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Lohn- und Lohnnebenkosten | Österreich

Arbeitsrecht

Es gibt Parallelen zum deutschen Recht, aber auch zahlreiche markante Unterschiede. Dazu gehört die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten.

Von Beatrix Holzbauer (AHK Österreich) | Wien

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick

Vergütung: Das Entgelt richtet sich nach dem kollektivvertraglichen beziehungsweise tariflichen Mindestlohn und der arbeitsvertraglichen Vereinbarung; grundsätzlich ist ein angemessenes Entgelt geschuldet (vgl. § 1152 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch).

Mindestlohn: In Österreich ist der Mindestlohn beziehungsweise das Mindestgehalt für Arbeitnehmer in den Kollektivverträgen beziehungsweise in Mindestlohntarifen geregelt; gegenüber ausländischen Unternehmern ohne Sitz in Österreich, die nicht Mitglied einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft in Österreich sind, hat ein Arbeitnehmer mit gewöhnlichem Arbeitsort in Österreich zwingend Anspruch auf das kollektivvertraglich festgelegte Entgelt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebührt (§ 3 Absatz 2 LSD-BG); aufgrund des in Österreich geltenden Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes ist Unterentlohnung eine strafbare Handlung; jeder Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer unter dem Kollektivvertrag bezahlt, begeht eine strafbare Handlung; die Verwaltungsstrafen für dieses Delikt können bis zu 400.000 Euro betragen.

Arbeitsstunden pro Woche: 40 Stunden (grundsätzlich nach Kollektivvertrag 38,5 Stunden Normalarbeitszeit plus 1,5 Stunden Mehrarbeit)

Regelarbeitstage pro Woche: 5 (Montag bis Freitag)

Zulässige Überstunden: Überstundenarbeit liegt vor, wenn durch erhöhten Arbeitsbedarf entweder die Grenzen der zulässigen wöchentlichen Normalarbeitszeit oder der täglichen Normalarbeitszeit überschritten werden. Seit der Änderung des Arbeitszeitgesetzes (AZG) im September 2018 beträgt die Höchstarbeitszeit (einschließlich Überstunden) in der einzelnen Woche 60 Stunden und die tägliche Höchstarbeitszeit grundsätzlich 12 Stunden. Im Durchschnitt von 17 Wochen darf die Wochenarbeitszeit 48 Stunden aber nicht überschreiten, wobei Kollektivverträge einen längeren Durchrechnungszeitraum bestimmen können.

Bezahlte Feiertage: 13 Tage

Bezahlte Urlaubstage: Der Urlaubsanspruch beträgt 30 beziehungsweise 25 Werktage (unter Zugrundelegung einer Sechs- beziehungsweise Fünftagewoche) und erhöht sich nach der Vollendung des 25. Dienstjahres auf 36 beziehungsweise 30 Werktage. Der Arbeitnehmer kann einmal pro Urlaubsjahr einseitig bestimmen, wann er einen Tag des ihm zustehenden gesetzlichen Urlaubs konsumiert (der persönliche Feiertag). Das gesetzliche Urlaubsmaß bleibt dabei unverändert. Seinen Rechtsanspruch auf den persönlichen Feiertag muss der Arbeitnehmer drei Monate im Voraus gegenüber seinem Arbeitgeber geltend machen.

Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt): Die Kollektivverträge sehen einen Anspruch der Arbeitnehmer auf ein 13. Gehalt (Weihnachtsremuneration) und ein 14. Gehalt (Urlaubsgeld) vor. Dieses beträgt grundsätzlich je ein Bruttomonatsentgelt. 

Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: Allgemeine Regel: Die Dauer des Lohnfortzahlungszeitraumes hängt von der Dauer des Arbeitsverhältnisses ab: Jeder Arbeitnehmer hat bei Arbeitsverhinderungen durch Krankheit oder Unglücksfall Anspruch auf Lohnfortzahlung in vollem Ausmaß für die Dauer von sechs Wochen (Grundanspruch); dieser Grundanspruch erhöht sich entsprechend der Anzahl der Dienst-/Arbeitsjahre auf bis zu 12 Wochen; darüber hinaus kann unter bestimmten Voraussetzungen der Arbeitnehmer für maximal weitere vier Wochen die Hälfte seines Lohnes bei einer Dienstverhinderung, die über den oben genannten Rahmen hinausgeht, weiter beziehen. Bei Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und Wiedererkrankungen gelten besondere Regelungen.

Probezeit: 1 Monat, Auflösung jederzeit ohne Angabe von Gründen möglich.

Quelle: Zusammenstellung der AHK Österreich 2022

Rechtsgrundlagen

Trotz zahlreicher Parallelen zwischen dem deutschen und österreichischen Rechtssystem existieren vor allem im Arbeitsrecht Unterschiede, die es im Personalmanagement zu beachten gilt. So kennt das österreichische Arbeitsrecht noch die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten, was zur Folge haben kann, dass unterschiedliche Gesetze, Kollektivverträge usw. zur Anwendung kommen.

Angestellte sind nach dem Angestelltengesetz Arbeitnehmer, die

  • kaufmännische Dienste,
  • sonstige höhere nicht kaufmännische Dienste (mit entsprechenden Vorkenntnissen) oder
  • Kanzleiarbeiten (alle Bürotätigkeiten)

leisten. Für sie gilt zwingend das Angestelltengesetz.

In Österreich existiert keine eigene gesetzliche Regelung, die festlegt, wer Arbeiter ist. In Betracht kommen sowohl einfache manuelle Hilfstätigkeiten als auch hochqualifizierte manuelle Tätigkeiten, die eine mehrjährige Ausbildung (Facharbeiter) voraussetzen. Für Arbeiter gelten die Regelungen der Gewerbeordnung 1859 und des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches sowie die Bestimmungen des jeweils relevanten Branchenkollektivvertrages.

Im Hinblick auf die Kollektivverträge (Tarifverträge) ist in Österreich die Bindung wesentlich flächendeckender als in Deutschland, sodass nur wenige kollektivvertragsfreie Branchen bestehen. Auch existieren in Österreich gesetzliche Regelungen, die kein Pendant in Deutschland haben, zum Beispiel der Anspruch auf Abfertigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, oder andere Bestimmungen, zum Beispiel die einmonatige Probezeit.

Diese Unterschiede sind nicht nur dann zu kennen, wenn in Österreich ein Unternehmen gegründet werden soll. Das österreichische Arbeitsrecht kann teilweise trotz einer grundsätzlichen Anwendung des deutschen Rechts oder dessen ausdrücklicher Rechtswahl dann zur Anwendung kommen, wenn das Arbeitsverhältnis enge Beziehungen zu Österreich aufweist oder Eingriffsnormen, das heißt international zwingendes Recht, einschlägig sind (zum Beispiel Kündigungsschutz oder Arbeitszeitrecht).

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Beide Parteien des Arbeitsvertrages treffen unterschiedliche Pflichten. Während der Arbeitnehmer grundsätzlich seine Arbeitsleistung und eine gewisse Treue schuldet, ist der Arbeitgeber im Wesentlichen zur Zahlung des vereinbarten Entgelts und zur Fürsorge verpflichtet. Weitere Rechte und Pflichten ergeben sich aus den Gesetzen, dem einschlägigen Kollektivvertrag und den Arbeitsverträgen.

Wesentliche Bestimmungen sind zum Beispiel:

  • das Arbeitszeitrecht zum Schutz vor übermäßiger Inanspruchnahme der Arbeitskraft,
  • das Urlaubsrecht, oder
  • die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, welche nach der Dauer des Dienstverhältnisses gestaffelt ist (§ 2 EFZG, § 8 AngG). 
Fortzahlungspflicht des Arbeitgebers für Arbeiter und Angestellte

Dienstjahre

Anspruch bei Krankheit

Anspruch bei Arbeitsunfall

Im 1.

6 Woche voll und 4 Wochen halb

8 Wochen

2. bis 15.

8 Wochen voll und 4 Wochen halb

8 Wochen

16. bis 25.

10 Wochen voll und 4 Wochen halb

10 Wochen

ab 26.

12 Wochen voll und 4 Wochen halb

10 Wochen

Quelle: Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG); Angestelltengesetz (AngG)

Vertragsbeendigung 

Seit 1. Oktober 2021 beträgt die vom Arbeitgeber zu beachtende Kündigungsfrist sowohl bei Arbeitern (§ 1159 ABGB) als auch bei Angestellten (§ 20 AngG) - soweit Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder der Arbeitsvertrag nichts anderes vorsehen - grundsätzlich sechs Wochen zum Quartalsende. Sie erhöht sich nach dem vollendeten zweiten Dienstjahr auf zwei Monate, nach dem vollendeten fünften Dienstjahr auf drei, nach dem vollendeten 15. Dienstjahr auf vier und nach dem vollendeten 25. Dienstjahr auf fünf Monate (§ 20 AngG).

Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber hat der Arbeitnehmer unter anderem folgende Rechte:

  • Gehalt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist,
  • anteilsmäßige Sonderzahlungen,
  • Abgeltung des offenen, anteilsmäßigen Urlaubsanspruchs durch eine Ersatzleistung; der Resturlaub aus vorangegangenen Jahren muss voll abgegolten werden,
  • Anspruch auf Abfertigung.

Grundgedanke der sogenannten Abfertigung, einem versicherungsähnlichen Abfindungssystem, war es, dem Arbeitnehmer einerseits eine Überbrückungshilfe für die infolge einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses drohende Arbeitslosigkeit zu gewähren, zum anderen seine langjährige Treue zum Unternehmen zu belohnen. Das Abfertigungssystem wurde mit Bundesgesetz über die betriebliche Mitarbeitervorsorge (BMVG), das auf alle ab 1. Januar 2003 begonnenen Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist, auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt (für vor diesem Zeitpunkt begonnene Arbeitsverhältnisse gilt die "Abfertigung alt", sofern Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine Vereinbarung zur Überführung in das neue System getroffen haben). Seit 1. Januar 2003 haben alle Arbeitnehmer mit neuen Arbeitsverhältnissen Anspruch auf eine Abfertigung NEU. Gemäß § 6 Abs. 1 BMVG hat der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ab dem Beginn des Arbeitsverhältnisses einen laufenden Beitrag in Höhe von 1,53 Prozent des monatlichen Entgelts inklusive Sonderzahlungen an den für den Arbeitnehmer zuständigen Träger der Krankenversicherung zur Weiterleitung an die Betriebliche Vorsorgekasse (BV-Kasse) zu überweisen, sofern das Arbeitsverhältnis länger als einen Monat dauert. Der erste Monat ist beitragsfrei.

Ein Anspruch auf die Abfertigung NEU besteht unter anderem in den folgenden Fällen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses:

  • Kündigung durch den Arbeitgeber,
  • Ungerechtfertigte oder unverschuldete Entlassung,
  • Berechtigter vorzeitiger Austritt des Arbeitnehmers (dazu zählt auch der Mutterschafts- oder Vaterschaftsaustritt),
  • Tod der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers (in diesem Fall haben die Ehegattin/der Ehegatte beziehungsweise die eingetragene Partnerin/der eingetragene Partner und die Kinder, für die Familienbeihilfe bezogen wird, in jedem Fall Anspruch auf Auszahlung der Abfertigung - Todfallsabfertigung),
  • Beendigung durch Zeitablauf,
  • einvernehmliche Auflösung.

Ein Anspruch auf Verfügung über die Abfertigung besteht aber nur bei Vorliegen von drei Einzahlungsjahren seit Beginn der erstmaligen Beitragszahlung oder der letzten Verfügung (Beitragszeiten bei verschiedenen Arbeitgebern sind zusammenzurechnen).

Der Arbeitnehmer hat, wenn ein Anspruch auf Verfügung über die Abfertigung besteht, folgende Verfügungsmöglichkeiten:

  • Auszahlung der Abfertigung,
  • Weiterveranlagung der Abfertigung in der bisherigen BV-Kasse,
  • Übertragung der Abfertigung in die BV-Kasse eines neuen Arbeitgebers oder einer neuen Arbeitgeberin,
  • Überweisung der Abfertigung in eine Altersversorgungseinrichtung (zum Beispiel Pensionskasse).
  • Tipp: Informationen zur Abfertigung alt finden Sie bei der Wirtschaftskammer Österreich - WKO.

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