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Wirtschaftsumfeld | Irland | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Die Beschäftigung ist mit der guten Konjunktur von 2012 bis 2019 stetig gestiegen. Die Covid-19-Pandemie führt jedoch zu einer Trendwende auf dem Arbeitsmarkt.

Von Marc Lehnfeld | Dublin

Auf den ersten Blick ist Irland gut durch die Coronakrise gekommen: Während im Krisenjahr 2020 das irische Bruttoinlandsprodukt (BIP) als einziges innerhalb der Europäischen Union (EU) zulegen konnte, erlebten andere Volkswirtschaften historische Wirtschaftseinbrüche.

Aber auch die irische Wirtschaft musste wegen des harten Lockdowns und der großen Vorsicht vieler Menschen einen Rückgang der Binnennachfrage verkraften, der vor allem den Reiseverkehr, die Gastronomie und den Einzelhandel traf. Zudem erreichte die durchschnittliche Arbeitslosenquote 2020 trotz staatlicher Hilfsmaßnahmen 19,4 Prozent. Für 2021 schätzen die Analysten des Economic and Social Research Institute (ESRI) ein weiterhin hohes Niveau von 16,1 Prozent.

Die irischen Wirtschaftsaussichten für 2022 bleiben aber exzellent und entsprechend stark brummt der Arbeitsmarkt. Die ESRI-Analysten erwarten, dass die Binnennachfrage auf der irischen Insel 2022 um real 7,1 Prozent zulegen wird. Auch die Arbeitslosenquote wird der Prognose zufolge entlang des wirtschaftlichen Erholungskurses im Jahresschnitt auf 5,8 Prozent zurückgehen. Die Prognosen setzen voraus, dass die Wirtschaft durch die Coronapandemie nicht weiter negativ überrascht wird.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten

Bevölkerung (in Mio., April 2021)

5,0

Erwerbspersonen (15 bis 89 Jahre, in Mio., 3. Quartal 2021) 

2,6

Erwerbstätige (15 bis 89 Jahre, in Mio., 3. Quartal 2021)

2,5

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach Definition der International Labor Organization, 3. Quartal 2021)

5,7

Analphabetenquote (in %) 1) 2)

18,0

Universitätsabschluss (Hochschulabschluss Bachelor, Anteil an der Altersklasse der 25- bis 64-jährigen in %)

29,0

1) Angaben, letzter Stand: 2012; 2) Stufe 1 und darunter, Maßstab der Lese- und Schreibfähigkeiten Quelle: Central Statistics Office 2021; Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 2021; National Adult Literacy Agency 2021

Der erwartete deutliche Rückgang bei der Arbeitslosenquote in 2022 bedeutet auch, dass die absolute Zahl der Arbeitslosen laut ESRI-Prognose von 400.000 in 2021 auf 152.000 in 2022 zurückgehen wird. Folglich geht das Institut davon aus, dass das Ende der staatlichen Covidmaßnahmen die Erholung des Arbeitsmarktes nicht gefährdet. Das Lohnersatzmodell der Pandemic Unemployment Payments (PUP) läuft zum 25. März 2022 aus, gefolgt vom Employment Wage Subsidy Scheme (EWSS) am 30. April 2022.

Fachkräfte fehlen - auch in der Coronakrise

Wer angesichts der stark gestiegenen Arbeitslosigkeit während der Coronakrise glaubt, dass der Fachkräftemangel verschwunden war, irrt. Denn obwohl die Beschäftigtenzahl während der Krise zweimal eingebrochen ist, standen im 3. Quartal 2021 mit über 2 Millionen Beschäftigten bereits wieder mehr Iren in Lohn und Brot als vor dem Ausbruch der Pandemie.

Der irische Arbeitsmarkt hat sich noch stärker zu einem Markt für Arbeitnehmer gewandelt und das bei einer Vakanzrate, die im 3. Quartal 2021 mit 1,5 auf dem höchsten Wert seit mindestens einem Jahrzehnt liegt. Besonders groß ist der Fachkräftemangel bei der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (3,3), im öffentlichen Dienst (2,5) und im Finanzdienstleistungs- und Immobiliensektor (2,0).

In der Coronakrise hat sich zudem der Fokus der Arbeitnehmer verschoben. So wollen zum Beispiel in der Gastronomie immer weniger Menschen arbeiten. Das zwingt Lokale teils zu angepassten Öffnungszeiten und kreativen Beschäftigungsmodellen.

Für das Bauwesen zeigt sich das irische Fiscal Advisory Council skeptisch, die im Zuge des milliardenschweren staatlichen Investitionsprogramms ("National Development Plan") benötigen 180.000 Bauarbeiter bis 2025 bereitstellen zu können. Derzeit beschäftigt Irlands Baubranche rund 113.000 Personen. 

Die Arbeitsmarktlage wird sich weiter verschärfen. Laut dem Bericht Sales & Recruiting Trends 2022 des Personaldienstleisters HAYS Ireland planen 84 Prozent der befragten Unternehmen 2022 neu einzustellen - der höchste Wert seit 5 Jahren. Gleichzeitig wollen immer weniger Arbeitnehmer ihre Stelle wechseln: Nur rund 51 Prozent der Beschäftigten gaben an einen neuen Job zu suchen, was wiederum der niedrigste Wert seit vier Jahren ist.

Betriebe begegnen der Herausforderung unterschiedlich. Sie setzen allen voran auf Leiharbeit und eine stärkere Zusammenarbeit mit professionellen Personalvermittlern und dafür erhöhten Budgets, geht aus der Umfrage hervor. Unternehmen müssen mit entsprechenden Ansprüchen ihrer Interessenten rechnen, insbesondere bei der weiterhin händeringenden Suche nach deutschsprachigen Mitarbeitern.

Bevölkerung wächst sehr stark 

Bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels spielt das Bevölkerungswachstum - bedingt durch Geburtenüberschüsse und eine hohe Nettozuwanderung - eine wichtige Rolle: Kein EU-Land weist ein so starkes natürliches Bevölkerungswachstum auf wie Irland, was den Arbeitsmarkt langfristig stärkt. Hinzu kommt, dass Unternehmen auch Personal aus anderen EU-Ländern und dem Vereinigten Königreich rekrutieren. 

Die steigenden Lebenshaltungskosten aber hemmen diese Entwicklung immer mehr. Wie Unternehmen Mitarbeiter nicht nur rekrutieren, sondern trotz der hohen Fluktuationsrate auch halten können, ist im GTAI-Bericht Lohnkosten, der die Gehaltsstrukturen im Land beschreibt, zu erfahren. 

Irland als Brexit-Profiteur bei Sprachkursen

Als englischsprachiges Land wird Irland immer interessanter für Sprachkurse. Dabei profitieren die Iren vom Brexit, der zu neuen Einreisehürden (Visa) im benachbarten Vereinigten Königreich geführt hat.

"Die Anfragen nach Praktika und Sprachaufenthalten sind bei uns seit dem Brexit sprunghaft angestiegen", berichtet Jutta Jennings, Head of Human Resources and Communication bei der Deutsch-Irischen Industrie- und Handelskammer (AHK Irland). "In unserem Kurs Kaufmann International verbessern die Teilnehmer ihre Englischkompetenz in einem dreiwöchigen Business English Kurs und lernen dabei auch irische Unternehmen und die Landeskultur auf eine authentische Weise kennen." Das Programm wird zusätzlich über das europäische Erasmus+ Programm gefördert.

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