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Wirtschaftsausblick | Algerien

Algeriens Konjunktur bewegt sich mit dem Gaspreis

Die internationale Nachfrage nach algerischem Gas und Öl bleibt hoch. Mit den Exporteinnahmen federt die Regierung vor allem steigende Lebenshaltungskosten ab. 

Von Friedrich Henle | Berlin

Top-Thema: Gas als Top-Exportgut 

Öl und Gas dominieren die algerische Wirtschaft. Eine starke Nachfrage nach Energierohstoffen, vor allem aus Europa, bescheren dem nordafrikanischen Land weiterhin eine gute konjunkturelle Ausgangslage. In den Rohstoffsektor fließen wieder vermehrt ausländische Direktinvestitionen. Davon profitiert auch der Staatshaushalt. Etliche Infrastrukturprojekte, die während der Coronapandemie gestoppt wurden, hat die Regierung nun wieder angeschoben.

Der Löwenanteil der zusätzlichen Einnahmen fließt allerdings nicht in Investitionen, sondern in Sozialleistungen, Subventionen auf Grundnahrungsmittel und höhere Gehaltsausgaben für Staatsbedienstete. Der Haushalt bleibt trotz der guten Lage auf der Einnahmeseite stark defizitär.

Wirtschaftsentwicklung: Noch nicht vom Gaspreis entkoppelt

Das algerische Wirtschaftsmodell stößt immer dann an seine Grenzen, wenn die Weltmarktpreise für Energierohstoffe sinken. Denn die angestrebte Diversifizierung der Wirtschaft kommt nur langsam voran. Entsprechend gehen internationale Studien von einem abnehmenden Wirtschaftswachstum in den nächsten Jahren aus. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll 2024 nach Schätzungen der Economist Intelligence Unit (EIU) nur noch um 2,5 Prozent zunehmen. Die algerische Regierung wiederum geht in ihrem Haushaltsgesetz für das Jahr 2024 von einem BIP-Wachstum von 4,2 Prozent aus.

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Mittelfristig bietet sich ein höheres Wachstumspotenzial, falls die Regierung weitere Schritte zur Marktöffnung und Reformen umsetzt. Das betrifft zum einen den Öl- und Gassektor, in den traditionell die meisten Investitionen fließen. Der Bergbau stößt ebenfalls auf verstärktes Interesse von Investoren.

Zudem könnte sich im Energiesektor eine neue Wertschöpfungskette mit erneuerbaren Energien bis hin zur Produktion von grünem Wasserstoff etablieren. Die räumlichen und klimatischen Bedingungen dafür wären in Algerien sehr gut. Im Unterschied zu anderen Ländern der Region verläuft die Umsetzung aber deutlich langsamer. Weitere Branchen mit größerem Potenzial sind die Nahrungsmittel- sowie die Automobilindustrie.

Investitionen: Internationales Interesse am Energiesektor nimmt zu

Die europäische Abkehr vom russischen Gas macht das nordafrikanische Land aktuell zu einem noch wichtigeren Partner für den Energiebereich. Zudem scheint sich eine günstigere Gesetzgebung für den Upstream-Bereich seit dem Jahr 2020 langsam auszuzahlen. Der staatliche Öl- und Gaskonzern Sonatrach hat im 1. Halbjahr 2023 mit etlichen internationalen Energiekonzernen neue Explorationsabkommen unterschrieben.

In den vergangenen Jahren hatten Unternehmen die Investitionsbedingungen in Algerien als herausfordernd beschrieben. Ein im Juli 2022 veröffentlichtes neues Investitionsgesetz soll das Investitionsregime modernisieren, unter anderem durch vereinfachte Antragsprozesse für notwendige Genehmigungen und Fördermittel.

Die durch das Gesetz neu ins Leben gerufene Investitionsförderagentur AAPI (Agence Algérienne de Promotion de l'Investissement) meldet für den Zeitraum von November 2022 bis November 2023 insgesamt 4.651 Investitionen, darunter 90 mit ausländischer Beteiligung. Darüber hinaus befänden sich weitere 124 ausländische Projekte in der Prüfung, so der AAPI-Chef Omar Rekkache in einer von algerischen Medien zitierten Pressekonferenz Anfang Dezember 2023.

Konsum: Steigende Preise belasten die Kaufkraft

Eine anhaltend hohe Inflationsrate schmälert auch in Algerien die Kaufkraft der Bevölkerung. Laut algerischer Zentralbank lag der Anstieg der Preise im Oktober 2023 immer noch bei 9,4 Prozent im Jahresvergleich. Lebensmittel verteuerten sich sogar um 13,5 Prozent. Die EIU sagt für das Jahr 2024 eine etwas niedrigere, durchschnittliche Inflationsrate von 7,3 Prozent voraus. Eine Arbeitslosigkeit von fast 20 Prozent sorgt für eine zusätzliche Belastung des privaten Verbrauchs. Dieser soll laut EIU 2024 um 1,5 Prozent zulegen, nach einem Miniwachstum von 0,2 Prozent im laufenden Jahr 2023.

Die algerische Regierung versucht, mit höheren Ausgaben gegenzusteuern. Kräftige Lohnsteigerungen im öffentlichen Sektor, Rentenerhöhungen und weitere Sozialprogramme sollen den Kaufkraftverlust eindämmen. Vorgesehen ist auch eine Erhöhung der Subventionen für Grundnahrungsmittel und Kraftstoffe.

Außenhandel: Trotz positiver Bilanz bleiben Risiken

Öl und Gas bestimmen weiterhin die Exporte Algeriens und damit die Handelsbilanz. Hohe Weltmarktpreise haben 2022 für einen deutlichen Überschuss gesorgt. Das Risiko bleibt, dass niedrigere Öl- und Gaspreise mittelfristig wieder zu einem Defizit führen. Die Bemühungen zur Diversifizierung zeigen zwar langsam Ergebnisse, aber auf niedrigem Niveau. Insbesondere der Baustoffsektor konnte in den letzten Jahren Auslandsaufträge gewinnen. 

Auf der anderen Seite importiert das Land in großem Umfang Investitions- und Verbrauchsgüter sowie Nahrungsmittel. Unternehmensvertreter berichten von mitunter bürokratischen Importverfahren und kurzfristig verhängten Importverboten für bestimmte Güter. Die wichtigsten Lieferländer Algeriens sind traditionell China, Frankreich, Russland und Italien.

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Deutsche Perspektive: Drittwichtigste Exportdestination in Nordafrika

Deutschlands Lieferungen nach Algerien gingen 2022 leicht auf 1,7 Milliarden Euro zurück. Die Tendenz für das Jahr 2023 ist jedoch positiv: Bereits in den ersten drei Quartalen wurde dieser Wert erreicht. Regional betrachtet steht Algerien als Exportziel damit an 3. Stelle in Nordafrika. Im selben Zeitraum haben deutsche Exporteure nach Ägypten (4,1 Milliarden Euro) und nach Marokko (2,7 Milliarden Euro) mehr Waren geliefert.

Substanzielle deutsche Investitionen in Algerien sind vor allem in den Bereichen Chemie und Pharma, Energie und Rohstoffe, Konsumgüter sowie Fertigungstechnologien zu finden. Ausländische Direktinvestitionen haben in Algerien generell einen geringeren Anteil an der Wirtschaftsleistung als in anderen Ländern der Region.

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