Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Iran | Außenhandel

Außenhandel hat Talsohle durchschritten

Die 2018 reaktivierten US-Sanktionen und die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die Warenströme stark schrumpfen lassen. Für 2021/2022 sieht es nach einer Verbesserung aus.   

Von Robert Espey | Dubai

Die iranische Zollbehörde meldet für das 1. Quartal 2021/2022 (iranisches Jahr 1400; 21. März bis 20. März) im Nicht-Öl-Handel positive Entwicklungen. Den offiziellen Angaben zufolge konnten die Einfuhren (cif) gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode um 34 Prozent auf 10,2 Milliarden US-Dollar (US$) zulegen, gleichzeitig stiegen die Nicht-Öl-Exporte um 69 Prozent auf 10,7 Milliarden US$. Damit expandierte das gesamte Außenhandelsvolumen um 50 Prozent.

Iran: Entwicklung der Außenhandels 2017/2018 bis 2020/2021 (in Millionen US$)

Kategorien

2017/2018 (1396)

2018/2019 (1397) 2)

2019/2020 (1398) 2)

2020/2021 (1399) 2)

Importe (fob)

73.840

60.755

52.236

46.612

Exporte (fob)

96.034

93.390

59.391

49.848

.Öl und Gas, Ölprodukte

62.768

60.735

29.016

21.043

.Andere Produkte

33.266

32.655

30.375

28.805

Handelsbilanzsaldo

22.193

32.635

7.155

3.236

1) iranische Jahre (21. März bis 20. März; 2) vorläufigQuelle: Central Bank of Iran

Im 1. Quartal 2021/2022 lieferten die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) für 3,2 Milliarden US$ nach Iran, dabei handelt es sich vor allem um Re-Exporte über Dubai. Die Einfuhren aus China werden mit 2,2 Milliarden US$ ausgewiesen. Es folgen die Türkei mit 1 Milliarde US$ sowie Deutschland und die Schweiz mit jeweils 0,4 Milliarden US$. Hauptabnehmer iranischer Nicht-Öl-Produkte waren China (3,1 Milliarden US$), Irak (2,3 Milliarden US$), die VAE (1,3 Milliarden US$) sowie die Türkei und Afghanistan (jeweils 0,6 Milliarden US$).

Ausfuhren nach Iran 2017 bis 2020 nach wichtigen Handelspartnern (in Millionen US$)

Länder

2017

2018

2019

2020

China

18.585

13.940

9.590

8.510

Vereinigte Arabische Emirate *)

15.281

10.241

7.084

k.A.

EU 27

11.941

10.288

4.923

4.283

  Deutschland

3.365

3.187

1.692

1.764

  Italien

1.967

1.990

923

642

  Niederlande

1.212

869

541

398

  Frankreich

1.604

1.025

421

291

Indien

2.597

2.845

3.855

2.244

Türkei

3.259

2.394

2.737

2.253

Südkorea

4.021

2.295

282

186

Japan

878

697

66

80

USA

136

425

73

36

*) vor allem Re-Exporte über DubaiQuelle: Außenhandelsstatistiken der Lieferländer, UN Comtrade

Die Zuwächse im laufenden Jahr müssen allerdings vor dem Hintergrund des negativen Trends in den vergangenen drei Jahren gesehen werden. Zwischen 2017/2018 und 2020/2021 sind die Importe von 54,5 Milliarden auf 38,9 Milliarden US$ geschrumpft, die Nicht-Öl-Ausfuhren von 47 Milliarden auf 35 Milliarden US$, so die iranische Zollbehörde.

Nach Einbruch steigen Ölausfuhren wieder

Infolge der Lockerung der US-Sanktionen expandierten die Öl- und Gasausfuhren zwischen 2015/2016 und 2017/2018 von 31,8 Milliarden auf 62,8 Milliarden US$ (Angaben der Zentralbank). Die Iran-Sanktionspolitik unter Präsident Donald Trump ließ die Ausfuhren stark einbrechen. Der Zentralbank zufolge lagen die Öl- und Gasexporte 2020/2021 nur noch bei 21 Milliarden US$.

Die Abwahl von Donald Trump im November 2020 hat in den letzten Monaten bereits zu einer gewissen Erhöhung des iranischen Ölexports geführt, trotz unverändert geltender US-Sanktionen. Bei einer Lockerung der US-Sanktionen würde Iran sehr schnell seine Ölexporte stark ausweiten. Im Jahresverlauf 2022 wäre mit einer Steigerung auf über 2,5 Millionen bpd (barrel per day) zu rechnen. Derzeit dürften es zwischen 0,6 Millionen und 0,8 Millionen bpd sein.

China wird seine Führungsposition weiter ausbauen

China ist mit Abstand Irans wichtigster Handelspartner, daran dürfte auch eine Lockerung der US-Sanktionen nichts ändern. Die Islamische Republik wird unter dem neuen Präsidenten Ebrahim Raeisi (Amtsantritt: 5. August) Distanz zum Westen halten und auf verstärkte Kooperationen mit China und Russland setzen. Nach schweren Einbrüchen im Handel mit China ist spätestens 2022 mit deutlichen Zuwächsen zu rechnen.

Die Außenhandelsdaten des chinesischen Zolls zeigten im Iran-Handel 2020 erneut starke Rückgänge. Das gesamte bilaterale Außenhandelsvolumen hat sich zwischen 2018 und 2020 um 57 Prozent auf 14,9 Milliarden US$ vermindert. Die Talfahrt hat sich im 1. Halbjahr 2021 verlangsamt. Das Handelsvolumen ging nur noch um 9 Prozent auf 6,7 Milliarden US$ zurück.

China: Export nach Iran nach wichtigen Warengruppen 2018 bis 2021 (in Millionen US$; Veränderung in Prozent)

HS-Kapitel

Warenbezeichnung

2018

2020

2021 Januar bis Juni

Veränderung 2021/2020 Januar bis Juni

Alle Kapitel

13.940

8.510

3.612

-14,7

84

Maschinen, Apparate etc.

2.547

1.863

913

4,9

85

Elektrische Maschinen etc.

1.906

1.425

479

-36,2

87

Zugmaschinen, Kraftwagen etc.

2.415

853

364

-8,9

90

Optische Instrumente, Mess-, Prüf- oder Präzisionsinstrumente, medizinische und chirurgische Instrumente etc.

382

412

96

-61,4

29

Organische chemische Erzeugnisse

401

400

162

-26,2

73

Waren aus Eisen und Stahl

657

362

149

-6,7

39

Kunststoffe und Waren daraus

511

360

164

-12,0

54

Synthetische oder künstliche Filamente etc.

262

243

104

40,3

72

Eisen und Stahl

382

242

150

14,5

38

Verschiedene Erzeugnisse der chemischen Industrie

181

164

61

-29,0

40

Kautschuk und Waren daraus

260

163

55

-38,0

48

Papier und Pappe, Waren daraus

285

154

51

-42,7

94

Möbel, Bettausstattungen, Beleuchtungskörper etc.

299

121

54

-15,5

55

Synthetische oder künstliche Spinnfasern

211

116

55

-18,6

32

Gerb- und Farbstoffauszüge, Tannine etc.

150

99

36

-36,1

Quelle: General Administration of Customs of the People’s Republic of China (GACC)

Im 1. Halbjahr 2021 schrumpften die chinesischen Lieferungen nach Iran um 15 Prozent auf 3,6 Milliarden US$. Aber die Bezüge aus Iran fielen um weniger als 1 Prozent auf 3,1 Milliarden US$, so die Angaben der chinesischen Zollverwaltung. Tatsächlich dürften die Importe aus Iran aber sogar gestiegen sein. Die offiziellen Daten weisen nahezu keine Einfuhren iranischen Öls aus. Die Informationen über die Bewegungen von Öltankern zeigen jedoch erhebliche Lieferungen nach China.

China: Importe aus Iran nach wichtigen Warengruppen 2018 bis 2021

HS-Kapitel

Warenbezeichnung

2018

2020

2021 Januar bis Juni

Veränderung 2021/2020 Januar bis Juni

Alle Kapitel

21.102

6.402

3.111

-0,9

39

Kunststoffe und Waren daraus

2.343

2.143

1.506

58,7

27

Mineralöle etc.

15.110

1.340

9

-98,6

29

Organische chemische Erzeugnisse

1.366

1.151

338

-55,8

72

Eisen und Stahl

0

656

488

94,4

08

Genießbare Früchte und Nüsse etc.

39

398

208

106,1

26

Erze

1.730

302

189

-1,3

25

Gips, Kalk und Zement etc.

295

176

145

26,6

74

Kupfer und Waren daraus

164

168

175

80,9

76

Aluminium und Waren daraus

0

17

21

267,9

Quelle: General Administration of Customs of the People’s Republic of China (GACC)

Deutsche Exporte erneut gesunken

Die deutschen Lieferungen nach Iran könnten 2021 einen neuen Tiefpunkt erreichen. Eine Verbesserung des Wirtschaftsklimas durch die erhoffte Lockerung der US-Sanktionen im vierten Quartal würde sich vermutlich erst 2022 signifikant positiv auf den deutschen Iran-Export auswirken.

Das Statistische Bundesamt weist für die ersten fünf Monate 2021 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum eine Schrumpfung der Exporte nach Iran um über 11 Prozent auf 0,6 Milliarden Euro aus. Ohne eine Besserung im weiteren Jahresverlauf würde 2021 mit etwa 1,4 Milliarden Euro abschließen. Einen so niedrigen Wert hat es inflationsbereinigt in den letzten 30 Jahren nicht gegeben. Der bisherige Höchstwert wurde 2005 mit 4,4 Milliarden Euro erreicht.

Deutschland: Ausfuhren nach Iran 2017 bis 2021 (in Millionen Euro; Veränderung in Prozent)

SITC

Warenbezeichnung

2017

2020

2021 Januar bis Mai

Veränderung 2021/2020 Januar bis Mai

Alle Warengruppen

2.969

1.547

616

-11,3

04

Getreide und Getreideerzeugnisse

32

257

178

-13,4

54

Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse

241

215

79

-11,5

74

Maschinen, Apparate und Geräte für verschiedene Zwecke

544

203

79

13,3

72

Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke

281

106

20

-46,7

77

Elektrische Maschinen, Apparate und Geräte

195

83

31

-8,0

87

Mess-, Prüf-u. Kontrollinstrumente und –geräte

200

76

21

-20,8

71

Kraftmaschinen und Kraftmaschinenausrüstungen

143

52

18

-14,5

59

Chemische Erzeugnisse, a.n.g.

121

49

17

-18,6

26

Spinnstoffe und ihre Abfälle

69

49

19

-7,3

55

Äther. Öle / Körperpflege- und Reinigungsmittel

61

32

11

4,4

57

Kunststoffe in Primärform

64

28

9

4,9

89

Verschiedene bearbeitete Waren, a.n.g.

91

28

10

34,1

Quelle: Statistisches Bundesamt

Eurostat zufolge halbierten sich die Ausfuhren der EU-27 Gruppe nach Iran 2019 auf 4,4 Milliarden Euro, um weitere 14,7 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro ging es 2020 zurück. In den ersten fünf Monaten 2021 sind die Lieferungen der EU-27 Gruppe nur noch um 2 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro gefallen. Der deutsche Anteil an den EU-27-Lieferungen lag bei 41 Prozent.

Es folgten die Niederlande mit 185 Millionen Euro (Veränderung: +35 Prozent; Anteil: 12 Prozent), Italien mit 180 Millionen Euro (-14 Prozent; 12 Prozent), Spanien mit 97 Millionen Euro (+18 Prozent; 6 Prozent), Rumänien mit 87 Millionen Euro (+260 Prozent; 6 Prozent); Belgien mit 82 Millionen Euro (+16 Prozent; 5 Prozent) und Frankreich mit 78 Millionen Euro (-11 Prozent; 5 Prozent).

Neustart für INSTEX denkbar

Über das Anfang 2019 gemeinsam von Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Deutschland etablierte System zur Unterstützung des EU-Iran-Handels (INSTEX; Instrument in Support of Trade Exchanges) konnte im März 2020 das erste und bislang einzige Geschäft (Lieferung von Medikamenten und Medizintechnik) abgewickelt werden. Dennoch sehen Beobachter zukünftig eine Chance, dass INSTEX nach Lockerung der US-Sanktionen einen Beitrag zur Belebung des EU-Iran-Handels liefern könnte. Voraussetzung wäre allerdings der Erwerb einer Banklizenz.

Dabei wird davon ausgegangen, dass sich deutsche und andere europäische Banken auch nach Aufhebung vieler US-Sanktionen beim Iran-Geschäft zunächst noch sehr vorsichtig verhalten werden. Wenn dann INSTEX Bankdienstleistungen anbieten könnte, würde dieses Angebot vermutlich von vielen Exporteuren in Anspruch genommen.

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.