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Wirtschaftsumfeld | Südkorea | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Südkorea verfügt über gut ausgebildete Arbeitskräfte. Vor allem ältere Arbeitnehmer sind lange Arbeitszeiten gewohnt. In einzelnen Segmenten bestehen personelle Engpässe.

Von Frank Robaschik | Seoul

Im Jahr 2022 zählte Südkorea fast 1 Million mehr Beschäftigte als vor der Coronapandemie 2019. Die offizielle Arbeitslosenrate fiel auf 2,9 Prozent. Für 20- bis 29-Jährige weisen die Behörden 2022 eine Arbeitslosenrate von 6,5 Prozent aus. Einschließlich nicht regulär Beschäftigter und nicht gemeldeter Arbeitsloser ist die tatsächliche Unterbeschäftigung jedoch generell deutlich höher.

Im Gesundheits- und Sozialwesen waren 2022 knapp 800.000 mehr Menschen beschäftigt als fünf Jahre zuvor. Dagegen verlor der Handel vor allem durch den Vormarsch des E-Commerce rund eine halbe Million Mitarbeiter. Gleichzeitig entstanden angesichts der boomenden Lieferdienste etwa 250.000 mehr Arbeitsplätze im Bereich Verkehr und Lager.

Das verarbeitende Gewerbe schaffte 2022 erstmals seit 2016 wieder mehr neue Arbeitsplätze als alte wegfielen. Generell setzt Südkorea angesichts hoher Lohnkosten auf Automatisierung. Zudem bauen Firmen mehr Produktionsstandorte im Ausland auf und weichen oft auf kostengünstigere Alternativen aus.

Reguläre Beschäftigte genießen Vorteile

Zentrales Merkmal des Arbeitsmarktes ist die starke Unterscheidung zwischen regulär und nicht regulär Beschäftigten. Erstere genießen einen umfangreichen Schutz des Arbeitsplatzes und werden besser entlohnt. Frauen in Führungspositionen sind in Südkorea viel seltener vertreten als Männer und erhalten im Durchschnitt eine wesentlich geringere Bezahlung. Ihre Beschäftigungsquote lag 2022 mit 54,6 Prozent deutlich unter der von Männern mit 73,5 Prozent. Nach wie vor ziehen sich weibliche Angestellte nach der Geburt eines Kindes häufig aus dem Arbeitsleben zurück.

Notorisch lange Arbeitszeiten werden kürzer

Die Regierung reduzierte die maximal erlaubte Wochenarbeitszeit 2018 von 68 auf 52 Stunden. Seit Juli 2021 gilt die Regelung für Unternehmen ab fünf Mitarbeitern. Für Firmen mit weniger als 30 Mitarbeitern sind bei entsprechender Begründung und Absprache mit der Arbeitnehmervertretung bis Ende 2023 bis zu 60 Stunden Arbeit pro Woche möglich. Der seit Mai 2022 amtierende Präsident Yoon will für mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten sorgen, dürfte damit aber bis 2024 am Parlament scheitern.

Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit pro Beschäftigten sank 2022 auf 38,3 Stunden (2021: 38,9 Stunden). Beschäftigte arbeiteten 2021 im Schnitt 1.915 Stunden. Das waren 11,6 Prozent mehr als das Mittel der Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD.

Arbeitskräfte sind im Durchschnitt gut ausgebildet. Vor allem Absolventen führender Hochschulen wie Korea Advanced Institute of Science and Technology, Seoul National University, Korea University, Yonsei University oder Postech verfügen über eine breite und solide theoretische Ausbildung. Praktische Fähigkeiten werden gewöhnlich im Betrieb vermittelt.

Gewerkschaftlicher Organisationsgrad steigt

Der traditionell geringe Anteil gewerkschaftlich organisierter Arbeitnehmer stieg in der Amtszeit von Präsident Moon von 2017 bis 2022 deutlich. Der Organisationsgrad erreichte 2021 mit 14,2 Prozent ein Niveau, das minimal über dem Anteil in Deutschland liegt. Die Zahl der Mitglieder stieg von knapp 2 Millionen 2016 auf 2,9 Millionen im Jahr 2021.

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Auch ohne den hohen Organisationsgrad waren Gewerkschaften in Südkorea bereits stark. Zumeist handelt es sich um Betriebsgewerkschaften. Streiks im Rahmen zäher Lohnverhandlungen sind immer noch häufig. Die Zahl der Streiks und Aussperrungen stieg 2022 auf 132, dabei fielen 343.000 Tage aus.

Die Arbeitnehmer des Landes werden älter. Die Fertilitätsrate sank 2022 auf 0,78 Geburten pro Frau und ist eine der niedrigsten weltweit. Die Zahl der Personen im Erwerbsalter ist seit 2018 rückläufig. Im Mai 2022 waren 843.000 Ausländer in Südkorea beschäftigt, etwas weniger als im Vorjahresmonat.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten in Südkorea 2022

Indikator

Wert

Bevölkerung (in Millionen)

51,6

Erwerbspersonen (Bevölkerung im Alter von 15 bis 64 Jahre; in Millionen)

36,7

Erwerbstätige (in Millionen)

28,1

Arbeitslosenquote, offizielle (in Prozent; nach ILO-Definition)

2,9

Analphabetenquote (in Prozent) *

1,7

Universitätsabschluss (in Prozent)

49,3

* Stand 2008, seither keine aktuelleren Daten verfügbarQuelle: Statistics Korea 2023; Ministry of Labor and Employment 2023

Personelle Engpässe in einzelnen Bereichen

Insgesamt stehen auf dem Arbeitsmarkt genügend qualifizierte Kräfte zur Verfügung. Engpässe gibt es laut der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) Korea aber etwa bei Verkaufsingenieuren oder spezialisierten Technikern, die sowohl über Berufserfahrung als auch über englische Sprachkenntnisse verfügen. Auch bei IT-Fachkräften, insbesondere Softwareentwicklern, und Kraftfahrern finden sich nur wenige Bewerber auf offene Stellen. Schwierig kann die Personalsuche für Mittelständler werden, die sich auf dem lokalen Arbeitsmarkt noch keinen Namen gemacht haben. Da viele Bewerber wegen der Bildungschancen für ihre Kinder einen Arbeitsplatz im Großraum Seoul bevorzugen, ist es schwer, qualifizierte Mitarbeiter für Tätigkeiten außerhalb des Gebiets zu finden.

Mercedes-Benz, BMW und AHK Korea lancierten 2017 eine Ausbildung für Kfz-Mechatroniker, um dem Fachkräftemängel entgegenzuwirken. Das Programm orientiert sich am deutschen dualen Bildungssystem und wird in Berufsschulen und den Unternehmen absolviert. Mittlerweile beteiligen sich MAN Truck & Bus, Daimler Trucks, Audi/Volkswagen und Porsche an der Initiative. Seit Beginn des Programms werden pro Jahrgang rund 100 bis 120 Azubis ausgebildet. Nach Abschluss erhalten die Absolventen ein DIHK-Zertifikat und einen koreanischen Collegeabschluss.

Private Firmen zur Personalvermittlung und Headhunter helfen bei der Suche nach Fachkräften. Die Qualität ist unterschiedlich. Der Provisionssatz beträgt üblicherweise zwischen 15 Prozent und 30 Prozent eines Jahresgehalts. Ebenso stehen das staatliche Arbeitsamt oder Jobportale wie Incruit, JobKorea und Saramin für die Personalsuche zur Verfügung, doch sind für die Kommunikation im Regelfall gute Koreanischkenntnisse erforderlich. Die AHK Korea bietet Personalvermittlung als kostenpflichtige Dienstleistung an.

Im Vergleich zu Deutschland wechseln Südkoreaner häufiger das Unternehmen. Vor allem in den ersten drei Jahren der Tätigkeit entscheiden sich Angestellte für einen Wechsel. Firmenvertreter berichten aber generell von einer hohen Loyalität der Arbeitnehmer zu ihrem Arbeitgeber. Kollegen werden häufig als eine Art "zweite Familie" angesehen.

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