden, eher zu fröhlicher Erheiterung und Auflockerung der Tischrunde, als dass sie eine grobe Peinlichkeit darstellen.

Die vietnamesische Küche ist vielfältig, rituelle Essenstabus existieren nicht. Trinkgeld ist bislang vor allem im Norden des Landes nur wenig üblich. Landesübergreifend kann mit den international üblichen Kreditkarten gezahlt werden. 

Alkohol wird vor allem bei Abendveranstaltungen gereicht. Vietnamesische Frauen trinken in der Öffentlichkeit kaum. Entsprechend wird auch von ausländischen Geschäftsfrauen nicht erwartet, dass sie Alkohol trinken, es erregt aber auch keinen Anstoß.

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